1000 Jahre Weinkultur an der Salzach bieten einiges an Überraschungen
„Bier in Salzburg? Ja, natürlich, was für eine Frage“, mit diesem malzigen Satz beginnt eine launig ausführliche Lesereise zum Wein in der Mozartstadt. Die beiden Historiker Gerhard Ammerer und Harald Waitzbauer haben ein Herz für gesellige Genüsse und haben dieses in eine Reihe von Publikationen zu Institutionen wie die Wirtshäuser oder eben die Bier- und Braukultur in ihrer Heimat gelegt. Warum sollte dann der Wein fehlen? Was wäre ein zünftiger Wirt ohne den Rebensaft, der zwar seit ewigen Zeiten mühsam importiert werden muss, aber um nichts weniger von seinen Gästen begehrt wird?
Die Autoren begaben sich also auf die Suche und haben mit dem Buch „Bacchus in Salzburg“ (Verlag Anton Pustet) eine Arbeit vorgelegt, die von ihrem Interesse weit über Stierwascher und Festspielbesucher hinausgeht. So erzählt gleich zu Beginn Gerhard Ammerer unter dem Motto „Vivat Bacchus, Bacchus lebe!“ von einer epochalen Cosi-fan-tutte-Aufführung in den 1970er-Jahren und führt uns mitten hinein in die glitzernde Anekdotenwelt um Stars wie Karl Böhm, Gundula Janowitz oder Hermann Prey. Dass er einen zumindest in seinen Augen wesentlichen Beitrag zu diesem Erfolg geliefert hat, wird nicht verschwiegen. Im Auftrag des Regisseurs besorgte er besonders wohlklingende Gläser, die durch Anstoßen der wieder versöhnten Paare im Finale eine kurze Gesangspause füllen sollten. Wie das Publikum aus der ganzen Welt in die Festspielstadt strömt, so kam und kommt auch der Wein „Aus aller Herren Länder“. In etlichen Kapiteln wird über die Herkunft des Weins referiert und damit ein historischer Abriss der großen Vergangenheit klösterlicher und fürsterzbischöflicher Vorlieben für den Osterwein (aus der Wachau und Wien), den Marchwein aus der Steiermark und etlichen anderen Weinbaugebieten Europas erzählt. Jahrhunderte alte Rechungen und Aufzeichnungen werden angeführt und in die Illustration eingefügt, um auf anschauliche Weise die penible Recherche zu beweisen.
Sogar ein an sich mit dem Wein vertrauter Leser wird Neuigkeiten erfahren, nicht nur über den Weinskandal, der sich bis Salzburg ausgewirkt hat, sondern auch über Winzer, die den Mut aufbringen, in einem nicht sonderlich vorteilhaften Klima rund um die Stadt Wein anzubauen.
Es wird seit Jahrhunderten tapfer gekeltert und schließlich sogar heroisch getrunken. Als potentieller Besucher findet man überdies in einer Tour de Vin eine Auflistung empfohlener Weinlokale, die einen guten Tropfen garantieren. Dass bei dieser Gelegenheit der Blick in die Vergangenheit gerichtet wird, ist ein Extra-Achtel, das man amüsiert genießen kann, wenn es einem auch nichts angeht. So garantiert die Geschichte des deutschen Prälaten Johannes Fugger ein Schmunzeln. Verbunden ist sie mit dem ersten Italienischen Weinlokal mit dem Namen „Est Est Est“ in der Festungsgasse, der an den Messwein besagten Kirchenfürsten erinnerte, der sich daran „Zu Tode getrunken“ haben soll. Mit etwas Aufmerksamkeit trifft man Bacchus auch persönlich, so in den Schlossgärten von Mirabell und Hellbrunn oder am Regal einer Vinothek in der Griesgasse. Allen diesen Darstellungen ist der „Triumph des Bacchus“ anzusehen, der nicht nur 1617 den Fasching eingeleitet hat, sondern auch zu jeder Zeit und in allen Lebensbereichen dieser wunderschönen Stadt spürbar war und ist.
