Kultur und Weindas beschauliche MagazinThomas Weinhappel, Ensemble © Christian Husar/Bühne Baden TOSCA Ein Adieu mit großer italienischer Oper
Es sind politisch höchst unsichere Zeiten. Der Versuch einer Republik war gewaltsam beendet worden und deren Protagonisten werden grausam verfolgt. In der Stadt herrscht Polizeiterror als Folge des Einmarsches der neapolitanischen Armee unter König Ferdinand IV. Er ist mit einer Tochter Maria Theresias verheiratet und steht noch im Eindruck der Hinrichtung von deren Schwester Marie-Antoinette im Zuge der französischen Revolution. Das Schicksal der Stadt Rom hängt nun vom Ausgang einer Schlacht zwischen Österreich und Napoleon ab (Marengo, 14. Juni 1800). Das Kriegsglück pendelt eine Weile zwischen den Heeren. Genau in diesem Hin und Her, beherrscht von Hoffen und Bangen auf Seiten der Republikaner, spielt das Drama La Tosca von Victorien Sardou, das Giuseppe Giacosa und Luigi Illica für den Komponisten Giacomo Puccini zu einem zutiefst italienischen Libretto geformt haben. Die Handlung selbst ist frei erfunden, bewegt aber bis heute die Menschen, da es um den zeitlosen Einsatz für Freiheit geht, verbunden mit Melodien, die das Herz ergreifen.
Es ist ein mutiges Unterfangen, eine Oper wie Tosca in einem für diese Verhältnisse doch kleinen Haus auf den Spielplan zu setzen. Michael Lakner, scheidender Intendant der Bühne Baden, hat selbst die Regie übernommen und seinem treuen Publikum ein Abschiedsgeschenk überreicht. Nach den ihm gebotenen Möglichkeiten hat er das absolute Optimum herausgeholt. Das betrifft zuerst einmal die Inszenierung. Lakner hat sich treu an das Original gehalten, sogar in der Sprache, wohl wissend, dass Italienisch zwar kaum verstanden wird, aber doch ein wesentlicher Teil der Musik ist. Eine kurze Inhaltsangabe aus dem Off vor jedem Akt genügt vollkommen, um die Handlung verfolgen zu können. Manfred Waba brauchte in der Ausstattung nicht zu sparen und hat ein bewundernswert authentisches Bühnenbild geschaffen, angefangen von der Kirche Sant´Andrea della Valle über den Palazzo Farnese bis zum Schwert schwingenden Erzengel Michael über der nach ihm benannten Engelsburg. Ebenso an die Zeit gehalten hat sich Alexia Redl, die vom Bischofsornat bis zu den Uniformen der Schweizer Garde bis ins Detail stimmige Kostüme entworfen hat.
Eine noch größere Herauforderung sind wohl die Solistinnen und Solisten. Opernfreunde haben bei Cavaradossi oder Tosca die größten Stimmen im Ohr. In Baden wurde für die ewig eifersüchtige und doch innig liebende Sängerin die Sopranistin Natalia Ushakova verpflichtet. Mit gewaltigem spielerischen Einsatz, (trotz angesagter Probleme) sicherer Stimme und einem zu Herzen gehenden „Vissi d´arte“ (Ich habe für die Kunst gelebt) hat sie sich den Jubel verdient, der ihren Auftritt belohnt hat. Mario Cavaradossi muss sich im ersten Akt mit dem Mesner herumschlagen.
South Pacific, Ensemble © Christian Husar/Bühne Baden SOUTH PACIFIC Südseeträume mit Krieg und Cultur Clash
Die USA waren im Zweiten Weltkrieg nicht nur in Europa gegen Nazi-Deutschland im Einsatz. Auf der anderen Seite der Welt betrieben die Japaner ein ähnliches Großmachtstreben. Mit dem unangekündigten Angriff auf Pearl Harbor am 7. Dezember 1941 hatten auch sie die Amis zu Feinden gemacht. Das unfassbar grausame Ende dieser Front ist bekannt: Abwurf von Atombomben über Hiroshima und Nagasaki mit Hunderttausend Toten und einem weltweiten Entsetzen über die alles vernichtende Wirkung dieser Waffe. Bis dahin herrschte im pazifischen Raum, genauer gesagt, auch in der Südsee blutiges Kriegsgeschehen. Was immer Oscar Hammerstein II und Joshua Logan dazu veranlasst hat, eine dieser Inseln zum Schauplatz eines letztlich unterhaltsamen Musicals zu machen, entzieht sich heutiger Beurteilung. Doch nachdem Richard Rodgers grandiose Musik dazu geschaffen hat, war dem zwischen Lovestories, ethnischen Betrachtungen und Militäreinsatz pendelndem Werk anhaltender Erfolg gesichert.
