Kultur und Weindas beschauliche MagazinDie Meisstersinger von Nürnberg, Ensemble, Bühne © Kirsten Nijhof DIE MEISTERSINGER VON der Satyr-Spielzeug-Stadt NÜRNBERG
Wo sonst als in Leipzig sollte man Richard Wagner besser kennen?! Schließlich ist er ein Sohn der Stadt, dortselbst am 22. Mai 1813 geboren. Der Schöpfer von schicksalhaften Tragödien wie Tristan und Isolde oder einem vor mythologischer Erhabenheit triefenden Ring des Nibelungen besaß auch genug Humor, seine deutschen Landsleute mit sanfter Ironie auf die Bühne zu stellen. Mit einer durch und durch klaren Musik, aufbauend auf die reine fallende Quart und mitreißend melodiösem Aufstieg, setzte er in der komischen Oper, bzw. dem Satyrspiel „Die Meistersinger von Nürnberg“ ihnen und ihrer musischen Beflissenheit ein vielschichtiges Denkmal. Es mögen die Zeiten über das pedantische Regelwerk des Meistergesangs hinweggezogen sein, geblieben ist der Reiz dieser Rückschau in eine verklärte Vergangenheit, die von Wagner warmherzig hinterfragt und nicht zuletzt mit seinem Werk zeitlos gemacht wurde.
Wenn dazu ein Regisseur wie der Engländer David Pountney seine Sicht der Dinge in Bühnebild und Ensembleführung addiert, dann entsteht genau dieser Schwebezustand, der über die gesamte Dauer von fünf-dreiviertel Stunden (mit zwei Pausen) keine Sekunde lang ein Wegschauen und mit Ulf Schirmer am Pult des Gewandhausorchesters ein Weghören erlaubt. Auf der von Leslie Travers und einer bekannt soliden Technik (man denke nur an das sensationelle Geisterschiff beim Fliegenden Holländer) geschaffenen Bühne steht im Zentrum eines antiken Amphitheaters die Stadt Nürnberg, klein wie Spielzeug und später noch einmal geschrumpft als „Begrünung“ auf dem Dach von Sachsens Werkstatt. Alles zusammen bietet jedoch genügend Platz, um das Volk über die gesanglichen Qualitäten der einzelnen Kandidaten abstimmen zu lassen. Bei einem derart weiten zeitlichen Rahmen stört es nicht, wenn die Kostüme (Marie Jeanne Lecca) zwischen Reformationszeit und Gegenwart abgemischt sind.
Immerhin ist als Preis des Wettsingens Fräulein Eva, Tochter des Goldschmiedes Veit Pogner (mit mächtig schwarzem Bass: Sebastian Pilgrim) ausgelobt. Um zwei junge Leute dazumal heiraten zu lassen, waren, wenn man diversen Operntexten glaubt, derartige Proben an der Tagesordnung. Voraussetzung für die Teilnahme war das Meisteramt. Genau in diesem Punkt mangelt es aber bei Walther von Stolzing. Er ist ein verarmter Junker, der zwar eine unglaublich poetische Ader besitzt und diese auch in Gesang umsetzen kann, darüber hinaus Eva innig liebt, aber eben mit den Regeln des Meistersangs nicht vertraut ist. In Leipzig kämpfen Elisabet Strid und Magnus Vigilius um ihre gemeinsame Zukunft. Die beiden verfügen über alle die Eigenschaften, die ein Traumpaar ausmachen würde; in erster Linie große Stimmen und gutes Aussehen. Magnus Vigilius (Stolzing), James Rutherford (Hans Sachs), Ensemble © Kirsten Nijhof Wäre da nicht der Merker, besser bekannt als Sixtus Beckmesser, der ebenfalls um die Hand des Evchens singen will. Wer ihn kennt, weiß dass Matthias Hausmann ein wunderbarer Bariton ist; am Premierentag jedoch musste aufgrund von Stimmproblemen an der Seite Ralf Lukas den Gesangspart übernehmen. Hausmann war auf sein schauspielerisches Talent reduziert, das er aber überwältigend komisch umsetzte. Fast hat man Mitleid, wenn ihm der Lehrbub David (Matthias Stier) im Zuge der sehenswerten Rauferei im Finale des zweiten Aktes schmerzhafte