Kultur und Weindas beschauliche MagazinAußenbereich der 1. Klima Biennale Wien INTO THE WOODS mit der ersten Klima Biennale Wien
Der Eingangsbereich des Festivalareals am Nordwestbahnhof im 20. Bezirk erinnert auf den ersten Blick an die bescheidene Gartenabteilung eines Baumarktes. Ein Stand mit Grünpflanzen lädt zum Garteln ein, zwischen noch sehr jungen Bäumen warten neben einer dekorativen Steinskulptur bunte Sessel auf müde Kundschaft und dahinter lagern vor der langen Halle in Metallgestellen die erforderlichen Paletten. Darauf angesprochen meint jedoch der Initiator der Klima Biennale Wien, Christoph Thun-Hohenstein, dass dieser Eindruck täuscht. Es geht um so viel mehr, nämlich um eines der aktuellen Probleme, denen unser Planet ausgesetzt ist. Das entspannte Erscheinungsbild wurde von StudioVlayStreeruwitz gemeinsam mit der Landschaftsarchitektin Isolde Rajek als ein Experimentierfeld für städtisches Zusammenleben und als Ort zum Verweilen gestaltet. Eine der Hauptrollen spielt die Kunst, die sich im Inneren des Gebäudes findet, neben verschiedensten praktischen Projekten, die in Kooperation mit gezählten 100 Partnern für 100 Tage neue Ideen und Möglichkeiten sichtbar machen wollen, mit denen die ganz große Katastrophe, die glühende Erde, zumindest hinausgeschoben werden kann. Sithara Pathirana, geb. in Graz, und der Münchner Claudius Schulze haben das Konzept erarbeitet und schließlich auch ungesetzt. Sie betonen, dass ihnen die Durchführung in Wien überraschend leicht gemacht wurde. Von der hohen Politik der Stadt abwärts bis zu den einzelnen Aktiven war sofort immense Bereitschaft zu spüren. Jeder einzelne der Kooperationspartner war mit Leidenschaft dabei, seinen Beitrag zu ökologischen Herausforderungen zu liefern. In der fast verwirrend großen Anzahl an Events müsste für jeden etwas dabei sein, egal ob es Kunst, Design, Architektur oder Wissenschaft betrifft.
Der eigentliche Ausgangspunkt befindet sich jenseits des Donaukanals im KunstHausWien. Von Sophie Haslinger wurde die Gruppenausstellung „Into the Woods“ kuratiert, auf gut Deutsch: Hinein in die Wälder! 16 zeitgenössische künstlerische Positionen widmen sich dem wohl wichtigsten Ökosystem der Welt. Niemand wird bestreiten, dass natürliche Ansammlungen von Bäumen und Sträuchern eminent wichtig sind, nicht nur für Artenvielfalt oder als Speicher für CO2, sondern ganz einfach für das Überleben der Menschheit. Im Sinne des Erbauers dieses Hauses, Friedensreich Hundertwasser, haben in den obersten zwei Stockwerken neben Bildern und Installationen richtige Bäume Einzug gehalten, sowie die Saliera als Leckstein für Rehe (Anca Benera & Arnold Estefán in „UnWorlding). Rodrigo Arteaga hat dazu unter dem Titel „Grid“ Totholz aus dem Wienerwald bearbeitet und aufgebahrt. Es ist ein poetischer Versuch des chilenischen Künstlers, die widersprüchlichen Beziehungen des Menschen zur Natur zu visualisieren. Ähnlich geheimnisvoll sind die Zeichnungen von Abel Rodríguez. Darin gibt er als Ältester der indigenen Gemeinschaft der Nonuya sein Wissen über Pflanzen und Tiere im Regenwald sowie ihre mythologische Bedeutung weiter. Viele der großformatigen Fotos, z. B. Richard Mosse in „Tristes Tropiques“ oder Susanne Kriemann in „Forest, frst, t like teamwork“, zeigen in deprimierender Weise wild voranschreitende Abholzung nicht nur im tropischen Regenwald, sondern auf der ganzen übrigen Welt. Ein Stand zm Garteln in der 1. Klima Biennale Wien Was dabei letztlich herauskommt, ist Thema in „Arapolis“. Das Hamburger Kollektiv Baltic Raw Org entwirft mittels einer Raum-Installation eine düstere Utopie. Wir schreiben das Jahr 2070. Die Voraussetzungen zwischen Norden und Süden haben sich gedreht. Europa wird zum Kontinent, aus dem man flüchtet. Die Besucher sind eingeladen, sich in verschiedene Szenarien hineinzudenken, Entscheidungen zu treffen und Wetten abzuschließen. Als Nebeneffekt soll dabei ein Wandel von Bewusstsein und Haltung einhergehen, denn so unwahrscheinlich wie abgesoffene Küstenstädte und verbrannte Felder im Moment noch scheinen mögen, sie liegen durchaus im Bereich des Möglichen. Und schuld an dem toxisch werdenden Klimawandel sind wieder einmal wir selber und niemand anderer. Nur was sollen bzw. können wir, du und ich, alle die Künstler und sonstigen Mahner, tun, außer uns kollektiv zu fürchten und zu schämen? Denn diese Frage bleibt auch in der ersten Klima Biennale Wien unbeantwortet. © jp-photography KUNSTHAUSWIEN Klimafit und nachhaltig saniert Über allem steht der Respekt vor Friedensreich Hundertwasser. Er hat einst dieses nicht unauffällige Haus im 3. Wiener Gemeindebezirk erdacht und nach seinen Vorstellungen erbauen lassen. Es wurde sein ganz persönliches Museum, mit viel Platz für Gastkunst, die sich in den eigenwillig gestalteten Räumen wohlfühlt. Hundertwasser war ein Prediger, einer, der die Gerade verabscheute ebenso wie die Monotonie des Designs und die Verschwendung von natürlichen Ressourcen. Tempora mutantur und machten auch in diesem der Natur nachempfundenen Bauwerk vor allem in der Infrastruktur Änderungen nötig. Sie erfolgten nun ganz im Sinne des Künstlers. Zusammengefasst kann die Renovierung als „klimafit und nachhaltig, mit Gespür für die Bausubstanz“ bezeichnet werden. Das betrifft in erster Linie die Energieversorgung, neben der Erneuerung der gesamten Gebäudetechnik und einer Reihe von Verbesserungen, die modernste Museumsstandards garantieren. Der vollständige Ausstieg aus CO2-produzierenden Energiequellen ist dank der Einführung von Hydrothermie gelungen! An diese sensationelle Meldung schließt sich nahtlos der Erfolgsbericht von einer Reduktion des Energieverbrauchs um 75% an. Diese erstaunliche Ersparnis ist unter anderem der Umrüstung auf LED-Beleuchtung und dem Einbau einer Grundwasserzisterne für die Bewässerung der mehr als 260 Pflanzenarten zu verdanken.
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