Kultur und Wein

das beschauliche Magazin


GERALD SZYSZKOWITZ Erinnerungen eines Fernsehspielchefs

GERALD SZYSZKOWITZ Wie man wird, was man sein möchte Cover

Wie man wird, was man sein möchte – ein Erfolgsbericht

Wehmütige Nostalgie möcht´ einen erfassen, wenn man nach nachmittäglicher Lektüre der Biographie von Gerald Szyszkowitz das TV-Programm nach eventueller Abendunterhaltung durchforstet. Zur Auswahl steht ein Einheitsbrei aus halblustigen Serien, schwachbrüstigen Dokus, wenig expertenhaften Diskussionen und B-Movies, die allesamt nicht zum Hinsetzen vor die Glotze inspirieren. Als ein in die Jahre gekommener Konsument von Unterhaltung per Bildschirm (gemeint ist damit nicht der des eigenen PC) vermisst man das Streitbare, das nach der Sendung von Produktionen wie Kottan, Alpensaga oder dem Dreiteiler über unseren Franz Schubert noch am nächsten Tag die Gespräche beim Morgenkaffee beherrscht hat. In den 1970er- und 80er-Jahren standen dem österreichischen TV-Konsumenten gerade einmal zwei ORF-Programme zur Verfügung.

Trotz dieser Beschränkung waren sie eine beinahe tägliche Verlockung, sich über das oder jenes im Patschenkino so lange zu ärgern, bis man nach Peter Turrini, Helmut Zenker und Felix Mitterer süchtig war. Heute sind sie allesamt Kult und werden wie köstliche Pralinen dem Publikum zu bestimmten Anlässen feierlich serviert.

 

Fernsehspielchef des ORF war in diesen großen Tagen mutiger TV-Filme und Serien Gerald Szyszkowitz (ab 1972 25 Jahre lang). Er hat nun sein Leben aufgeschrieben und als Buch nicht zuletzt für alle jene veröffentlicht, die in diesem nunmehr zum Totschlagen der Zeit verkommenen Medium Niveau gesucht und gefunden haben. Er erzählt darin Kapitel um Kapitel den Lesern von einem Leben, das von einer kantigen Meinung und Widerspruchsgeist geprägt war; Charakterzüge, die nicht selten dazu führten, dass sich einem für ein mutiges Programm mehr als aufgeschlossenen Gerd Bacher die getigerte Stirn in Sorgenfalten gelegt hat. Gerald Szyszkowitz hat nicht nur Fremdes produzieren lassen, er hat auch selbst geschrieben, unter anderem Theaterstücke, die ebenfalls das Potential zu kreativer Provokation in sich tragen. Bei dieser Gelegenheit erfährt der Leser von seinen Wanderjahren über deutsche Bühnen, auch in der damaligen DDR, und von seinem (bisher gegen Windmühlen anmutenden) Kampf für Christopher Marlowe als Autor der Shakespeare-Dramen. In der grandiosen Verfilmung des Joseph Roth Romans „Radetzkymarsch“ unter der Regie von Axel Corti stand er sogar selbst vor der Kamera. Als Beweis dafür dient das Titelbild des Buches „Wie man wird, was man sein möchte. Erinnerungen eines Fernsehspielchefs“. Es zeigt Gerald Szyszkowitz im Kostüm mit Bruno Dallansky, Max von Sydow und Corti. Nach seinem Abgang vom Spieltisch der großen Medienorgel am Küniglberg wandte er sich wieder seinen Wurzeln zu und führte zehn Jahre lang die Freie Bühne Wieden. Dort kann man sich bei Premieren (vielleicht sogar von einem seiner Werke), angesetzt von der nunmehrigen Prinzipalin Michaela Ehrenstein, das Buch von ihm persönlich signieren lassen. Erhältlich ist es übrigens im gut sortierten Buchhandel und selbstverständlich im Internet um 22 € unter der ISBN: 978-3-99129-804-5.

