Kultur und Weindas beschauliche MagazinGERALD SZYSZKOWITZ Erinnerungen eines Fernsehspielchefs
Trotz dieser Beschränkung waren sie eine beinahe tägliche Verlockung, sich über das oder jenes im Patschenkino so lange zu ärgern, bis man nach Peter Turrini, Helmut Zenker und Felix Mitterer süchtig war. Heute sind sie allesamt Kult und werden wie köstliche Pralinen dem Publikum zu bestimmten Anlässen feierlich serviert.
Fernsehspielchef des ORF war in diesen großen Tagen mutiger TV-Filme und Serien Gerald Szyszkowitz (ab 1972 25 Jahre lang). Er hat nun sein Leben aufgeschrieben und als Buch nicht zuletzt für alle jene veröffentlicht, die in diesem nunmehr zum Totschlagen der Zeit verkommenen Medium Niveau gesucht und gefunden haben. Er erzählt darin Kapitel um Kapitel den Lesern von einem Leben, das von einer kantigen Meinung und Widerspruchsgeist geprägt war; Charakterzüge, die nicht selten dazu führten, dass sich einem für ein mutiges Programm mehr als aufgeschlossenen Gerd Bacher die getigerte Stirn in Sorgenfalten gelegt hat. Gerald Szyszkowitz hat nicht nur Fremdes produzieren lassen, er hat auch selbst geschrieben, unter anderem Theaterstücke, die ebenfalls das Potential zu kreativer Provokation in sich tragen. Bei dieser Gelegenheit erfährt der Leser von seinen Wanderjahren über deutsche Bühnen, auch in der damaligen DDR, und von seinem (bisher gegen Windmühlen anmutenden) Kampf für Christopher Marlowe als Autor der Shakespeare-Dramen. In der grandiosen Verfilmung des Joseph Roth Romans „Radetzkymarsch“ unter der Regie von Axel Corti stand er sogar selbst vor der Kamera. Als Beweis dafür dient das Titelbild des Buches „Wie man wird, was man sein möchte. Erinnerungen eines Fernsehspielchefs“. Es zeigt Gerald Szyszkowitz im Kostüm mit Bruno Dallansky, Max von Sydow und Corti. Nach seinem Abgang vom Spieltisch der großen Medienorgel am Küniglberg wandte er sich wieder seinen Wurzeln zu und führte zehn Jahre lang die Freie Bühne Wieden. Dort kann man sich bei Premieren (vielleicht sogar von einem seiner Werke), angesetzt von der nunmehrigen Prinzipalin Michaela Ehrenstein, das Buch von ihm persönlich signieren lassen. Erhältlich ist es übrigens im gut sortierten Buchhandel und selbstverständlich im Internet um 22 € unter der ISBN: 978-3-99129-804-5. Gerald Szyszkowitz: Marlowe und die Geliebte von Lope de Vega Liebe und Spionage vom Leben auf die Bühne gestellt
Für Szyszkowitz bieten diese beiden Lebensläufe die wunderbare Gelegenheit, den Leser auf eine Reise nach Madrid Anfang des 17. Jahrhunderts, nach Neapel und von dort weiter nach Venedig und sogar zu einem Kurztrip auf die Bermudas zu führen. Er öffnet die Tore der Palazzi, macht einen mit seinen hochkarätigen Gesprächspartnern aus uraltem italienschem Adel bekannt, aber genauso mit dem einstigen Vizekönig von Neapel und der schönen Agentin Marita, einer Spanierin, die man auf den Engländer in James Bond Manier angesetzt hat. Für Lebendigkeit sorgen die vielen Dialoge, in denen sogar das Stottern von Marlowe und lustiger Weise auch von Cervantes hineingeschrieben ist.
Die Novelle, wie der Autor das Buch bezeichnet, ist neben aller Erzählfreude dennoch eingehend recherchierte Geschichte, wovon man sich in einem Anhang überzeugen kann. Mit penibler Angabe von Jahreszahlen kann dort der historische Hintergrund der davor romanhaft erzählten Handlung zugeordnet werden, vor allem aber auch den Stücken von William Shakespeare, deren Inhalt immer wieder eng mit dem mehr als abenteuerlichen Leben von Christopher Marlowe verquickt ist und die von damals bis heute das Theaterpublikum uneingeschränkt begeistern. Gerald Szyszkowitz: Marlowe und die Geliebte von Lope de Vega Verlag Edition Roesner, Reihe Bybliotheca 2016, ISBN 978-3-903059-11-5, Preis € 24,90 Unerhörte Hypotehesen, kostümiert als spannender RomanHaben weder Shakespeare noch Shakspere den „Hamlet“ geschrieben?
Bereits damals, also vor etlichen Jahrzehnten, wurde im Unterricht gemunkelt, dass Shakespeare nicht Shakespeare, sondern ein Mann gleichen Namens gewesen sein könnte. Es war natürlich witzig gemeint, hatte aber wie jeder Witz offensichtlich einen wahren Kern. Man braucht dazu nur den Ausführungen von Gerald Szyszkowitz zu folgen. Er ist diesem Gerücht nachgegangen, hat penibel recherchiert und seine für jeden Shakespeare-Verehrer unerhörten Erkenntnisse publiziert. Das Ergebnis ist allerdings nicht, wie vielleicht erwartet, eine angreifbare wissenschaftliche Abhandlung. Vielmehr wurde es, wie es sich für einen Theatermann wie Szyszkowitz geziemt, gekonnt belletristisch geschminkt und kostümiert, bevor es unter dem Titel „Das falsche Gesicht“ als spannend zu lesender Roman auf dem Buchmarkt auftreten durfte (Edition Roesner, 2015).
Szyszkowitz führt seine Leser in die Zeit von Elisabeth I., der „jungfräulichen“ Königin. Sein Held ist Christopher Marlowe, ein Mann mit hellem Geist und enormem Talent zur Dichtung. Marlowe wurde 1564 in Canterbury geboren und starb laut offiziellen Angaben 1593 aufgrund bis heute umstrittener Ursachen. Ist Marlowe damals tatsächlich ums Leben gekommen? Wenn nicht, hat er, nachdem er umständehalber offiziell für tot erklärt worden war, unter dem Namen William Shakespeare weiter geschrieben? Szyszkowitz hat sich diesbezüglich auf viele Seiten hin abgesichert, wenn er mit Überzeugung und Mut die Meinung vertritt, dass William Shakespeare, oder Shakspere, wie sein Strohmann mit bürgerlichem Namen geheißen hat, in Wirklichkeit Christopher Marlowe selber war, der den „Hamlet“ und alle die anderen Werke eines der bedeutendsten Dichter der Literaturgeschichte verfasst hat. Statistik |