Kultur und Weindas beschauliche MagazinEnsemble und Bühne bei Il Viaggio © Petra Moser IL VIAGGIO Mit Musik vertieftes Geschichtenerzählen
Novellen von Luigi Pirandello boten dem deutschen Opernkomponisten Alois Bröder den inspirierenden Stoff für zwei Opern-Einakter, die im Grund ein gesamtes abendfüllendes Werk ergeben. „Das Licht vom anderen Haus“ und „Die Reise“ sind nicht zu trennen. Die eine Geschichte erzählt über den vereinsamten Tullio Buti, der vergessen möchte. Ihn plagen die Erinnerungen an eine raue Kindheit mit einem brutalen Vater. Er mietet sich ein finsteres Zimmer, von dem aus er in die warm beleuchtete Wohnung der Familie Masci blicken kann, in ein Idyll mit Vater, Mutter Margherita und drei Kindern. Er verliebt sich in die Frau. Das Gefühl wird überraschend von ihr erwidert. Sie verlässt die Familie und geht mit Tullio. In der Sehnsucht nach ihren Kindern versucht sie eine Rückkehr, doch es bleibt beim schmerzlichen Blick aus dem Fenster in die ehemalige Wohnung. In „Die Reise“ wird die nach kurzer, unglücklicher Ehe verwitwete Adriana nach 13 Jahren aus dem eintönigen Alltag eines sizilianischen Dorfes gerissen. Der Grund ist allerdings eine schwere, zum baldigen Tod führende Krankheit. Mit ihrem Schwager Cesare führt sie der Weg über Ärzte in Palermo und Neapel weiter durch Italien und nach eingestandener Liebe zu Cesare bis zur Endstation Venedig. Die Intimität der Blackbox des Musiktheaters Linz erweist sich als der ideale Ort für eine Aufführung dieser beiden Werke. In der Mitte der Bühne erhebt sich ein Gerüst aus Fensterrahmen, das zuerst den Tisch von Familie Masci und später ein Bett für die verstorbene Mutter von Adriana enthält (Bühne: Mariangela Mazzeo). Das opulent besetzte Bruckner Orchester Linz, geleitet von der Koreanerin Jinie Ka, bildet den Abschluss nach hinten. Der Chor, einmal sind es sechs Herren, dann sechs Damen, wirkt unsichtbar hinter den schwarzen Wänden. Er wird damit Teil des Klangbildes, in dem Alois Bröder in einer faszinierenden Vielfalt an Farben Emotionen malt und zwischen Tonspritzern weite Flächen zum Sinnieren bietet. Auch die Texte wurden von ihm aufbereitet, großteils in Deutsch, lediglich zu Beginn quasi als Einführung in den Schauplatz in Italienisch.
Daniela Dett, Ensemble © Herwig Prammer WONDERLAND Eine verrückte Teeparty mit Alice & Co.
Alice Cornwinkle ist eine Karrierefrau mit den üblichen Problemen, die sich einer noch verheirateten berufstätigen Mutter in den Weg des Aufstiegs stellen. Mit Jack, einem unterbeschäftigten Saxophonisten, lebt sie in Scheidung und muss dem jungen Mann trotzdem dankbar sein, dass er sich um die gemeinsame Tochter Chloe kümmert. Sie konkurriert mit der Kollegin Maddie Quizzle um die Nachfolge der scheidenden Chefin Everheart. Den Posten bekommt diejenige, die innerhalb von 24 Stunden das spannendste Computerspiel entwickelt. War dieser Tag zu anstrengend? Jedenfalls schläft Alice in ihrem Büro ein und gerät in einen turbulenten Traum, besser gesagt, in das WONDERLAND, das vor mehr als 150 Jahren Lewis Carroll erdacht und in zwei Büchern erzählt hat. Es ist eine verrückte Welt mit völlig seltsamen Bewohnern, die vom Autor ursprünglich zur Unterhaltung heranwachsender Mädchen verfasst wurde, aber längst Weltliteratur geworden ist und sogar trockene Wissenschaftler ernsthaft beschäftigt. Das Musical nach einem Buch von Jack Murphy und Gregory Boyd und Musik von Frank Wildhorn ist von Carroll zumindest inspiriert, vor allem was das Personal des Wunderlands betrifft. Die bekanntesten Figuren sind die grausame Herzkönigin und das hektische Kaninchen mit einer rückwärts laufenden Digitaluhr, das deswegen immer zu spät dran ist. Aus der Grinsekatze wird El Gato, ein Tänzer, der mit einer Raupe, dem Kaninchen und einem weißen Ritter die junge Frau bei deren Abenteuer begleitet. Alice wird Teil eines Spiels, bei dem sie mit dem Hutmacher um das Erreichen eines unmöglichen Felds kämpft, um am Ende zur Erkenntnis zu gelangen, dass beruflicher Erfolg wesentlich weniger zählt als die Liebe zur eigenen Familie.
Das Musiktheater Linz hat die geheimnisvollen Tore zum Wonderland aufgetan und am 8. September 2024 eine bejubelte Premiere dieses Musicals gefeiert. Unter der musikalischen Leitung von Tom Bitterlich werkt die Club-Wonderland-Band im Graben vor der Bühne und umhüllt das Publikum mit fettem Sound zu einem durchwegs stimmgewaltigen und spielfreudigen Ensemble dieser verrückten Teeparty. Valerie Luksch wandelt sich glaubhaft von der Businesslady zur warmherzigen Alice, nachdem sie erkannt hat, wie sehr sie ihren Jack (Max Niemeyer) doch liebt.
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