Kultur und Wein

das beschauliche Magazin


Präparate von Tieren der Eiszeit

Präparate von Tieren der Eiszeit

EISZEIT Mammutstoßzähne, Waffen & Gräber

Die Zwillinge und ihr Cousin von Krems-Wachtberg

Die Zwillinge und ihr Cousin von Krems-Wachtberg

Einbruch des jagenden Homo sapiens in die weiten Steppen und seine Folgen

Europa war vor 40.000 Jahren zu einem guten Teil von einem Eisschild bedeckt. Dazwischen breiteten sich Steppen aus, auf denen die sogenannte Megafauna genügend Nahrung fand. Neben Herden von Mammuts und Wollnashörnern grasten friedlich Pferde und Rentiere in der Gegend, in der sich heute das Weinviertel mit Feldern und Rebstöcken erstreckt. Aus war es mit dem Frieden, als Horden zweibeiniger Nomaden auftauchten. Man spricht vom modernen Menschen, der von Mode wohl noch keine Ahnung hatte, aber von der Wissenschaft eben so bezeichnet wird. Es war der Homo sapiens und er ist damit unser direkter Vorfahre. Seine Ära nennt man Paläolithikum, wobei sie recht geschickt waren, aus Steinen Gegenstände des täglichen Gebrauchs herzustellen. Ein guter Teil davon entfiel auf Waffen, besser gesagt, auf deren Spitzen, die scharf genug waren, die Haut eines Tieres zu durchbohren. Fleisch wurde damals geschätzt, begehrter waren noch die Felle, denn es war saukalt, wenn das Lagerfeuer niedergebrannt war. Nicht zu vergessen, es herrschte noch ein paar Tausend Jahre die Eiszeit.

Rekonstruktion eines eiszeitlichen Lagers

Rekonstruktion eines eiszeitlichen Lagers

Mammut © MAMUZ

Mammut © MAMUZ

Um diese unterkühlte erdgeschichtliche Periode geht es bis 30. November 2025 im MAMUZ Museum Mistelbach. Was immer Menschen veranlasst hat, aus den wärmeren Gefilden des Südens über die Alpen nach Norden in eine durchaus unwirtliche Umgebung zu ziehen, wir wissen es nicht, aber sie waren gekommen um zu bleiben. Kenntnis von diesen dem winterlichem Wetter trotzenden Leuten liefert die Forschung. Deshalb ist die Ausstellung in Zusammenarbeit mit dem Österreichischen Archäologischen Institut der Österreichischen Akademie der Wissenschaften entstanden und wurde von Hannah Rohringer und Thomas Einwögerer gestaltet. Vorgestellt werden Fundstellen aus Niederösterreich, die mit einer Reihe von Sensationen aufwarten können. So wurden 2005 die 27.000 Jahre alten Zwillinge von Krems-Wachtberg gefunden. Den Babys wurde bei der Bestattung höchste Ehre zuteil. Eingehüllt in roten Ocker, versehen mit Perlen aus Elfenbein eines Mammuts und behütet unter einem Schulterblatt dieses mächtigen Tieres überdauerten die kleinen Skelette die Jahrtausende. Nicht weit davon entfernt wurde ihr Cousin ergraben, der erstmals im Original der Öffentlichkeit gezeigt wird.

Rekonstruktion eiszeitlicher Kleidung

Rekonstruktion eiszeitlicher Kleidung

Nachgestellte archäologische Grabungssituation

Nachgestellte archäologische Grabungssituation

2024 stieß ein Winzer in seinem Weinkeller auf Mammutknochen. Es stellte sich heraus, dass es die Überreste von drei bis vier Tieren waren. Dass sie den Menschen begegnet waren, belegen zwei Artefakte aus Feuerstein und Reste von Holzkohle. Die Jäger waren offensichtlich erfolgreich gewesen. Es wird angenommen, dass mit Steinen, Schleudern, brennenden Fackeln etc. die Beute in Panik versetzt und in Fallen getrieben wurde. Das Mammut ist ausgestorben. Die Vermutung, dass der Mensch nicht unwesentlich dazu beigetragen hat, liegt somit nahe, allein wenn man die Tragedauer eines dieser Urzeitelefanten bedenkt. Der Anschaulichkeit dienen in der Ausstellung Tierpräparate, angefangen bei Kleintieren bis zum Wildpferd, dem Braunbären und mächtig aus der Wand tretend eben das Mammut. Als Sammler betätigten sich gewiss auch die Kinder, um die Gruppe mit allerlei Essbarem wie Früchten, Samen und Pilzen zu versorgen. Derlei Arbeit bleibt den jüngsten Besuchern des MAMUZ erspart, aber nicht die aktive Mitarbeit bei der Erkundung der Eiszeit in etlichen Erlebnisbereichen, in denen spielerisch den Themen Jagd, Kunst, Tiere, Behausungen und Experimentelle Archäologie auf den Grund gegangen wird.

