Kultur und Weindas beschauliche MagazinGAUGUIN – UNEXPEPCTED Ausstellungsansicht GAUGUIN – UNEXPECTED Auf der Suche nach „Wilder“ Kultur
„Manao Tupapao – Der Geist der Toten wacht“ ist ein Gemälde aus dem ersten Aufenthalt Paul Gauguins in Tahiti. Es zeigt ein auf dem Bauch liegendes Mädchen, das von einer bedrohlichen Figur beobachtet wird. Vielleicht war das halbe Kind die Frau des Künstlers. Gauguin gehörte an sich zu den Herren, den Franzosen, die ein paar Jahre davor den Menschen der Insel den katholischen Glauben aufgezwungen hatten und sich nun als Kolonialisten gebärdeten. So war auch Gauguin mit einem offiziellen Auftrag als Maler in die Südsee gesandt worden, um „dort Sitten und Natur dieses Landes von einem künstlerischen Standpunkt zu studieren“. Anders als seine Landsleute lebte Gauguin jedoch mit den Einheimischen, er suchte das ursprüngliche kulturelle Erbe. Er verteidigte die von den Franzosen im damaligen Sprachgebrauch despektierlich „sauvage“, also Wilde genannten Ureinwohner.
Doch der bereits einiges über Dreißigjährige nahm sich eine Dreizehnjährige zur Frau. Sie war ihm, dem weißen Franzosen, von deren Vater angeboten worden. Ein solches Verhalten mag in unseren Tagen mehr als befremden. Damals, Ende des 19. Jahrhunderts, nahm niemand daran Anstoß, doch heute darf dieser Umstand keineswegs bei der Beschäftigung mit diesem bedeutenden Künstler übersehen werden und wird auch intensiv diskutiert. Bei seinen Reisen entstanden berühmte Werke wie „Flussszene auf Tahiti“, „Tahitianerinnen beim Baden“ oder „Te aa no Areois – Der Samen der Areoi“. Die Begeisterung der Pariser an diesen neben der Exotik und dem faszinierenden Licht der Tropen durchaus erotisch angehauchten Gemälden hielt sich aber in Grenzen. Schon zuvor hatte der Autodidakt Gauguin mit Graphiken Profit zu machen versucht, mit Suiten, einem der Musik entlehnten Begriff für die Mappen. Aus der Erinnerung heraus begann er nun Holzschnitte zu fertigen, auf denen die Geisterwelt Tahitis in eigenwilliger Weise, jedenfalls aber eindrucksvoller Weise den Europäern nahegebracht werden sollte. Paul Gauguin Wiese auf Martinique, 1887 © Sheffield Museums Trust/Foto: Rheinisches Bildarchiv, Marc Weber Diese Suiten dominieren trotz ihrer kleinen Formaten den Eindruck der Ausstellung „GAUGUIN – UNEXPEPCTED“ (bis 19. Jänner 2025) im Kunstforum Wien und lassen die Gemälde wie bunte Schmetterlinge zwischen ihren langen, nüchtern wirkenden Reihen flattern.
Statistik |