Kultur und Weindas beschauliche MagazinMolière, Ensemble © Sophie Wiegele MOLIÈRE durch die Augen des Kollegen Bulgakow
Wie Clowns gewandete Gestalten kullern chaotisch unter dem Vorhang heraus, begleitet von einer Theaterkapelle, treiben ihre Späße und singen abwechselnd Mozarts Arie „Reich mir die Hand, mein Leben“. Wäre nicht diese gut 100 Jahre später entstandene Melodie, es könnte sich um das Ensemble auf der Bühne des Palais-Royal Mitte des 17. Jahrhunderts handeln. Aber bereits das Gendern mit akustischem Binnen-I im gesprochenen Text verrät, dass in der Zeit frei hin und her gesprungen wird. Michail Bulgakow (1891-1940) hat seinerzeit diese „Komödie“ über den französischen Satiriker Molière auf die Zustände in der Sowjetunion und auf „König“ Stalin gemünzt, was für Regisseur Michael Sturminger den Auftrag bedeutete, diese bitterböse Farce auch für die Gegenwart zu aktualisieren. Entstanden ist jedoch keineswegs politisches Kabarett, sondern ein Stück zum Nachdenken, inwieweit pointierte Kritik an der Macht, das berühmte Kratzen am Heiligenschein der Scheinheiligen, die eigene Person beeinträchtigen kann. Molière wird schlussendlich zwischen Kirche und Thron aufgerieben; der Grund dafür: Tartuffe, der frömmelnde Parasit, in dem sich der Erzbischof von Paris zu deutlich erkannt hat. Wojo van Brouwer jubelt und leidet als Jean-Baptiste Poquelin de Molière, dem der Sonnenkönig Ludwig XIV. (Michou Friesz) begeistert applaudiert. Der König liebt die Spitzen, die in den Stücken seines Favoriten auf die Gesellschaft um ihn herum abgefeuert werden. Erst als der Erzbischof (Birgit Stöger) mit einem gewaltigen Intrigenspiel ansetzt und dem Dichter eine Todsünde nachweist – Molière hätte seine eigene Tochter geheiratet und mit ihr ein Kind gezeugt – muss sich auch Ludwig XIV. von seinem Günstling zurückziehen. Schuld daran ist der Vernaderer Zacharie Moyron (Milena Arne Schedle), Adoptivsohn des Dichters und Verführer von dessen junger Frau.
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