Kultur und Weindas beschauliche MagazinBESUCH BEI MISTER GREEN bringt traditionelle Sturheit ins Wanken
Mister Green und Ross Gardener sind Juden. Beide wohnen in New York City und hätten sich trotzdem nie getroffen, wäre Mr. Green nicht vor das Auto von Ross gelaufen. Bei diesem Unfall ist glücklicherweise nichts passiert, zumindest nicht dem alten Herrn Green, der dadurch lediglich zu Sturz gekommen ist. Ross hingegen erhielt eine – bei uns würde man sagen – Diversion, weil er zu schnell unterwegs war. Ihm wurde vom Richter ein Sozialdienst aufgebrummt. Er muss eine Zeit lang sein „Opfer“ einmal in der Woche besuchen, ihm Essen bringen, in der Wohnung aufräumen und ähnliche kleine Hilfen leisten. Für den US-Autor Jeff Baron war diese Situation Ausgangspunkt für eines seiner erfolgreichsten Theaterstücke. „Besuch bei Mister Green“ behandelt in relativ kurzer Zeit (eine Stunde und 20 Minuten) eine ganze Reihe von Themen mit beachtlichem Tiefgang. Sie zwingen geradezu zum Nachdenken; über das Schwulsein, über Einsamkeit im Alter und vor allem über die Sturheit, die so manches Dasein mit Verbitterung erfüllt.
Peter Josch und Anatol Rieger sind keine Juden. Aber sie spielen überaus glaubhaft zwei im Grund höchst unterschiedliche Juden. An dieser Stelle ist die erste Frage angebracht: Was unterscheidet Juden von anderen Menschen? Ganz ehrlich: Nichts. Zumindest äußerlich. Schminke oder andere verpönte Formen kultureller Aneignung sind damit unnötig. Es genügt, wenn Peter Josch gekonnt dezent jiddelt. Sein Mr. Green ist zwar schon in den USA geboren, dessen Eltern mussten jedoch vor grausamer Unterdrückung dorthin fliehen. Sie haben ihm den strengen Glauben an ihre Herkunft mitgegeben. Er selbst hat sich nie von den hergebrachten Traditionen nur einen Zentimeter getrennt. Es führt so weit, dass er für die Tochter Rachel, die einen Goi geheiratet hat, das Kaddisch spricht.
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