Kultur und Wein

das beschauliche Magazin


John M Armleder, GLobal Domes XII, 2000

John M Armleder, GLobal Domes XII, 2000

LIGHT SOUND SENSES Schauen, Hören, Riechen & Erleben

Olafur Eliasson, Your welcome reflected, 2003

Olafur Eliasson, Your welcome reflected, 2003

Das Museum wird zum „Lichtspielhaus“ mit sinnlich erweitertem Programm.

Die Installation „Bausatz noto – ∞“ von Carsten Nicolai müsste jeden DJ begeistern. Auf vier Plattenspielern (Marke Pioneer) liegen farbige, transparente Vinylscheiben. Sie laden ein, den eleganten Tonarm aufzulegen, am besten gleich bei allen vier Platten. Jetzt den Kopfhörer aufsetzen und dem in die Rillen gepressten Klanggemisch mutig lauschen! Den Turntables gegenüber leuchten aus einer Diskothek weitere Platten und sind in ihrer geordneten Buntheit der Schaugenuss zum Hörerlebnis davor. Man darf also zugreifen. Hands on! Zumindest bei dieser Station, die es erlaubt, sich selbst in die Kunstproduktion einzubringen. Ähnliches gilt für „Migratory Sense“ von Helga Griffiths, die gemeinsam mit dem Syrer Muhammad Aszizi und dem Parfümeur Karl-Heinz Bork mit einer Edelstahlkugel, Halogenlicht und Düften gleich mehrere Sinne anspricht. Verstärken lässt sich der Eindruck durch kleine, mit Duftstoff präparierte Scheiben, die man vor die Nase hält, wenn man sich der stilisierten Weltkugel nähert, um damit neue Erfahrungen im weiten Reich der Wahrnehmungen zu gewinnen. Altmeister der Lichtkunst Olafur Eliasson (*1967) setzt dagegen mit „Your welcome reflected“ auf spiegelnde Platten, die dank eines Projektors zum Eintritt in ein faszinierendes Kaleidoskop laden.

Carsten Nicolai, Bausatz noto – ∞, 1998/2015/2024

Carsten Nicolai, Bausatz noto – ∞, 1998/2015/2024

Olafur Eliasson, New Berlin Sphere, 2009

Olafur Eliasson, New Berlin Sphere, 2009

Das Museum der Heidi Horten Collection erweist sich mit „LIGHT SOUND SENSES“ als ideale Bühne für eine Erweiterung des Kunsterlebnisses. Präsentiert werden dafür Werke aus dem Sammlungsbestand, sowie Leihgaben der TBA21 (Thyssen-Bornemisza Art Contemporary) und Arbeiten, die exklusiv dafür realisiert wurden. Mit kleinen Umbauten entstanden in den Licht erfüllten Räumen „Dunkelkammern“, die entsprechende Intimität mit der jeweiligen Begegnung schaffen. Immer wieder ist es Neon, das Botschaften von den Wänden herab verkündet, wie bei Cibelle Cavalli Bastos, die mit dem geheimnisvollen Satz „Run Naked with the Wind Dressed up in Courage“ Aufgaben zum Grübeln bietet. Wohin man schaut, strahlt es in einem Rausch von Farben von den Wänden. Dan Flavin generiert mit „Fondly to Helen“ aus blauen, grünen und gelben Leuchtstoffröhren Aufmerksamkeit, Brigitte Kowanz setzt in „Light Up“ auf knalliges Rot und lackierten Hintergrund, um die Kraft des Weiblichen deutlich zu machen, und John M Armleder hat Neonröhren kreisrund zu einer Dartscheibe unter dem Titel „Target“ angeordnet.

Fallweise tiefes Rumpeln darf nicht erschrecken. Es ist die akustische Manifestation der raumfüllenden Soundinstallation von Bernhard Leitner. Eher leise geht es im Tea Room zu. Dem Werk von Lena Henke „Memory of a Young Sculpture X“ muss man sich bis auf wenige Zentimeter nähern, um den feinen Geruch des dabei verwendeten Leders aufzuschnappen. Dazu nun Agnes Husslein, die von vielsinniger Kunst begeisterte Chefin des Hauses: „Ziel der Ausstellung Light Sound Senses ist es, einen ebenso wissenschaftlich-kritischen wie humorvollen und künstlerisch-ästhetischen Blick auf unsere Sinneswahrnehmungen zu werfen, sie herauszufordern und mit ihnen zu spielen.

