Kultur und Wein

das beschauliche Magazin


Ricardo Frenzel Baudisch, Ensemble © Christian Husar

Ricardo Frenzel Baudisch, Ensemble © Christian Husar

VIKORIA UND IHR HUSAR Wenn die dritte Hochzeit abgesagt wird

Cornelia Horak, Ensemble © Christian Husar

Cornelia Horak, Ensemble © Christian Husar

Paul Abrahams ungarische Weltreise auf alten Pfaden neu gedacht

Es ist ja wirklich eine unglückliche Fügung des Schicksals, dass der aus einem sibirischen Gefangenenlager entkommene Husarenrittmeister in der US-Botschaft in Japan feststellen muss, dass seine große Liebe inzwischen den dort amtierenden Gesandten geheiratet hat – für einen schneidigen Ungarn eine untragbare Situation. Er ist überzeugt, dass diese Frau noch immer ihm gehört. Sie hingegen ist anderer Meinung, prallt aber mit ihren durchaus nachvollziehbaren Erklärungen bei ihm ab. Erdacht haben sich diese Kollision von Emotion und Vernunft im Zeichen von Csárdás und Paprika Alfred Grünwald und Fritz Löhner-Beda und haben um der Attraktivität willen die Handlung auf der ganzen Welt verteilt, um sie doch in der Puszta enden zu lassen. Vertont hat das Libretto Paul Abraham. Entstanden ist eine ungemein gefällige Musikrevue, die durch ihre jazzigen Elemente bereits zwischen Operette und Musical angesiedelt werden kann.

Cornelia Horak, Clemens Kerschbaumer, Ensemble © Christian Husar

Cornelia Horak, Clemens Kerschbaumer, Ensemble © Christian Husar

Ricardo Frenzel Baudisch, Paul Eilenberger, Cornelia Horak, Verena Barth-Jurca, Artur Ortens

Ricardo Frenzel Baudisch, Paul Eilenberger, Cornelia Horak, Verena Barth-Jurca, Artur Ortens, Ensemble © Christian Husar

Melodien wie „Ja, so ein Mädel, ein ungarisches Mädel“, „Meine Mama war aus Yokohama“, „Nur ein Mädel gibt es auf der Welt“ oder das herzzerreißende „Reich mir zum Abschied noch einmal die Hände“ werden nach wie vor gern gehört – nicht nur von den Magyaren, sondern auch von einer nicht unbeträchtlichen Schar von Operettenfans weltweit. So hat auch die Bühne Baden darauf zurückgegriffen und „Viktoria und ihr Husar“ zuversichtlich auf den Spielplan gesetzt. Mit Michael Zehetner am Pult des Orchesters ist der Schwung der einst neuen Rhythmen garantiert. Sie führen mitreißend durch die teils opulente, teils ernsthafte (z. B. mit Einspielungen aus dem Ersten Weltkrieg) Inszenierung von Michaela Ronzoni und Volker Wahl. Das Regieduo hatte den Mut, den Bürgermeister von Doreszma (Artur Ortens) zu enttäuschen.

Nach altem Brauch werden mit dem St. Imre-Wein drei Brautpaare ausgewählt. Mit Janczi, dem Pfeifendeckel von Koltay (Thomas Zisterer), und Riquette (Loes Cools), sowie mit Graf Ferry (Ricardo Frenzel Baudisch) und O Lia San (Verena Barth-Jurca) gibt es bereits Kandidaten für zwei Hochzeiten. Offen ist die dritte Paarung. Als möglicher Bräutigam erscheinen der von Viktoria geschiedene John Cunlight (Christoph Wagner-Trenkwitz als äußerst umsichtiger Diplomat mit einem unwiderstehlichen „Pardon, Madame!“) und gleich darauf begleitet von den zündenden Klängen einer Honvéd Banda in schmucker Husarenuniform Clemens Kerschbaumer. Der Tenor hat das ganze Stück hindurch als Stephan Koltay gelitten und mit sicherer Stimme bis zur Aufdringlichkeit um seine Geliebte gekämpft. Doch Gräfin Viktoria (Cornelia Horak sängerisch und spielerisch souverän) hatte Zeit zu sich zu finden, und zieht es – ganz moderne Frau – vor, fürs erste keinen der beiden Anwärter zu ehelichen und selbstbewusst ihre eigenen Wege zu gehen.