Blessuren zufügt und er am Ende vor dem Spott der Zuhörer fliehen muss. Aber man darf eben nicht so dumm sein und der falschen Dame ein Ständchen geben, in diesem Fall Magdalene (Kathrin Göring), die anstelle von Eva am Fenster Platz genommen hat. Nur ein einziger kann die Meister mit ihren durchwegs nicht zu verachtenden Stimmen von der Qualität des Neuen überzeugen, das mit Stolzing Einzug halten soll. Hans Sachs (der beeindruckende Bassbariton James Rutherford) hat erkannt: „Kein Regel wollte da passen, und war doch kein Fehler drin.“ Man spürt deutlich das Lächeln Wagners, wenn er die Kontrahenten mit seinen eigenen musikalischen Ideen aufeinander prallen lässt und Walther von Stolzing eine Arie geschenkt hat, bei der auch dem verstocktesten Traditionalisten das Herz aufgehen muss. DER RING DES NIBELUNGEN Zu Wagner nach Leipzig
In Leipzig, wo man heuer den Ring zu Ehren des großen Sohnes (Wagner wurde am 22. Mai 1813 hier geboren) erfolgreich produziert hat, sind alle diese Voraussetzungen im besten Maße erfüllt. Am Pult steht Ulf Schirmer, ein Routinier, der bereits in den bedeutendsten Opernhäusern, so auch in der Staatsoper Wien als Hausdirigent, gewirkt hat. Geleitet wird von ihm das Leipziger Gewandhausorchester, dessen Mitglieder auch mit den schwierigsten Passagen spielend fertig werden und die klanglichen Intentionen ihres Dirigenten umzusetzen vermögen. Die Gesangssolisten wechseln immer wieder ab. Auch große Interpreten sind dem Markt unterworfen.
Dazu zählen auch Regieideen wie eine Stehlampe und das Fahrrad in Mimes Schmiede oder der weiße Flügel, auf dem nicht gespielt wird. Es handelt sich dabei erstaunlicherweise um die Aufbahrungsstätte des toten Siegfrieds. Beeindruckend gelöst ist hingegen der Wurm, der als überlebensgroßer, wabbernder Fafner aus dem Untergrund auftaucht und damit die monströse Hilflosigkeit dieser Schreckensgestalt unterstreicht.
Der Ring des Nibelungen ist ein hehres Werk und Richard Wagner hätte sich jeden Scherz dazu verbeten. Er musste aber schon zu Lebzeiten Kritik einstecken, vor allem zu seiner Sprache, die ihre Altertümlichkeit mit Alliterationen zu gewinnen versucht. Er musste auch damit leben, dass die Handlung zwar tiefsinnig ist, aber in ihrer bedingungslosen Heldentümelei ungewollte Komik birgt.
DAS RHEINGOLD Vorabend des Untergangs eines Vertragsbrüchigen
In den lichten Höhen der Götter hat derweil Wotan von den beiden Riesen Fasolt und Fafner einen Palast erbauen lassen; allerdings mit dem Versprechen, ihnen nach getaner Arbeit dafür Freia zu geben. Gerade diese Göttin ist aber für die ewige Jugend zuständig, indem sie goldene Äpfel pflegt, die ihre Mitgötter vor dem Altern schützen. Also was tun, ohne die Abmachung zu brechen? Für Wotan eine besonders peinliche Situation, da er mit dem Schaft seines Speeres der Hüter der Verträge ist. Rat weiß wie immer der listige Loge, der für das Feuer zuständig ist. Mit einem Trick lässt sich von Alberich Hort und Ring besorgen und damit Freia zurück kaufen. Der Fluch, der auf der Preziose liegt, erfüllt sich an Ort und Stelle, wenn Fafner Fasolt erschlägt und, nicht unwichtig für die folgenden drei Abende, die Tarnkappe mit sich nimmt. Fürs erste darf also nach Donners Einsatz ein Regenbogen als Brücke nach Walhall dienen und Wotan seine Frau Fricka einladen, ihm dorthin zu folgen. Die Jammerei der Rheintöchter, dass es traulich und treu nur in der Tiefe sei, ist zwar beeindruckend, wird aber von den Göttern nur belächelt.
