Kultur und Weindas beschauliche MagazinRicardo Frenzel Baudisch, Ensemble © Christian Husar VIKORIA UND IHR HUSAR Wenn die dritte Hochzeit abgesagt wird
Es ist ja wirklich eine unglückliche Fügung des Schicksals, dass der aus einem sibirischen Gefangenenlager entkommene Husarenrittmeister in der US-Botschaft in Japan feststellen muss, dass seine große Liebe inzwischen den dort amtierenden Gesandten geheiratet hat – für einen schneidigen Ungarn eine untragbare Situation. Er ist überzeugt, dass diese Frau noch immer ihm gehört. Sie hingegen ist anderer Meinung, prallt aber mit ihren durchaus nachvollziehbaren Erklärungen bei ihm ab. Erdacht haben sich diese Kollision von Emotion und Vernunft im Zeichen von Csárdás und Paprika Alfred Grünwald und Fritz Löhner-Beda und haben um der Attraktivität willen die Handlung auf der ganzen Welt verteilt, um sie doch in der Puszta enden zu lassen. Vertont hat das Libretto Paul Abraham. Entstanden ist eine ungemein gefällige Musikrevue, die durch ihre jazzigen Elemente bereits zwischen Operette und Musical angesiedelt werden kann.
Melodien wie „Ja, so ein Mädel, ein ungarisches Mädel“, „Meine Mama war aus Yokohama“, „Nur ein Mädel gibt es auf der Welt“ oder das herzzerreißende „Reich mir zum Abschied noch einmal die Hände“ werden nach wie vor gern gehört – nicht nur von den Magyaren, sondern auch von einer nicht unbeträchtlichen Schar von Operettenfans weltweit. So hat auch die Bühne Baden darauf zurückgegriffen und „Viktoria und ihr Husar“ zuversichtlich auf den Spielplan gesetzt. Mit Michael Zehetner am Pult des Orchesters ist der Schwung der einst neuen Rhythmen garantiert. Sie führen mitreißend durch die teils opulente, teils ernsthafte (z. B. mit Einspielungen aus dem Ersten Weltkrieg) Inszenierung von Michaela Ronzoni und Volker Wahl. Das Regieduo hatte den Mut, den Bürgermeister von Doreszma (Artur Ortens) zu enttäuschen.
Kiss Me, Kate, Ballettensemble © Christian Husar KISS ME, KATE Wenn Shakespeare steppt, singt und rauft
Hinter und auf der Bühne die gleiche Streiterei! Hauptdarstellerin und Prinzipal sind an sich geschiedene Leute. Die Eifersucht als beißender Rest der Liebe ist aber geblieben. Auf dem Programm steht William Shakespeare mit „Der Widerspenstigen Zähmung“. Fred Graham gibt den Petruchio und hat sich in die liebreizende, geistig aber unbedarfte Lois Lane verschaut. Seine Ex, Lilli Vanessi, hat sich mit General Harrison Howell einen neuen Verehrer zugelegt. Beide sind ernsthafte Schauspieler und einer gelungenen Premiere stünde nichts im Wege, gäbe es nicht den verhängnisvollen Blumenstrauß, der mit einem Kärtchen für Lois aufgrund der Dummheit von Franks Garderobier Paul in die Hände von Lilli gelangt. Damit werden die Kämpfe von Kate und Petruchio zu einer veritablen Rauferei vor Publikum, bei denen vor allem der Hintern von Lilli argen Schaden nimmt. Das Kraut fett machen die beiden Ganoven, die bei Fred erscheinen, um eine stattliche Spielschuld einzufordern, die ihm der Darsteller des Lucentio, Bill Calhoun, Freund von Fred und Lois, mit einer gefälschten Unterschrift eingebrockt hat. Das Buch zu dieser neuen Komödie der Irrungen stammt von Samuel und Bella Spewack, das von Cole Porter vertont und damit zu einem zeitlosen Bühnenhit geworden ist.
Für die Bühne Baden hat Ramesh Nair mit Inszenierung und Choreografie ein Erlebnis geschaffen, das einem beinahe den Atem nimmt. Alles spielt Ende der 1940er-Jahre, in denen „Kiss Me, Kate“ seine Uraufführung in New York feierte. Stephan Prattes hat dafür das Theater im Theater gebaut, mit Garderoben, Portierloge und vor allem dem Bühnebild der Shakespeare-Aufführung, das mit ironisch bieder bemalten Kulissen gestaltet ist. In dieser absolut schlüssigen Umgebung kann sich das Ensemble so richtig entfalten. „Wunderbar“ ist der geeignete Ausdruck dafür, nicht nur für den Song, der Fred (Darius Merstein-MacLeod) und Lilli (Patricia Nessy) an ihre einstige Liebe erinnert. Die beiden schenken einander nichts und machen Shakespeare alle Ehre. Wirklichkeitsnäher kann man ihn nicht umsetzen! Man versteht damit auch Beppo Binder.
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