Kultur und Wein

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Ausstellungsansicht "Franz Hagenauer" © Leopold Museum, Wien, Foto: Lisa Rastl

Ausstellungsansicht "Franz Hagenauer" © Leopold Museum, Wien, Foto: Lisa Rastl

KUNST, HANDWERK & GESCHÄFT in Bildhauerei und früher Photographie

FRANZ HAGENAUER, Vogelschalen, © Sammlung Breinsberg Foto: Leopold Museum, Wien © Caja Hagenauer

FRANZ HAGENAUER, Vogelschalen, © Sammlung Breinsberg Foto: Leopold Museum, Wien © Caja Hagenauer

Franz Hagenauer, Meister der Skulptur und des Designs, versus Geschäfte mit fotografischen Kopien

Die Materialen, denen die beiden jüngsten Ausstellungen im Leopold Museum gewidmet sind, könnten unterschiedlicher nicht sein. In einer wahrhaft glanzvollen Präsentation begegnen die Besucher auf Ebene -2 Werken von Franz Hagenauer (1906-1986). Ebendort, quasi um die Ecke, im grafischen Kabinett, geht es um „Geschäfte mit Kopien“ aus den Beständen des „Fotografischen Kunstverlags Otto Schmidt“. Beide, sowohl Franz Hagenauer als auch Otto Schmidt waren auf ihre Weise Künstler, gleichzeitig aber auch hervorragende Geschäftsleute, die ihre Arbeit in der Welt des Praktischen anzuwenden wussten.

FRANZ HAGENAUER, Torso, 1929 © Sammlung Breinsberg Foto: Leopold Museum, Wien © Caja Hagenauer, Wien

FRANZ HAGENAUER, Torso, 1929 © Sammlung Breinsberg Foto: Leopold Museum, Wien © Caja Hagenauer, Wien

WERKSTÄTTE HAGENAUER, Tänzerin (Josephine Baker), © Sammlung Breinsberg Foto: Leopold Museum, Wien

WERKSTÄTTE HAGENAUER, Tänzerin (Josephine Baker), Entwurf und Ausführung ab ca. 1938 © Sammlung Breinsberg Foto: Leopold Museum, Wien © Caja Hagenauer, Wien

Schmidt, der selbst als Fotograf tätig war, veröffentlichte in seinem Verlag Kopien von Fotos mit verschiedenster Thematik, angefangen von Landschafts- und Genrebildern über Studien bis zu Akten, die damals wohl eher, weil als Porno gewertet, unter der Budel gehandelt wurden. Fotoateliers schossen ab der Mitte des 19. Jahrhunderts aus dem Boden und machten es schwierig, im wachsenden Konkurrenzdruck mit Porträtaufträgen zu überleben. Einen Ausweg bot der Markt mit Sammelbildern. Das Negativ erlaubte eine schier unendliche Anzahl von Abzügen, die zu günstigen Preisen das Schaubedürfnis der Gesellschaft befriedigten. Otto Schmidt avancierte nicht zuletzt mit seiner „Wiener Typen Serie“ zu einem der erfolgreichsten Verleger. Sein Publikum liebte die nostalgisch verklärte „Ethnografie“ der Reichshaupt- und Residenzstadt Wien. Der Künstler, der in Schmidt wohnte, ging aber weiter und erhob die von ihm vertriebenen Fotos zu Arbeitsstudien, zu Ètudes d´après nature. Im aufkommenden Historismus waren Vorlagen begehrt, die nun in Form von Lichtbildern die realen Objekte in Kunstakademien und Gewerbeschulen ersetzten. Rund 330 Exponate, darunter Fotografien, Bücher, Zeitschriften, Flugblätter und vieles mehr an aufschlussreichen Zeugnissen, sind in der von Michael Ponstingl vom Fotoinstitut Bonartes wahrhaft „kunstvoll“ gestalteten Ausstellung bis 28. August 2022 zu sehen.

Eduard Büchler, Akt 4473, um 1904 © Albertina, Wien, Foto2007/13/238, Foto: Albertina, Wien

o.: Eduard Büchler, Akt 4473, um 1904 © Albertina, Wien, Foto2007/13/238, Foto: Albertina, Wien

r.: Otto Schmidt, Handstudie # 7, 1889 © Photoinstitut Bonartes, Wien, Foto: Photoinstitut Bonartes, Wien

Otto Schmidt, Handstudie # 7, 1889 © Photoinstitut Bonartes, Wien, Foto: Photoinstitut Bonartes

Wie schon gesagt: Auf den ersten Blick haben die Werke von Franz Hagenauer wenig mit den auf Pappe kaschierten „Lichtzeichnungen“ zu tun. Der Blick wird von faszinierenden Metallobjekten gefangen. Es sind großteils getriebene Arbeiten, hergestellt also in einer Technik, die großes handwerkliches Geschick voraussetzt. Rund 170 Objekte aus allen Schaffensperioden, die immerhin von den 1920er-Jahren bis zum vorletzten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts reichen, stellen auf der einen Seite einen Künstler, einen Bildhauer von gewaltiger Schaffenskraft dar. Zu erkennen sind Anklänge an den Neoklassizismus, an Art déco bis zur extremen Reduktion in den sogenannten Ovoiden eines Constantin Brâncuși oder den „Manichini“ in den Raumbühnen von Giorgio de Chirico. Andererseits war Hagenauer aber auch Geschäftsmann, ein fantasievoll mutiger Designer, der durchaus ein Auge auf den weit potenteren amerikanischen Markt geworfen hat. Seine „Cowboys und Indianer“, die „afrikanischen Tänzerinnen“ oder die von ihm in Metall gefertigten Jazzbands wurden in Übersee im Kleinformat, aber auch in Big-Size-Versionen produziert und haben wohl entsprechend Dollars Richtung Wien fließen lassen. Möglich gemacht wurde die Ausstellung (bis 19. September 2022) aber erst durch das Entgegenkommen der Sammlerfamilie Breinsberg, die dafür ihre Schatzkammer von Werken Hagenauers bereitwillig geöffnet hat.

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