Wo anfangs Alberich auf wässriger Oberfläche herumrutscht, wird später eifrig am Ring geschmiedet und gleich darauf von den lichten Göttern mit den Riesen knallhart verhandelt. Damit kennt man sich aus und weiß genau, wo man gerade ist, ob im Wasser, ob tief unten bei den schwarzen Alben oder am Fuße von Walhall, zu dem im Finale Neonröhren in angedeuteten Regenbogenfarben feierlich empor führen.
Ulf Schirmer und das Gewandhausorchester sind ein Garant für große Wagnerische Klänge, die Leipzig ihrem großen Sohn schuldig ist. Es werden alle die Farbnuancen dieser Musik liebevoll herausgearbeitet, bis das Orchester mit der Wucht eines Tutti überwältigende Naturerscheinungen als meisterliche Großgemälde ausführt. Dennoch wird auf die Sänger große Rücksicht genommen. Man freut sich, Dan Karlström als Mime am dritten Tag wieder zu hören, ebenso Tuomas Pursio als einen Wotan ohne Augenbinde. Ein mächtiger Donner ist Anooshah Golesorkhi und ein blonder hellstimmiger Froh mit Golfschläger Sven Hjörleifsson. Martin Winkler wird als Alberich bekanntlich übel mitgespielt, das Mitleid hält sich aber in Grenzen. Sowohl die Rheintöchter (Woglinde: Magdalena Hinterdobler, Weilgunde: Sandra Maxheimer, Flosshilde: Sandra Fechner) als auch Loge, dem Thomas Mohr alle Verschlagenheit der Welt angedeihen lässt, dürfen mit dieser Kreatur ihre Scherze treiben. Fricka wird zur eleganten Göttergattin durch Kathrin Göring.
DIE WALKÜRE Die Angst der Götter vor dem Wälsungenblut
Richard Wagner beweist in dieser Szene ungemein viel Humor. Er lässt die beiden Götter ganz menschlich streiten und den Herrn Wallhalls nach einer Gardinenpredigt einknicken. Die Lebensbeichte des selten treuen Göttergemahls ist eine der aufschlussreichsten Passagen dieser Oper. Wie soll sich Brünnhilde da noch auskennen? Da ihr der Halbbruder Siegmund von Natur aus mehr am Herzen liegt als Hunding, ergreift sie glatt die falsche Partei. Wotan kann nur mehr durch Einsatz seines Vertragsspeeres den Kampf entscheiden. Zu Bruch geht dabei Nothung, das Schwert, das er höchstpersönlich in eine Esche gesteckt hat, aus der es nur Siegmund herausziehen kann.
Am Anfang des dritten Akts ist es endlich so weit, die Walküren mit ihrem wilden Ritt über die Bühne toben zu lassen. Die Musik ist bekannt, aber ein ganz besonderes Erlebnis, wenn man sie wie in Leipzig direkt aus dem Orchestergraben in vollem Tutti hört und spürt.
Freilich hat Richard Wagner wesentlich mehr und tiefere Weisheit in seinem Ring verpackt, als hier angedeutet werden kann. Die eigentliche Botschaft vermittelt dem Zuhörer weniger der Text mit seinen Alliterationen, die mancherseits respektlos komisch empfunden werden. sondern die Musik, die durch das Anklingen der Leitmotive und deren jeweilige Verarbeitung Gefühle, Stimmungen und Gedanken andeutet. In der Walküre erteilen warme und weiche Akkorde der Blutschande die Absolution und schieben die Schuld auf den Wonnemond, der nicht nur auf Sieglinde unwiderstehlich wirkt. Was für ein derber Lackel dieser Hunding (Randall Jakobsh) ist, machen die rauen Stierhörner klar, mit denen er seine Hunde ruft und die hinter der Szene mit ihrem Staccato erklingen. Die stimmgewaltigen Walküren (Gerhilde: Gabriela Scherer, Ortlinde: Magdalena Hinterdobler, Waltraute: Monica Mascus, Schwertleite: Sandra Fechner, Helmwige: Daniela Köhler, Siegrune: Sandra Maxheimer, Grimgerde: Karin Lovelius, Rossweisse: Sarah Alexandra Hudarew, Grane: Ziv Frenkel) müssen ihren Ritt nicht unbedingt hoch zu Ross absolvieren.
