Kultur und Wein

das beschauliche Magazin


EROTISCHES BADEN Eine Stadt zum Kuren und Lieben

Begegnungen mit Persönlichkeiten, die den sinnlichen Reiz Badens ausgekostet haben.

Cover © Kral Verlag

Cover © Kral Verlag

Ist es der allgegenwärtige Geruch des Schwefelwassers, der die animalischen Triebe weckt, oder ist es doch die mystische Kraft der Nixe namens Undine, deren verführerischer Herrschaft sich die Menschen seit jeher hemmungslos unterwerfen? Baden, diese reizende Kurstadt südlich von Wien, ist mehr als eine Stätte körperlicher Genesung dank des hochwirksamen Heilwassers. Mit seinem biedermeierlichen Gewinkel der Innenstadt und rosenduftenden Parks voller versteckter Retraits lädt sie zu intimen Spaziergängen ein, um dabei ungeniert ihre Macht als Kupplerin auszuspielen. Für Schatten ist auch an sonnigen Tagen gesorgt, allerdings in Gestalt kurender Gäste, die ihre Zeit zwischen diversen Anwendungen mit einem Tête-à-Tête an der Seite von „Mitleidenden“ zu prickelnder Kurzweil nützen. Die Tradition kann sich sehen lassen. Schon die Römer erholten sich in Aquae von den Strapazen ihres Dienstes in den umliegenden Legionen. Im ihrem Gefolge kamen Amor und Venus, deren erfahrene Dienerinnen liebesbedürftgen Soldaten entsprechende Entspannung bereiteten.

Mit diesen ersten antiken Spuren beginnt auch der von Gabriele Hausmann und Christine Triebnig-Löffler verfasste „historische Streifzug durch die Jahrhunderte“, so der Untertitel des Buches „Erotisches Baden... und ewig lockt die Kurstadt“ (erschienen im Kral Verlag). Als erfahrene Frauen wissen die beiden Autorinnen, wie wichtig in diesem Zusammenhang das Vorspiel ist. Darin wird auf das Stadtwappen hingewiesen, das mit Frau und Mann in einem Holzzuber bereits das sinnliche Programm klar umreißt. In den ersten Kapiteln wird das wunderbar unzüchtige Treiben früherer Zeiten so anschaulich beschrieben, dass einen der Neid fressen könnte, wie locker einst Moral und Sittsamkeit interpretiert wurden; dagegen scheinen unsere Tage reinste Verklemmung zu sein. Persönlich werden die Berichte, wenn es um „Badener Verhältnisse“ geht. Während um den „Goldenen Apfel“, für die Osmanen das belagerte Wien, erbittert gekämpft wurde, nahm sich deren Heerführer Kara Mustafa Pascha gerne eine Auszeit, um sich mit seinem Harem in Baden zu vergnügen. August der Starke, seines Zeichens u. a. sächsischer Kurfürst, dürfte im Bett tatsächlich über gewaltige Kräfte verfügt haben. Die Rede ist vom „Sexprotz von der Elbe“, der sich an den karg bekleideten Damen im Herzogs- und Frauenbad den Gusto holte, um danach nahezu unzählige Frauen – zumindest laut Überlieferung – glücklich zu machen. Neben der zarten Zuneigung von Wolfgang Amadé Mozart zu seinem Constanzerl nimmt sich das wilde Treiben von Klemens Wenzel Lothar von Metternich mit seinen Kurtisanen beinahe rüpelhaft aus. Mitglieder des Kaiserhauses stellten diesbezüglich keine Ausnahme dar, ebenso die kulturelle Elite Wiens, die mit Franz Grillparzer, Johann Strauss oder Arthur Schnitzler der von Liebe gesättigten Atmosphäre erlegen ist und sich nicht zuletzt in ihren Werken im erotischen Stammbuch Badens lustvoll eingetragen hat.

DIE GENÜSSE DES WALDVIERTELS Erdäpfel, Mohn, Karpfen und Bier

Die Genüsse des Waldviertels Erdäpfel Cover

Das perfekte Quartett als kulinarischer Reisebegleiter durch eine wahrlich zauberhafte Landschaft

Man nehme einen Kulturhistoriker, einen Journalisten und einen Kulturmanager, schicke sie ins Waldviertel und setze sie an auf Geschichten, wie sie sich noch in zünftigen Wirtshausküchen, gemütlichen Bauernstuben oder uralten Brauhäusern finden. Sie werden reich beladen mit Schätzen zurückkehren und diese allein von Berufswegen gerne weitergeben. In diesem Fall waren die drei Expeditionsteilnehmer Hannes Etzlstorfer, Reinhard Linke und Christoph Mayer. Gegenstand ihrer Mission war die Erforschung der großen Vier einer kulinarisch bisher eher unterschätzten Gegend: Erdäpfel, Mohn, Karpfen und Bier; mit dem Ergebnis, dass so manches Vorurteil dem Waldviertel gegenüber möglichst flott revidiert werden muss.

