Kultur und Weindas beschauliche MagazinThomas Enzinger & Alfred Rauch & Tanzensemble © Foto Hofer MADAME POMPADOUR Eine Ohren und Augen hinreißende Revue
Leo Fall hatte für diese Operette den Bühnenstar Fritzi Masary im Kopf, als er für sie die Mätresse von König Ludwig XV. als Hauptfigur einer Operette erwählte. Rudolf Schanzer und Ernst Welisch schrieben das Libretto, offenbar mit dem Auftrag, das Berliner Publikum der 1920er-Jahre vor ernsthaften historischen Grübeleien zu bewahren und das Rokoko in seiner verschnörkelten Leichtigkeit in das beginnende 20. Jahrhundert zu versetzen. Die knallharte und gefürchtete Politikerin an der Seite des absolutistischen Monarchen erhielt darin eine menschliche Seele und sogar die Fähigkeit, einen Mann von Herzen zu lieben, der damals gesellschaftlich weit unter ihr stand. Aus dieser Melange von deutscher Unterhaltungskunst der Nachkriegszeit und dem lockerem Umgang der Franzosen mit dem Begriff Liebe entstand die Revue-Operette „Madame Pompadour“, die bis heute von den Musikbühnen nicht wegzudenken ist.
Für das Lehár Festival Bad Ischl hat man diesbezüglich noch einiges draufgesetzt. Die Jazzelemente, die schon der Komponist gekonnt eingesetzt hat, wurden vom Trio Matthias Grimminger, Henning Hagedorn und dem Dirigenten Christoph Huber in Arrangement und Instrumentierung den heutigen Möglichkeiten mit sanften Neuerungen angepasst. Damit die Tanzszenen (Choreographie: Evamaria Mayer) so richtig fetzen. Es handelt sich um die Modetänze, die damals aus der Neuen Welt brandneu in Europa importiert wurden und mit Schwung und Rasanz die Sorgen dieses Jahrzehnts in wilden Nächten vergessen machten. Dass Jazz nur kurz darauf in Deutschland als entartete N-Musik verunglimpft wurde, ist ein schmerzhaft bekanntes, trauriges Kapitel unserer Geschichte, das über all dem Spaß mit Foxtrott, Charleston oder Tango nicht vergessen werden darf. Kaj-Louis Lucke & Chor des Lehár Festivals & Tanzensemble im Musenstall © Foto Hofer Intendant Thomas Enzinger besorgte höchstpersönlich die Inszenierung und ließ es sich nicht nehmen, als launiger Moderator in höfischer Tracht sein Publikum durch das lustvolle Geschehen zu führen. Das opulente Bühnenbild ist Sabine Lindner zu verdanken. Sie hat damit einen wunderbaren Rahmen für die musikalischen Zeitsprünge geschaffen. Im Musenstall, einer heiter düsteren Spelunke, begegnet man zu allererst dem Dichter Joseph Calicot, der mit seinem neuesten Spottlied auf die Pomp-, Pomp-, Pompadour die künstlerisch angehauchte Gästeschar zum Lachen bringt. Der quirlige Kaj-Louis Lucke ist eine Idealbesetzung dieses aufmüpfigen Poeten, der nicht zuletzt als keuscher Joseph seine ganze Komik ausspielen darf. Mit seinem Freund Graf René betritt ein Tenor die Szene, der aufhorchen lässt. Maximilian Mayer erfreut mit schöner Höhe und Schmelz nicht nur die Zuhörer, er gewinnt auch die Zuneigung der inkognito anwesenden Marquise de Pompadour.
Corina Koller, Patricia Nessy und Chor © Foto Hofer DER VOGELHÄNDLER Schuhplatteln mit dem Salontiroler
Ein Tiroler Bursch zieht mit seinen Vogerln durch die Lande, weil es ihm daheim an Perspektiven fehlt. Ausgerechnet in der Kurpfalz verliebt er sich in das Postfräulein, die wie er nur über ein kleines Salär und schmale Kost verfügt. Moritz West, ein lebenslanger Freund von Carl Zeller, hat aus dieser wenig aussichtsreichen Liebesgeschichte ein turbulentes Libretto geschaffen, das den Gelegenheitskomponisten Zeller zu grandiosen Melodien inspiriert hat, die sich auf der Stelle in die Ohren der Menschen eingenistet haben. DasWerk wurde zu einer bis heute gern gehörten Revue aus Mitsingschlagern und damit als Reminiszenz an das letzte Aufklimmen der Goldenen Operettenära. Nicht zuletzt entstand durch den Erfolg auch das Image des Salontirolers, der stets lustig ist und tanzend auf seine Schuhsohlen klatscht. Das wohl bekannteste Lied ist „Grüß´ Euch Gott, alle miteinander!“, mit dem Adam die Sympathien der wildernden Bauern und die des Publikums im Sturm erobert. Dass er dabei in eine Schlangengrube gerät, in der ein bestechlicher Wildmeister und dessen spielsüchtiger Neffe ihre Umtriebe veranstalten, kann er ja nicht wissen. Auch der Kurfürst selbst ist eher ein Schürzen-, denn ein Wildschweinjäger. Den noblen Herrn bekommt man zwar nie zu Gesicht, aber dank seiner ihn liebenden Gattin erhält man eine durchaus befriedigende Vorstellung vom fragwürdigen Treiben am Kurpfälzischen Hof. Ausgerechnet dort soll dieser Adam als Menageriedirektor eine Anstellung bekommen. Bis es so weit ist, gibt es jedoch noch jede Menge an amourösen Verwicklungen, durch die man sich in Kenntnis des Happy Ends genussvoll treiben lässt. Vom Lehár Festival Bad Ischl wurde für die Inszenierung von „Der Vogelhändler“ Anette Leistenschneider engagiert und man hat damit einen guten Griff getan. In dem von Sabine Lindner geschaffenen Bühnenbild darf romantische Vergangenheit ganz ohne unnötige Modernismen passieren. In der Choreographie von Katharina Glas wirbelt das Ballett in Tiroler Trachten, gemischt mit Tüllröcken (Kostüme: Sven Bindseil) durch Volksszenen und höfische Feste und mischt sich geschickt mit dem spiel- und singfreudigen Chor des Festivals ab. Als Baron von Webs treibt mit überzeugendem Bariton Gerd Vogel seine Schmiergelder ein und setzt frech seinen Neffen Stanislaus (Jonathan Hartzendorf) als Double für den Kurfürsten ein. Dazu kann das Faktotum Schneck (Tim Winkelhöfer) nur hilflos „Jekus! Jekus! Das ist schwer“ jammern.
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