SIEGFRIED ohne Respekt vor dem göttlichen Großvater
Darum geht es nun in Siegfried, das mit einem seltsamen Familienidyll beginnt. Der hinterlistige, aber patscherte Mime, der Bruder des Zwergen Alberich, ist der Ziehvater des heranwachsenden Kraftlackels und sieht in diesem die Chance, an Ring, Tarnkappe und Goldschatz zu kommen. Diese Wertgegenstände werden derzeit noch von Fafner als Wurm sicher bewacht. Siegfried seinerseits hält überhaupt nichts von seinem Ernährer, dem er überdies noch beweist, dass er der bessere Schmied ist. Nur er schafft es, die Trümmer von Nothung wieder zu einer optimal funktionierenden Waffe zu schmieden. Dan Karlström als Mime jubelt mit hellem Tenor, erfreulicher Textverständlichkeit und subtiler Komik seine Bosheiten hinaus, die Michael Weinius als Siegfried versteht, weil er vom Drachenblut gekostet hat. Mit seiner überzeugenden Stimme lässt er vergessen, dass er älter als sein Ernährer ist. Wotan, der nun als Wanderer auftritt, ist Simon Neal, eine Erfurcht gebietende Erscheinung mit einem dem Gott würdigen Bariton.
Dieser furchtbaren Truppe gegenüber stehen der furchtlose Siegfried und das Waldvöglein, das von Sandra Lommerzheim reizend getanzt und von Bianca Tognocci wahrhaft lieblich gesungen wird. Chapeau auch dem Hornisten, der hinter der Szene mit dem virtuosen Siegfriedsruf den Wurm herauslockt, während Siegfried vorne mit einem Kuhhorn so tut als ob. Mime, dessen schnöder Plan mit dem Schlaftrunk nicht aufgeht, wird übrigens von Siegfried kurzerhand umgebracht. Die Schätze gehören damit dem jungen Helden, der aber noch keine Ahnung hat, was er damit anfangen soll.
Es ist nun an der Zeit, die schlafende Walküre zu wecken. Zuvor geht Wotan noch seiner Lieblingsbeschäftigung nach und legt auch Erda, die nicht so weissagen will wie er es sich vorstellt, in einen ewigen Schlaf. Nach all den Erlebnissen, die Siegfried bis dahin furchtlos bestanden hat – unmittelbar zuvor hat er im Vorbeigehen noch Wotans Speer und damit dessen Macht zerschlagen –, erwischt nun auch ihn der Schrecken. Beim Aufschneiden von Brünnhildes Brünne und angesichts eines Busens entdeckt er mit ihm ungewohnten Entsetzen: „Das ist kein Mann!“
GÖTTERDÄMMERUNG Das brausende Ende von Wallhall und seinen Helden
Das damit verhängnisvolle Schmuckstück ist beim Abschied Siegfrieds (Thomas Mohr) an Brünnhilde (Iréne Theorin) als Morgengabe übergegangen. Die Rheintöchter (Magdalena Hinterdobler, Sandra Maxheimer, Sandra Fechner) beschwören sie zwar, ihnen den Goldreif zu überlassen, aber wie eine liebende Frau eben reagiert, will sie sich nicht vom Liebesbeweis ihres Mannes trennen. Der Fluch wird umgehend wirksam, und zwar auf eine mehr als grausame Weise. Er führt zum Tod von Siegfried und ihr und schließlich zum Ende der Götter und der Welt.
Der eher schwächliche Gunther ist einverstanden. Er steht es sich nämlich auf Brünnhilde, die zwar alles andere als seine Kragenweite ist, mit der sich aber großartig Staat machen ließe. Man geht kurzerhand zur Sache. Kaum ist Siegfried eingetreten, schluckt der arglose Depp auch schon den Trunk des Vergessens. Sein Gedächtnis ist gründlich gelöscht, denn er lässt sich von Gunther sogar dazu einspannen, in dessen Gestalt (mittels Tarnkappe) den Flammenring zu durchdringen und die kräftige Walküre zu freien. Siegfried entreißt ihr dabei den Ring und steckt ihn unvorsichtigerweise an seinen eigenen Finger. Das Unlogische daran ist bis jetzt kaum noch einem Wagnerfan aufgefallen. Was hat Brünnhilde noch auf ihrem Felsen verloren? Siegfried hat sie doch längst befreit und dabei wohl auch die Flammen gelöscht. In der Götterdämmerung lodern sie aber noch frisch fröhlich, obwohl sie auch die Walküre Waltraute (Karin Lovelius) nicht hindern, zu Brünnhild vorzudringen und ihr mit dramatischem Mezzosopran vom miserabeln Zustand auf Walhall zu berichten. Um die Burg türmen sich die Scheiter der zu Brennholz zerkleinerten Weltesche. Der Lohn für deren Überwinder muss also neuerlich ausbezahlt werden. Brünnhilde sollte nun Gunther heiraten. Der Einwand, dass Siegfried das kriegerische Mädchen nicht entjungfert hat, schlägt fehl.
