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JENNY SAVILLE GAZE, Ausstellungsansicht

JENNY SAVILLE GAZE, Ausstellungsansicht

JENNY SAVILLE GAZE Wuchtige Körperlichkeit bis zum Gräuel

JENNY SAVILLE GAZE, Ausstellungsansicht

JENNY SAVILLE GAZE, Ausstellungsansicht

Nur Frauen dürfen Frauen (heutzutage) ungestraft in derart grausamer Deutlichkeit malen.

Die 1970 in England geborene Malerin hat sich für den Realismus entschieden, für eine an sich uralte Kunstrichtung, die sich nach der Ablehnung durch eine Vielfalt absolut ungegenständlicher Ausdrucksweisen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wieder selbstbewusst durchgesetzt hat. Damals war sie das Opfer eines Missverständnisses, das diesen Künstlern eine bloße Wiedergabe der Wirklichkeit unterstellte, dabei jedoch übersah, dass darin eine von der Kritik offenbar nicht wahrgenommene Realität dahinter in ihren Gemälden und Skulpturen sichtbar gemacht wird. Jenny Saville hat damit eine gute Entscheidung getroffen. Sie beherrscht virtuos ihr Handwerk, kann ihre Ideen in eindrucksvollen Zeichnungen hinwerfen und ist eine Meisterin mit Farbe und Pinsel, um die Leinwand mit ungestümen Emotionen zu füllen. Als Young British Artist sammelte sie schon früh Meriten, beispielsweise als einzige figurative Malerin mit einer Teilnahme an der legendären Sensation in der Royal Academy of Arts 1997 London.

 Jenny Saville Byzantium, 2018 © Jenny Saville / Bildrecht, Wien 2025 Foto: Mike Bruce.

Jenny Saville Byzantium, 2018 © Jenny Saville / Bildrecht, Wien 2025 Foto: Mike Bruce. Courtesy Gagosian

 Jenny Saville Song of Songs, 2020–2023 © Jenny Saville / Bildrecht, Wien 2025

Jenny Saville Song of Songs, 2020–2023 © Jenny Saville / Bildrecht, Wien 2025 Foto: Prudence Cuming Associates Ltd. Courtesy Gagosian

Bis 29. Juni 2025 sind ihre Werke in einer Personale in der Pfeilerhalle der Albertina zu sehen. Man braucht stellenweise einen guten Magen, um die abstoßend ineinander verschlungenen Frauenkörper wie in den Werken der Gruppe Fate, dem Liebespaar in Song of Songs (das Hohelied der Liebe) oder den Schmerz einer Pietà in Byzantium zu ertragen. Nicht viel anders ergeht es einem bei den durchdringenden Augen der unter dem Titel Gaze porträtierten jungen Frau.

Orientiert hat sich Saville dabei an den Alten Meistern, aber auch an Egon Schiele und mehr als deutlich an Lucian Freud. Was ist daran nun neu? Es ist ihre so entwickelte Malweise, die sich als originelle, aktuelle Herangehensweise an hergebrachte Techniken beschreiben lässt. Die Darstellungen nehmen aus abstrakten Farbfeldern und dicken Farbschichten nach und nach ihre figurative Form an. Saville hat sich dabei um das Ergehen ihres Publikums nichts gepfiffen. Ob sie die Geschichte, die Körper anderer oder sich selbst darstellt, stets setzt sie sich über die konventionellen Vorstellungen von Schönheit und Hässlichkeit hinweg. Hilfreich dabei ist zweifellos der Umstand, dass sie selbst Frau ist. Er bewahrt sie in unseren schrecklich woken Zeiten vor kleinlichen Vorwürfen, sexistisch zu sein, wenn der weibliche Körper in seiner Verunstaltung zum tragenden Element eines mittlerweile durchaus hochpreisigen Œuvres wird.

Jenny Saville Gaze, 2021–2024 © Jenny Saville / Bildrecht, Wien 2025 Foto: Prudence Cuming

Jenny Saville Gaze, 2021–2024 © Jenny Saville / Bildrecht, Wien 2025 Foto: Prudence Cuming Associates Ltd. Courtesy Gagosian

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