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Experiment Expressionismus. Schiele meets Nosferatu, Ausstellungsansicht

Experiment Expressionismus. Schiele meets Nosferatu, Ausstellungsansicht

EXPERIMENT EXPRESSIONISMUS Rendezvous von Schiele und Nosferatu

Egon Schiele, Selbstbildnis mit Pfauenweste, 1911 © Ernst Ploil, Wien

Egon Schiele, Selbstbildnis mit Pfauenweste, 1911 © Ernst Ploil, Wien

Als es um den extremen Ausdruck ging, sowohl in der Kunst wie auch im Stummfilm

Es war ein heftiger Ausbruch der Kunst aus akademischen Zwängen, als am Beginn des 20. Jahrhunderts in Deutschland und wenig später auch in Österreich die Gesellschaft mit einer revolutionär neuen Bildsprache schockiert wurde. Der Expressionismus war geboren. Freiheit, Ekstase, Angst, Zweifel und Leid wurden ins Bild gerückt und auf eine radikal aufrüttelnde Weise in Gemälden und Skulpturen umgesetzt. Zur gleichen Zeit hatten die Bilder das Laufen gelernt. Der noch sehr junge Film zog die Massen in die wie Schwammerln aus dem Boden schießenden Lichtspielpaläste. Zu hören war bei diesen Vorführungen allerdings nur live vom Piano zugespielte Musik.

Die Stars des Stummfilms waren auf ihre Gestik und Mimik angewiesen, um zwischen kurzen Texteinblendungen große Emotionen auf das Publikum zu übertragen. Es war eine Art Expressionismus des Kinos, der sich in vielen Details mit dem damals neuen Ausdruck der bildenden Kunst vergleichen lässt.

Max Pechstein, Gelbe Maske II, 1910

o.: Max Pechstein, Gelbe Maske II, 1910

r.: Anonym, Alexander Granach als Häusermakler Knock in "Nosferatu", 1922 © Kantonsbibliothek Appenzell Ausserrhoden, CMO, Trogen (CH)

Anonym, Alexander Granach als Häusermakler Knock in "Nosferatu", 1922 © Kantonsbibliothek Appenzell

Zu erfahren sind diese Parallelen bis 31. August 2025 in der HEIDIHORTENCOLLECTION in der Ausstellung „Experiment Expressionismus. Schiele meets Nosferatu“. Man fragt sich, warum man nicht schon früher draufgekommen ist, die Kunst dieser Tage gemeinsam mit dem Stummfilm von diesem Aspekt her zu betrachten. Abgesehen von der ORF-Produktion „Kunst-Stücke“ mit Dieter Moor Ende der 1980er-Jahre gab es wenig Aufmerksamkeit für die auf Zelluloid gebannten höchst kunstvollen „Schwarzweiß-Malereien“ mit zeichnerisch stilisiertem Hintergrund und genial unheimlichem Schattenspiel bis zu den extrem geschminkten Gesichtern teils gruseliger Gestalten. Dank Agnes Husslein-Arco, Rolf H. Johannsen und Roland Fischer-Briand wurden Werke des deutschen und österreichischen Expressionismus von Herbert Böckl, Richard Gerstl, Oskar Kokoschka, Helene Funke oder Max Pechstein mit Filmen wie „Das Cabinett des Dr. Caligari“ und „Nosferatu – Eine Symphonie des Grauens“ nun zu einem Genre übergreifenden Erlebnis vereint.

Experiment Expressionismus. Schiele meets Nosferatu, Ausstellungsansicht

Experiment Expressionismus. Schiele meets Nosferatu, Ausstellungsansicht

Empfangen wird man von Egon Schieles Selbstbildnis mit Pfauenweste (1911). Der Künstler hat sich nicht gerade bescheiden einen Heiligenschein verpasst. Wesentlicher sind aber seine Hände mit gespreizten Zeige- und Mittelfinger. Was will uns Schiele damit sagen? Besonders signifikant ist der Gestus bei Lilian Gaertner auf dem Porträt von Lilly Steiner aus 1927 oder bei Terzetta von Robert Kloos (1922) ausgeprägt. Hände können damit Fragen stellen, innere Zustände nach außen kehren und wie im Stummfilm ungemein beredt die Handlung erzählen. Und nicht nur das! Max Oppenheimer beweist in seinen Bildern von musizierenden Quartetten, dass man die gemalte Musik durchaus auch hören kann. Es genügt, den dem Blick verborgenen Musikern auf die Finger zu schauen, deren Stellung auf den Saiten von Violinen, Bratsche und Cello zu beobachten und die Notenblätter dabei zu lesen zu versuchen. Diese Malerei bewegt sich nahe am Film, der bis zur Erfindung von Tonspur und Farbe in seinen technischen Möglichkeiten zwar beschränkt war, dieses Manko bekanntlich aber durch gewaltigen Ausdruck mehr als wettgemacht hat. 

Schließlich waren wie in der Malerei österreichische und deutsche Genies am Werk, so Fritz Lang mit Metropolis oder Friedrich Wilhelm Murnau, dessen Nosferatu eine ganze Generation in der Dunkelheit des Kinos das Fürchten gelehrt hat.

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