IN HOC PRECIOSO MONOMENTO Wissenschaft als spannende Lektüre
Ein Buch bietet faszinierende Blicke in das Grab von Kaiser Friedrich III.
Rechts vorne im Stephansdom beherrscht das Grabmal von Kaiser Friedrich III. die Apsis. Seine Wucht und Macht, die der rotgesprenkelte Stein mit seinem phantastisch reichen Bildprogramm über die Zeiten hin auf den Kirchenbesucher ausstrahlt, ist durchaus beabsichtigt. Sein Sohn Maximilian, der heute noch jedem Schulkind als der letzte Ritter ein Begriff ist, wollte damit dem Gedächtnis seines Vaters den ihm zukommenden Rahmen geben. Begonnen hat damit jedoch noch zu Lebzeiten Friedrich selbst, als er den Bildhauer Niclaus Gerhaert van Leyden zur Anfertigung einer Grabplatte mit seinem Bildnis engagierte, ja, beinahe nötigte, denn der Künstlerstar war ursprünglich ganz und gar nicht gewillt, für den Kaiser zu arbeiten. Für eine provisorische Bestattung fertig gestellt war das Hochgrab erst 1513, also Jahre nach dem Tod sowohl des Kaisers (1493) als auch des Bildhauers (1473).
Gerhaert hat zusätzlich zum eigentlichen Auftrag die Statue des Lieblingsheiligen von Friedrich geschaffen, einen Christophorus, der von einem Pfeiler des Domes wachsam auf das Grabmal herabblickt.
Die Entstehungsgeschichte dieses einzigartigen und unvergleichlichen Kunstwerkes liest sich wie ein spannender Roman, wenngleich die Texte von Wissenschaftlern verfasst wurden, denen gemeinhin eine eher trockene Ausdrucksweise nachgesagt wird. Der Leser wird jedoch bald in die Zeit um 1500, also ins Spätmittelalter, hineingezogen, wenn beispielsweise Franz Zehetner, Archivar der Dombauhütte, ausführlich und auch für den Laien verständlich die Untersuchungen im Inneren des Friedrichsgrabes beschreibt. So bestand größtes Interesse am Inhalt dieses Grabmals. Befindet sich der Leichnam des Kaisers tatsächlich dort, in welcher Art von Sarg wurde er bestattet und was wurde ihm für die ewige Ruhe mitgegeben, um seine Bedeutung auch nach dem Tod zu dokumentieren? Schon 1969 wurde über eine kleine Öffnung an der Südwand der Tumba versucht, einen Blick hinein zu werfen.
Zu weitergehenden Aufschlüssen gelangte man aber erst 2013. Ohne die Totenruhe des Kaisers zu stören, wurden mittels einer Teleskopkamera sensationelle Bilder angefertigt, mit denen viele der offenen Fragen beantwortet werden konnten.
Die Ergebnisse wurden nun zusammen mit Beiträgen einer Reihe hochkarätiger Fachleute in einem Buch aufgearbeitet. „In Hoc Precioso Monomento. Die Bestattung Kaiser Friedrichs III. im Wiener Stephansdom“ ist Titel und Untertitel dieser Publikation, die in Kooperation mit der Dombauhütte St. Stephan als Band 20 der Schriften des Kunsthistorischen Museums (Hg: Sabine Haag) im Verlag Holzhausen erschienen ist. Neben den durchwegs reichlich illustrierten wissenschaftlichen Abhandlungen befindet sich im Zentrum des Buches ein Teil mit Bildtafeln.
Sie allein würden schon den Erwerb rechtfertigen, wollte man sich nicht über „schriftliche und bildliche Quellen des 16. Jahrhunderts“ (Karl Rudolf) oder über die doch etwas umständlich verlaufene Beisetzung unter dem Titel „Ein Tod, drei Bestattungen und vier Exequien Friedrichs III.“ (Michael A. Bojcov) informieren. Die großformatigen Fotos zeigen in brillanter Qualität den Innenraum mit den goldenen Schrifttafeln, die dem Kaiser als eine Art Identifikation mitgegeben wurden, mit den Insignien Krone, Reichsapfel und Zepter, um noch im Grab seine Herrscherwürde zu betonen, und mit einem Gekreuzigten, der ihn als gottesfürchtigen Menschen ausweist. So betont auch Kardinal Christoph Schönborn im Geleit zu diesem Buch die fromme Intention des Kaisers, wenn er schreibt, dass dieses Hochgrab Friedrichs III. nicht nur eine Manifestation der Macht, sondern vor allem des Glaubens ist.