Hätte Wagner seine Personen schlüssig handeln lassen, wäre ihm jedoch die Gelegenheit zu ganz großer Musik verwehrt geblieben. Der Trauermarsch, mit dem der bei der Jagd erstochene Held aus dem deutschen Wald abtransportiert wird, ist in seiner tragischen Intensität eventuell noch mit dem zweiten Satz der Eroica von Ludwig van Beethoven zu vergleichen, sonst aber steht er mit seinen wuchtigen Schicksalsschlägen einzigartig da. Ergreifend ist auch die Klage Brünnhildes am Katafalk (ein weißer Flügel), auf dem Siegfried zur Verbrennung aufgebahrt ist. Sie erkennt ihren Irrtum, überlässt den Rheintöchtern den Ring und geht in den Flammen mit ihrem Geliebten in den Tod.
DER FLIEGENDE HOLLÄNDER auf dem Wahnsinns-Geisterschiff
Seit der Uraufführung 1843 stellen der Seesturm, die Liebe von Senta und die gruselige Show der toten Mannschaft des Holländers eine Herausforderung für die besten Regisseure dar. Gleichzeitig erfordern die Solopartien ausgezeichnete Sänger, die sich auch gegen ein üppig besetztes Orchester mit dem typischen Wagner-Sound durchsetzen können. Wenn das alles zusammenpasst, steht einem tief beeindruckenden Opernabend nichts mehr im Wege.
Ulf Schirmer leitet das Leipziger Gewandhausorchester und hat damit einen Klangkörper zur Verfügung, der mit den nicht unkomplizierten Wagnerianischen Kompositionen – man möchte fast sagen – spielerisch fertig wird. Die Abstimmung von dominierend tiefem Blech, Holz und Streichern ist absolut gelungen und lässt keine Wünsche offen. Chor und Zusatzchor der Oper Leipzig stellen das Personal für wuchtige Männerstimmen, die gefährlich hoher See ebenso trotzen, wie die Damen, die an ihren Spinnrädern mit wohligem Gruseln die Sage vom verdammten Kapitän besingen. Senta, die um keinen Preis der Welt das Bild dieses geliebten Mannes aus der Hand geben würde, ist Christiane Libor, ein dramatischer Sopran mit überwältigender Höhe. Das müsste auch der Jägerbursch Erik mitkriegen. Ladislav Elgr mit hübschem Tenor setzt dennoch alles dran, das Mädchen zu gewinnen, vor allem, um es dem ihm verhassten Gespenst abzujagen. Der Steuermann Dan Karlström hat es diesbezüglich weniger schwer. Mit seinem fröhlichen Naturell, einem Geschenk, das er mit dem Südwind gebracht hat, und nicht zuletzt mit seiner strahlenden Stimme, so darf man annehmen, dürfte er es beim anderem Geschlecht wesentlich leichter haben. Dass Mary (Mezzosopran Karin Lovelius) mit einer Augenbinde a la Mosche Dajan ihre Warnungen vor unüberlegter Liebe abgeben muss, birgt ein charmantes, aber ungelöstes Geheimnis.
Es gibt also ein Menge zum Nachdenken, auch über dieses Seemannsgarn, dem der Regisseur im dritten Akt noch eins draufsetzt. Die Mannschaft des Holländers, die ja an sich schon tot ist, wird zum Fest geladen, bei dem der Steuermann die Wacht halten soll. Irgendwann erheben sich die Zoombies, wanken zurück ins Dunkel und erscheinen mit ihrem Schiff.
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