Rekonstruktion eines Streitwagens (Ausstellungsansicht: KELTEN)

Rekonstruktion eines Streitwagens (Ausstellungsansicht: KELTEN)

Einfach KELTEN Würfel, Glasarmreifen & ein Goldschatz

20fache Vergrößerung einer Fibel aus Gemeinlebarn (Ausstellungsansicht KELTEN)

20fache Vergrößerung einer Fibel aus Gemeinlebarn

Ein Plädoyer gegen uralte, historisch wohl gepflegte Vorurteile gegenüber den „Barbaren“

Geschichtsschreiber der griechischen Antike wie Herodot oder Diodor haben sie erwähnt, die furchterregenden Κελτοί , Gaius Julius Caesar hat sie unter der Bezeichnung Gallier bekriegt, um einen guten Teil ihres Siedlungsgebietes in sein römisches Reich einzugliedern. Die Kelten mussten in den Augen ihrer hochkultivierten mediterranen Zeitgenossen zwangsläufig wie primitive Wilde erscheinen. Sie verfügten kaum über schriftliche Kommunikation, lebten angeblich in einfach gebauten Hütten und hatten den Ruf, wilde Krieger zu sein. Über 2000 Jahre wurden diese Ansichten weitergegeben und gelehrt, ohne je genauer hinzuschauen, wer oder was diese Kelten in Wirklichkeit waren. Peter Trebsche, ein ausgewiesener Fachmann für Ur- und Frühgeschichte, derzeit Professor an der Uni Innsbruck, widerlegt nun in einer Sonderausstellung im MAMUZ unter dem attraktiven Titel „Kelten“ (bis 26. November 2023) überzeugend und vor allem anschaulich etliche dieser hartnäckig tradierten Vorstellungen.

Goldschatz, 2., 1. Jh. v. Chr. gefunden in OÖ

Goldschatz, 2., 1. Jh. v. Chr. gefunden in OÖ

Kopf der Carnyx (Rekonstruktion)

Kopf der Carnyx (Rekonstruktion)

Zuerst geht es um die Frage, ob es die Kelten als solche überhaupt gegeben hat. Tatsache ist, dass in der Eisenzeit in Europa Menschen gelebt haben, die eine ähnliche Kultur verbunden hat. Es handelte sich dabei jedoch um verschiedene Stämme, die sich im Grund nicht als Einheit gefühlt haben und als unabhängige Völkerschaften zwischen den britischen Inseln und dem Balkan ihre Siedlungsgebiete hatten. Erst bei genauem Hinsehen von Archäologen wie eben Trebsche zeichnete sich ein detailreiches Bild ihrer Lebensumstände ab. Jüngst gemachte Funde zeigen uns bereits stattliche Städte, von denen aus ein den Kontinent überspannendes Netz von Handelsbeziehungen gepflegt wurde, und eine Landwirtschaft, die erstaunlich innovativ erscheint.

Es gab den Eisenpflug und für die jeweiligen Bedürfnisse gezüchtete Rassen von Rindern, Schafen, Ziegen und Pferden. Im Bereich Handwerk muss es bereits Spezialisten gegeben haben, die mit differenziertem Werkzeug in Schmieden gewerkt, edle Metalle zu Münzen geschlagen und für die damals schon eitlen Frauen neben aufwändig verzierten Fibeln zerbrechliche Armreifen aus Glas(!) gefertigt haben. Auf Bildschirmen kann man sich überzeugen, welch großartige Leistung die experimentelle Archäologie zur Erforschung dieser Handwerke beiträgt. Grabfunde lassen Schlüsse auf einzelne Personen zu, deren Schicksale in Hörstationen in der Ausstellung aus dem Dunkel der Frühgeschichte herausgehoben werden. Ein unterhaltsames Detail aus der Vergangenheit ist als Hands-on gestaltet: Bei einer Bestattung fanden sich längliche Würfel und eine Art Jetons, die auf eine frühe Spielsucht des Verstorbenen hindeuten, der sich hier Mutige mit einem Wurf zu ihrer Zukunft anschließen dürfen. Den Abschluss machen martialische Töne aus der Carnyx, einer Kriegstrompete, mit der bereits Troubadix – im Verein mit Gesang und Zauberertrank – römische Legionen in die Flucht geschlagen hat.

Bronzekanne mit kleeblattförmiger Mündung und Darstellung des Gottes Amor am Griff

Bronzekanne mit kleeblattförmiger Mündung und Darstellung des Gottes Amor am Griff

KELTEN im Mamuz (Ausstellungsansicht)

KELTEN im Mamuz (Ausstellungsansicht)

Begleitend zur Schau ist das Buch „Die Kelten im Weinviertel“ (Edition Winkler-Hermaden) erschienen. Der österreichische Prähistoriker Ernst Lauermann berichtet darin „Von Kriegern, Heiligtümern und Druiden“ und stellt damit der Leserschaft in einer gekonnten Mischung aus wissenschaftlicher Exaktheit und dem Laien verständlicher Sprache das Leben und Wirken unserer Urahnen in der Latènezeit vor.

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