Nach der Lektüre der dazu erschienen vier Büchlein wird mancheiner unverzüglich aufbrechen, um sich in kühler Abendluft bei einem Glas Schremser Bier gebratenen Karpfen mit Erdäpfelsalat und als Dessert eine Mohnzelte am Ort ihrer Herstellung schmecken zu lassen.

Nach Lektüre dieser appetitlichen Literatur mit dem Titel „Die Genüsse des Waldviertels“, die übrigens im Kral Verlag erschienen ist, kann man dortselbst am Stammtisch getrost mitreden. Man ist ausgewiesener Waldviertelkenner. Zum Beispiel bei den Erdäpfeln: Wie nix kann man Sorten über Ditta oder Hermes parlieren, kennt die bewegende Geschichte der Erdäpfel und überzeugt eventuell sogar noch ungläubige Tischgenossen von der Tatsache, dass es sich um Früchte aus dem Jenseits, also der keltischen Anderswelt handelt, wie Lotte Ingrisch in ihrem Artikel ernsthaft feststellt. Die Gefahr ist jedoch gering. Es genügt, die beeindruckenden Gesteinsformationen anzusprechen und schon findet sich eine Schar von Druidenverehrern. Mystische anmutende Zeichnungen der Künstlerin Linde Waber schaffen die entsprechende Stimmung, die vor allem beim Mohn Wirklichkeit und Traum zu vermischen vermögen. Schließlich geht es dabei um eine Pflanze, die durchaus in der Lage wäre, hätte man es ihr nicht weggezüchtet, unsere geistigen und seelischen Zustände in übersinnlicher Weise zu transformieren.

Genüsse des Waldviertels Karpfen Cover

Was den Karpfen betrifft, so ist eine Teilnahme am Abfischen unverzichtbar. Teiche, voll besetzt mit dem Teichschweindl, gibt es ja genug und es genügt, ein bisschen herumzufragen, um zu einem solchen nach wie vor urtümlichen Event eingeladen zu werden. Der ortskundige Schriftsteller Thomas Sautner, der ebenfalls zum Mitschreiben eingeladen war, erhebt diesen eher temperamentlosen Fisch gar zum Wappentier des Viertels ober dem Manhartsberg und weiß diese Wahl kurzweilig zu begründen. Der Kunstexperte Carl Aigner hingegen referiert unter „So a Kapf“ launig über seine ersten Erfahrungen mit dem mystischen Waldviertel, die im geheimnisvollen Verlust des fischigen Festtagsbratens gipfelt. Wie übrigens in jedem der Bändchen steuert auch hier Klaus Hölzl, junger und ambitionierte Chef des Restaurants Auszeit in Gastern, Rezepte bei, wie ein Karpfen gekonnt in Hanfpanier oder als Gulasch mit Eierschwammerln zubereitet wird.

Genüsse des Waldviertels Mohn Cover

In aller dichterischen Freiheit spürt er als selbsternannter Bierbauchologe den Ursachen des Ventum Cervizia in persona nach. Ernsthaftere Überlegungen steuern diesfalls der Redakteur Robert Morawec und die Pflanzenwissenschaftlerin Eunike Grahofer bei. Morawec sinniert über das Ablaufdatum von Bier und Grahofer ist von der heilsamen Wirkung der Kräuterbiere überzeugt. Damit sind natürlich nicht alle Autoren aufgezählt, die das Herausgebertrio mit Texten verwöhnt haben und gemeinsam Mütter und Väter dieses kulinarischen Reisebegleiters durch eine wahrlich zauberhafte Landschaft geworden sind.

Beim Bier haben Brauer wie Karl Schwarz von Zwettl und Weitra oder Karl Trojan aus Schrems das Sagen. Sie erklären mit Überzeugung, warum sie noch so schön altmodisch arbeiten, immerhin beruft man sich auf eine Tradition, die mit der sagenhaften Jahreszahl 1321 beginnt, als Friedrich der Schöne der Stadt Weitra das Privileg zum Bierbrauen erteilt hat. Man schmeckt´s an dem Bier, dass hier noch sehr viel Herz mitverbraut wurde und den Historiker Martin Haidinger in seinem Beitrag von einem Bierhimmel im Waldviertel schwärmen lässt. Die Angst vor dem Bierbauch versteht einem Franzobel auszureden.

Genüsse des Waldviertel Bier Cover

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