Loes Cools, Thomas Zisterer © Christian Husar

Loes Cools, Thomas Zisterer © Christian Husar

Kiss Me, Kate, Ballettensemble © Christian Husar

Kiss Me, Kate, Ballettensemble © Christian Husar

KISS ME, KATE Wenn Shakespeare steppt, singt und rauft

Darius Merstein-MacLeod, Patricia Nessy © Christian Husar

Darius Merstein-MacLeod, Patricia Nessy © Christian Husar

Das ewig junge Musical in einer mitreißend flotten Inszenierung

Hinter und auf der Bühne die gleiche Streiterei! Hauptdarstellerin und Prinzipal sind an sich geschiedene Leute. Die Eifersucht als beißender Rest der Liebe ist aber geblieben. Auf dem Programm steht William Shakespeare mit „Der Widerspenstigen Zähmung“. Fred Graham gibt den Petruchio und hat sich in die liebreizende, geistig aber unbedarfte Lois Lane verschaut. Seine Ex, Lilli Vanessi, hat sich mit General Harrison Howell einen neuen Verehrer zugelegt. Beide sind ernsthafte Schauspieler und einer gelungenen Premiere stünde nichts im Wege, gäbe es nicht den verhängnisvollen Blumenstrauß, der mit einem Kärtchen für Lois aufgrund der Dummheit von Franks Garderobier Paul in die Hände von Lilli gelangt. Damit werden die Kämpfe von Kate und Petruchio zu einer veritablen Rauferei vor Publikum, bei denen vor allem der Hintern von Lilli argen Schaden nimmt. Das Kraut fett machen die beiden Ganoven, die bei Fred erscheinen, um eine stattliche Spielschuld einzufordern, die ihm der Darsteller des Lucentio, Bill Calhoun, Freund von Fred und Lois, mit einer gefälschten Unterschrift eingebrockt hat. Das Buch zu dieser neuen Komödie der Irrungen stammt von Samuel und Bella Spewack, das von Cole Porter vertont und damit zu einem zeitlosen Bühnenhit geworden ist.

Alexander Findewirth, Patricia Nessy, Beppo Binder, Ensemble © Christian Husar

Alexander Findewirth, Patricia Nessy, Beppo Binder, Ensemble © Christian Husar

Marina Petkov, Steven Armin Novak, Alexander Findewirth © Christian Husar

Marina Petkov, Steven Armin Novak, Alexander Findewirth © Christian Husar

Für die Bühne Baden hat Ramesh Nair mit Inszenierung und Choreografie ein Erlebnis geschaffen, das einem beinahe den Atem nimmt. Alles spielt Ende der 1940er-Jahre, in denen „Kiss Me, Kate“ seine Uraufführung in New York feierte. Stephan Prattes hat dafür das Theater im Theater gebaut, mit Garderoben, Portierloge und vor allem dem Bühnebild der Shakespeare-Aufführung, das mit ironisch bieder bemalten Kulissen gestaltet ist. In dieser absolut schlüssigen Umgebung kann sich das Ensemble so richtig entfalten. „Wunderbar“ ist der geeignete Ausdruck dafür, nicht nur für den Song, der Fred (Darius Merstein-MacLeod) und Lilli (Patricia Nessy) an ihre einstige Liebe erinnert. Die beiden schenken einander nichts und machen Shakespeare alle Ehre. Wirklichkeitsnäher kann man ihn nicht umsetzen! Man versteht damit auch Beppo Binder.

Als Baptista ist er heilfroh, seine zänkische Tochter endlich an den Mann zu bringen. Fingerschnippen ist die Intro zu „Viel zu heiß“, das sich zum Gesang von Niklas Schurz (Paul) zu einer wahrhaft ekstatischen Tanzeinlage steigert. Wesentlich beteiligt ist das Ballett, das gemeinsam mit tanzwütigen Darstellern dem Geschehen ein mordsmäßiges Tempo verleiht. Marina Petkov möchte man auf der Stelle abbusseln, wenn ihre Lois mit unwiderstehlichem Augenaufschlag beteuert: „Aber treu bin ich nur dir Schatz, auf meine Weise.“ Ob ihr das Bill (Steven Armin Novak) glaubt, steht auf einem anderen Blatt in Shakespeares Werk, in dem man ja nur nachzuschlagen braucht, wie Florian Stanek und Markus Störk launig meinen, nachdem ihre beiden ungemein komischen Gangster Theaterluft geschnuppert haben und sich in ihren bunten Kostümen recht wohl fühlen. Das Orchester unter der Leitung von Michael Zehetner ist das musikalische Fundament, das die ohrgängigen Melodien und schwunghaften Rhythmen mit dem entsprechenden Drive umsetzt.

Florian Stanek, Markus Störk © Christian Husar

Florian Stanek, Markus Störk © Christian Husar

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