EUROPÄISCHES WEIHNACHTSKOCHBUCH für den grenzenlosen Festschmaus
Palneni chushki s oriz aus Bulgarien, Zurek aus Polen und Gubana aus dem Friaul
„Frieden auf Erden allen Menschen“ ist die himmlische Botschaft zu Weihnachten, die von uns Irdischen in diesen gesegneten Tagen gerne mit „Beim Essen und Trinken kommen d´Leut z´samm!“ interpretiert wird. Wir haben uns längst daran gewöhnt, dass wir ohne Reisepass durch unseren Kontinent brausen können und im überall auf Landsleute im weiteren Sinne, also auf Europäer treffen. Das Schöne daran, jede der Nationen hat sich dennoch ihre Eigenart bewahrt, die sich am freundlichsten und appetitlichsten beim Essen ausdrückt. Häferlgucken und nach dem Rezept fragen ist erlaubt, wenn man sich die genussvollen Eindrücke mit nach Hause nehmen will. Als Hilfe für alle risikobereiten Damen und Herren an den heimischen Herden ist im Verlag Anton Pustet in Salzburg dazu nun ein Buch mit dem Titel „Europäisches Weihnachtskochbuch“, Autor Taliman E. Sluga, erschienen.
Der Österreicher ist Experte für Kochbücher, was sich auch darin abzeichnet, dass er Initiator der seit 2011 jährlich stattfindenden Kochbuchmesse Graz und des Österreichischen Kochbuchpreises Prix Prato ist. Sluga hat sich in den Küchen von der iberischen Halbinsel bis ins Baltikum, vom Peloponnes bis Skandinavien umgesehen und weihnachtliche Rezepte, Bräuche und Spezialitäten entdeckt, in nachkochbarer Weise aufgeschrieben und vor allem wunderschön bebildert.
Egal, wo man in diesem Buch Station macht, findet man einen vollständigen Menüvorschlag. Beispielsweise schnabuliert man in Finnland zur Eröffnung des Festmahls einen Sillisalaati (finnischer Heringsschmaus), dem ein Joulukinkku (Weihnachtsschinken mit Steckrüben-Karotten-Auflauf) folgt, um mit Ingwerkeksen einen süß-pikanten Abschluss zu finden.
In Kroatien ist der erste Gang ebenfalls Maritim: Buzara (Meeresfrüchte). In Luxemburg hingegen liebt man es gleich deftig und serviert Träipen (Blutwurst mit Erdäpfelpüree und Apfelmus). Die Schweizer wiederum tun´s nicht unter feinen Pastetli mit Kalbfleisch-Champignon-Füllung, um dem Christtag kulinarisch die Ehre zu geben. Für die Hauptspeise lohnt sich sogar ein Blick nach Großbritannien, wo man Gebratenes Roastbeef mit Rosenkohl, Braterdäpfel und Remouladensauce verzehrt. Traditionelle Sarma, also Krautrouladen, sind für die Serben ebenso festlich wie Torsk (Dorsch) in Senfsoße für die Norweger. In Zypern wird das große Fressen anlässlich der Geburt unseres Erlösers mit Baklva (süßes Blätterteiggebäck) beschlossen und in Frankreich mit einem aufwändig hergestellten Bûche de Noël (Weihnachtsholzscheit) so richtig eingeheizt, um es an diesem europaweit begangenen Festtag in geselliger Runde auch wohlig warm zu haben.
Taliman E. Sluga: Europäisches Weihnachtskochbuch, Verlag Anton Pustet 2018, ISBN: 978-3-7025-0906-4, Preis € 29,00
SANTO DOMNIGO DE SILOS Kreuzgang der magischen Zahlen
Ein Schlüssel zu den geheimnisvollen Botschaften der Kapitelle
Vielfach können wir die Symbole der Romanik nicht mehr lesen. Man wusste damals bestens Bescheid über die Mystik der Zahlen, jedes Wesen, ob Tier, Mensch oder Monstrum, hatte seine besondere Bedeutung in der Heilslehre und man konnte deren Kombinationen wie Texte oder sogar wie Notenzeilen lesen. Lesenbuch war in vielen Fällen der Kreuzgang eines Klosters. Dieser Ort war abgeschieden von der Welt. Betreten durfte er nur von den Mönchen werden. Das von seiner Ruhe ausgezeichnete Geviert war der Platz für die geistige Betrachtung, der ungestörten Kontemplation zwischen Ora, Beten, und Labora, der Arbeit. Zu beiden verpflichtete sie die Ordensregel des heiligen Benedikt von Nursia, aber auch zum Lege, zum Lesen.