Für die Bühne Baden hat es Regisseur Leonard Prinsloo gewagt, Heiteres und Todernstes in einer Welt unter Palmen zu einem ansprechenden Abend zu verbinden – ohne in diverse Fallen wie kulturelle Aneignung oder „Blackfacing“ zu tappen. GIs und Krankenschwestern stellen das Gros des Personals als Chor und Ballett. Dazu kommen Insulaner, teils eingewandert wie der Franzose Emile de Becque (Gezim Berisha), der sich in seinem neuen Leben dort eine Plantage aufgebaut hat, und Natives, die ohne große Berührungsängste bei den anwesenden Soldaten ihre Vorteile suchen. So betreibt Akiko Nakajima als Bloody Mary einen schwunghaften Handel mit Baströckchen, Schrumpfköpfen und Eberzähnen. Sie hat auch einen Heiratskandidaten für ihre Tochter im Auge. Lieutenant Joe Cable (Dominik Hees) ist eben angekommen, als sie ihm List (alternierend: Ran Takahashi, Kaori Morito) wie eine Ware anpreist und er sich auf der Stelle in das Mädchen verliebt.
zurück zur Titelseite zur Seite Bühne Ricardo Frenzel Baudisch, Ensemble © Christian Husar VIKORIA UND IHR HUSAR Wenn die dritte Hochzeit abgesagt wird
Es ist ja wirklich eine unglückliche Fügung des Schicksals, dass der aus einem sibirischen Gefangenenlager entkommene Husarenrittmeister in der US-Botschaft in Japan feststellen muss, dass seine große Liebe inzwischen den dort amtierenden Gesandten geheiratet hat – für einen schneidigen Ungarn eine untragbare Situation. Er ist überzeugt, dass diese Frau noch immer ihm gehört. Sie hingegen ist anderer Meinung, prallt aber mit ihren durchaus nachvollziehbaren Erklärungen bei ihm ab. Erdacht haben sich diese Kollision von Emotion und Vernunft im Zeichen von Csárdás und Paprika Alfred Grünwald und Fritz Löhner-Beda und haben um der Attraktivität willen die Handlung auf der ganzen Welt verteilt, um sie doch in der Puszta enden zu lassen. Vertont hat das Libretto Paul Abraham. Entstanden ist eine ungemein gefällige Musikrevue, die durch ihre jazzigen Elemente bereits zwischen Operette und Musical angesiedelt werden kann.
Melodien wie „Ja, so ein Mädel, ein ungarisches Mädel“, „Meine Mama war aus Yokohama“, „Nur ein Mädel gibt es auf der Welt“ oder das herzzerreißende „Reich mir zum Abschied noch einmal die Hände“ werden nach wie vor gern gehört – nicht nur von den Magyaren, sondern auch von einer nicht unbeträchtlichen Schar von Operettenfans weltweit. So hat auch die Bühne Baden darauf zurückgegriffen und „Viktoria und ihr Husar“ zuversichtlich auf den Spielplan gesetzt. Mit Michael Zehetner am Pult des Orchesters ist der Schwung der einst neuen Rhythmen garantiert. Sie führen mitreißend durch die teils opulente, teils ernsthafte (z. B. mit Einspielungen aus dem Ersten Weltkrieg) Inszenierung von Michaela Ronzoni und Volker Wahl. Das Regieduo hatte den Mut, den Bürgermeister von Doreszma (Artur Ortens) zu enttäuschen.
Statistik |