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Woher wir kommen, Ausstellungsansicht

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WOHER WIR KOMMEN Wie Literaten ihre Herkunft preisgeben

Woher wir kommen, Ausstellungsansicht

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Hinter aller Prosa und Lyrik stehen Menschen, die nicht vom Himmel gefallen sind.

Wilhelm Szabo (1901-1986) führt in einem Gedicht seine Genealogie auf tristes Wetter zurück, vielleicht inspiriert von seinem Aufenthalt im Waldviertel, wo er 1965, im Jahr der Erscheinung des Bandes „Landnacht“ als Oberschulrat in Weitra tätig war. „HERKUNFT Mein Vater der Regen, meine Mutter der Wind, ich bin des Nebels, des Graugewölks Kind.“ Das unscheinbare Typoskript ist mit Korrekturen Teil der Objekte und Medien, die bis 15. Februar 2026 das Thema „Literatur und Herkunft“ in den Mittelpunkt des Interesses rücken. Es sind u. a. Fotos, Handschriften, Videos und Tonbeispiele, aber auch künstlerische Arbeiten und dreidimensionale Gegenstände, die in den ehemaligen Regalen für Aktenmappen als durchaus beredte „Fundstücke“ auf ihre Entdeckung warten. Ausgewählt wurden sie von Cornelius Mitterer und Kerstin Putz, die auch für die Herausgabe der dazu erschienenen Publikation verantwortlich zeichnen.

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Woher wir kommen,Lesen in der Kindheit,  Ausstellungsansicht

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In vier Kapiteln schaffen biografische Notizen für Lesende nicht unerhebliche Informationen, die in den jeweiligen Werken über den Inhalt neue Sichtweisen auf das Geschriebene eröffnen. Es beginnt mit dem „Aufwachsen“, das in höchst unterschiedlichen gesellschaftlichen Gegebenheiten ablaufen kann. So musste die spätere Politikerin und Journalistin Adelheid Popp (1869-1939) als Zehnjährige bereits die Schule verlassen, um für die Familie als Arbeiterin und Dienstmädchen zu sorgen. Nahezu autodidaktisch lernte sie des Nachts lesen und schreiben, so gründlich, dass Adelheid Mitbegründerin der österreichischen Arbeiter-Zeitung und dort ab 1892 verantwortliche Redakteurin war. Neben ihrer selbst erzählten Jugendgeschichte ist ein Foto von ihr am Schreibtisch ausgestellt. Ähnlich armselig verlief die Kindheit von Manès Sperber, der in einem jüdischen Städtel in Galizien aufwuchs, bevor er zum berühmten Schriftsteller und Philosophen wurde. Ein Blatt aus dem Notizbuch zu „Die Wasserträger Gottes“ berichtet darüber in faszinierend schwer leserlicher Handschrift.

Woher wir kommen, Ausstellungsansicht

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Vom „Aufbrechen“ im mehrfachen Sinn, von Klassenwechsel und sozialer Mobilität, aber auch Migration und Flucht erzählen Franz Innerhofer, Gernot Wolfgruber oder Elfriede Jelinek mit Szenenfotos aus „Die Schutzbefohlenen“. Für „Zurückkehren“ stehen Bücher wie „Wunschloses Unglück“ von Peter Handke, der dazu wieder in seinen Kärntner Heimatort und damit zu einer emotionalen Begegnung mit seiner durch Suizid aus dem Leben geschiedenen Mutter gefunden hat.

„Erinnern und Erfinden“ betont schließlich den eher lockeren Umgang mit der eigenen Herkunft, der vom literarischen Schalk H. C. Artmann oder auch von Ödön von Horváth in ironischen Selbstauskünften virtuos betrieben wurde. Spielerisch wirkt auch die „Galerie der Dinge“ mit Alltagsgegenständen oder kostbaren Einzelstücken von Autoren und Autorinnen. Es sind symbolgeladene Dinge, die für die eigene Herkunft oder die Kindheit stehen. So erweckte ein Band von Karl May die Begeisterung für das spätere dramatische Wirken von Felix Mitterer. Imposant ist der Dreschflegel von Daniela Dröscher, die in „Zeige deine Klasse“ ihre bäuerliche Herkunft offenlegt. Sprache und Schrift sind wesentliche Parameter der Abstammung, die nicht selten anders als mit Deutsch und lateinischen Buchstaben die frühe Jugend begleitet haben. Als Referenz an alle Betroffenen leitet der Ausstellungstitel mit einer Videoprojektion in den in Wiener Schulklassen meistgesprochenen Sprachen (Daten der Statistik Austria) den Rundgang durch diese literarische Suche nach den Wurzeln ein.

Galerie der Dinge in Woher wir kommen, Ausstellungsansicht

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