  John M. Armleder  Ohne Titel (Target), 2001  Heidi Horten Collection, © Bildrecht, Wien, 2024

John M. Armleder, Ohne Titel (Target), 2001 Heidi Horten Collection, © Bildrecht, Wien, 2024

Klimt ⇄ Warhol, Ausstellungsansicht

Klimt ⇄ Warhol, Ausstellungsansicht

KLIMT ⇄ WARHOL 10 per #ARTfluence ernannte Ikonen

Klimt ⇄ Warhol, Ausstellungsansicht

Klimt ⇄ Warhol, Ausstellungsansicht

Das Publikum hat die Wahl getroffen und seine Lieblingswerke in der Sammlung bestimmt.

And The Winner is... Große Spannung im Auditorium, dann ein erstauntes, fast ungläubiges Oh! Mit 7,4% der abgegebenen Stimmen wurde das Gemälde Geschwister von Paul Klee an die Spitze der Top zehn Werke der gezeigten Auswahl in der Heidi Horten Collection gesetzt. Auf Platz zwei liegt um 0,3% nur knapp geschlagen Yves Klein mit Blue Sponge Relief, gefolgt vom ersten René Magritte, Titel L´Empire des Lumiéres (6,8%). Erst dann kommt Gustav Klimt mit der Kirche in Unterach am Attersee (ebenfalls mit 6,8%, aber in der Aufteilung in vier Altersgruppen aufgrund keiner Stimme in den Bereichen 12 – 18 und 19 – 27 Jahren nachgereiht). Verträgt sich Kunst überhaupt mit Demokratie? Was in der Politik als höchstes Gut gilt, ist im Bereich des künstlerischen Schaffens nicht unproblematisch. Im noch jungen Museum in der Hanuschgasse 3 im ersten Bezirk hat dieses Auswahlverfahren im Sinne einer #ARTfluence jedoch Interesse geweckt und die mittlerweile nicht unbeträchtlichen Besucherscharen mit einer völlig neuen Art von Aktivität zum genauen und abwägenden Hinschauen angeregt. Abgegeben wurden immerhin über 21.000 Stimmen.

  Roy Lichtenstein  Forest Scene, 1980  Heidi Horten Collection  © Bildrecht, Wien, 2024

Roy Lichtenstein Forest Scene, 1980 Heidi Horten Collection © Bildrecht, Wien, 2024

Klimt ⇄ Warhol, Ausstellungsansicht

Klimt ⇄ Warhol, Ausstellungsansicht

Direktorin Agnes Husslein-Arco darf zufrieden sein. Im untersten Geschoss wurde nun die Dauerausstellung zu „Klimt ⇄ Warhol“ umgestaltet. Unter 50 bedeutenden Werken des 20. und 21. Jahrhunderts wurden die in genannter Weise ermittelten Top Ten eingereiht. Vom Wien um 1900 über den deutschen Expressionismus und den Surrealismus, europäischer Nachkriegsabstraktion bis zu US-amerikanischer Pop Art sind Schlüsselwerke dieser Richtungen zu finden.

Umrahmt sind sie von der künstlerischen Inszenierung des Österreichers Markus Schinwald. Der auch im Bereich Bühne erfolgreiche Künstler hat über die Präsentation einzelner Werke hinaus einen Erlebnisraum geschaffen, der zum Dialog zwischen Kunst und Publikum anregen will. Ergänzt wird diese Schau vom „Focus Franz West und dem Biennale-Zyklus“ als Verbeugung vor einem bedeutenden österreichischen Künstler der Gegenwart. 1990 wurden seine sogenannten „Passstücke“ auf der Venedig Biennale ausgestellt; tragbare Skulpturen, die die Grenzen zwischen Kunst und Leben aufzuheben scheinen. Franz Wests ironischer Kommentar dazu sind gemalte Kleinformate mit dem Titel Biennale Zyklus 1 – 9 (1990), die nun ebenso zu erleben sind wie weitere seiner Arbeiten aus der Heidi Horten Collection, die angekauft wurden, um mit diesem Schwerpunkt die nationale Kunstszene zu fördern.

  Yves Klein  Untitled Blue Sponge Relief (RE1), 1985  Heidi Horten Collection  © Bildrecht, Wien

Yves Klein Untitled Blue Sponge Relief (RE1), 1985 Heidi Horten Collection © Bildrecht, Wien, 2024

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