Es lag also nahe, diese erbauliche Tätigkeit durch eine Bildersprache anzuregen, die damals jeder Mönch verstand und täglich vor Augen hatte, wenn er an den Säulenkapitellen des Kreuzgangs vorbei wandelte. Die Botschaften, die sich ihm boten, waren eindringlicher Natur. Hässliche Ausgeburten der Fantasie als Vertreter der Laster warnten ihn vor der Sünde. Diesen gegenüber standen Gestalten himmlischer Schönheit als Botschafter der göttlichen Ordnung mit der Versprechung überirdischen Lohns für das Gott geweihte Leben. Nicht sie haben das Reden verlernt, sondern wir die Fähigkeit, ihnen zuzuhören und sie zu verstehen.
Rainer Straub ist an sich Musiker und Fachmann für Alte Musik und Gregorianik. Aber er ist längst auch Experte für romanische Darstellungen, die für ihn durchaus zu deuten sind und, wie er feststellen durfte, auch mit dem Gesang der Mönche kombiniert werden können. In seinem Buch „SANTO DOMINGO DE SILOS Kreuzgang der magischen Zahlen“ (erschienen im Verlag Anton Pustet) führt er den Leser in dieses spanische Kloster, dessen außergewöhnliches Bildprogramm ihn neugierig gemacht hatte. Er schreibt: Ist es denn wirklich möglich, dass Mönche auf den Kapitellen ihres Kreuzgangs so fantastischen Wesen abbilden ließen, die – bis auf einige wenige – nichts als böse Fratzen, teuflische Wesen, Ausflüsse krankhafter Fantasien darstellten? Man begegnet Harpyien als Mischwesen aus Vogelkörper und menschlichem Kopf, die als verführerische Sirene und Ausgeburt der Hölle teuflisch abstoßendem Antlitz und Bocksfüßen auftreten und sowohl Engel wie auch Dämonen sein können. Es gibt Pfauen mit den Hörnern eines Steinbocks oder Vögel mit Hundeköpfen.
Männer sitzen verkehrt auf ihrem Pferd, um mit Prügel aufeinander einzuschlagen oder verschiedenste Tiere haben sich in einem Geflecht aus Ranken hoffnungslos verfangen. Gleichzeitig wird auf wie in einer Biblia pauperum das von der Bibel überlieferte Heilsgeschehen erzählt. Keine Geste, keine Linie, auch nicht die Anzahl der dargestellten Personen, nichts ist zufällig. Eine Gestalt mit überkreuzten Beinen gilt als wichtiger Zeuge, eine Hand, die nach oben deutet, als Hinweis auf die Göttlichkeit des Erlösers und die Wolke, hinter der Jesus gen Himmel schwebt, als Bezeichnung für das „obere Wasser“, das bei der Schöpfung von den „unteren Wassern“ getrennt wurde.
Im letzten Kapitel beschäftigt sich Straub mit der musikalischen Deutung des Kreuzgangs und wird auch dabei fündig. Symbole stehen für bestimmte Töne, die in der richtigen Reihenfolge gesungen die Melodie der Antiphon zur Vigil des Festes des Santo Domingo de Silos ergeben.
Den diesbezüglich kundigen Mönchen stand also mit jedem Aufenthalt im Kreuzgang die Tonfolge von „Christum Regem“ vor Augen, das sie am 20. Dezember anlässlich des Patroziniums in der Klosterkirche zu Ehren ihres Heiligen sangen. Dem Forscher zur Seite steht durch das ganze Buch hindurch ein junger Mann, der entscheidende Fragen stellt, um sie vom Autor so beantworten zu lassen, dass auch der Leser weiß, wovon die Rede ist. Wenn man auch nicht gleich nach Spanien kommt, um sich an Ort und Stelle mit diesem Buch bewaffnet an die Deutung der Kapitelle zu machen, so findet sich doch ein nützlicher Ansatz, um sich in den wunderschönen, meist gotischen Kreuzgängen unserer heimischen Klöster, die allesamt über ein reiches Bildprogramm verfügen, zumindest ansatzweise zurecht zu finden.