 

Gerald Szyszkowitz: Marlowe und die Geliebte von Lope de Vega

Liebe und Spionage vom Leben auf die Bühne gestellt

Gerald Szyszkowitz Marlowe und die Geliebte von Lope des Vega Cover 900

Christopher Marlowe ist dem Bühnenautor und Regisseur Gerald Szyszkowitz sichtlich ein großes persönliches Anliegen. In seinem Buch „Das falsche Gesicht“ hat er bereits den Nachweis geführt, dass niemand anderer als Marlowe der Verfasser der Dramen von William Shakespeare ist. In der nun erschienen Novelle „Marlowe und die Geliebte von Lope de Vega“ begleitet Szyszkowitz den Dichter auf seinen verschlungenen Wegen im Dienste des Secret Service, also des englischen Geheimdienstes. Nach dem angeblichen Tod Marlowes und dessen Flucht wird er in Spanien zu Antonio de Lareda. Er lernt Miguel de Cervantes kennen und wird der erste Übersetzer von dessen Roman „Don Quichote“ ins Englische. Der stotternde Engländer mit spanischem Namen imponiert auch einer gefeierten Schauspielerin. Micaela de Luján ist die Geliebte von Lope de Vega, einem Massenproduzenten von Theaterstücken. Sie verliebt sich aber in Marlowe alias Antonio de Lareda, und wie es die Umstände wollen, werden beide zu Reisenden, er im geheimen Dienst der Hohen Politik, sie als Schauspielerin, für die er die passenden Rollen schreibt.

Für Szyszkowitz bieten diese beiden Lebensläufe die wunderbare Gelegenheit, den Leser auf eine Reise nach Madrid Anfang des 17. Jahrhunderts, nach Neapel und von dort weiter nach Venedig und sogar zu einem Kurztrip auf die Bermudas zu führen. Er öffnet die Tore der Palazzi, macht einen mit seinen hochkarätigen Gesprächspartnern aus uraltem italienschem Adel bekannt, aber genauso mit dem einstigen Vizekönig von Neapel und der schönen Agentin Marita, einer Spanierin, die man auf den Engländer in James Bond Manier angesetzt hat. Für Lebendigkeit sorgen die vielen Dialoge, in denen sogar das Stottern von Marlowe und lustiger Weise auch von Cervantes hineingeschrieben ist.

 

Die Novelle, wie der Autor das Buch bezeichnet, ist neben aller Erzählfreude dennoch eingehend recherchierte Geschichte, wovon man sich in einem Anhang überzeugen kann. Mit penibler Angabe von Jahreszahlen kann dort der historische Hintergrund der davor romanhaft erzählten Handlung zugeordnet werden, vor allem aber auch den Stücken von William Shakespeare, deren Inhalt immer wieder eng mit dem mehr als abenteuerlichen Leben von Christopher Marlowe verquickt ist und die von damals bis heute das Theaterpublikum uneingeschränkt begeistern.


Gerald Szyszkowitz: Marlowe und die Geliebte von Lope de Vega

Verlag Edition Roesner, Reihe Bybliotheca 2016, ISBN 978-3-903059-11-5, Preis € 24,90


 

Unerhörte Hypotehesen, kostümiert als spannender Roman

Haben weder Shakespeare noch Shakspere den „Hamlet“ geschrieben?

Das ist Theater! Angesiedelt zwischen Traum und Wirklichkeit. Tragische Leidenschaften, denen der Tod näher steht als das Überleben, stets aber hart an der Grenze zur Komödie und zum Lachen, das die Zuschauer über die Verunsicherung ihrer Wahrnehmungen hinwegträgt. Es wäre kein Drama ohne einen verzweifelten König Lear, aber genauso wenig ohne seinen weisen Narren, ohne die vielen anderen tragischen Gestalten, die erst durch die zur Seite gestellten heiteren Figuren ihre Größe gewinnen. Sie alle sind Geschöpfe einer Phantasiewelt, die zwischen Heben und Fallen des Vorhangs Realität erschaffen, dank der Kunst von Schauspielern und Bühnenautoren, die ihr Leben diesem Spiel der Illusionen verschrieben haben.

 

Der Größte, schlechthin das Genie dieses Genres ist zweifellos(?) William Shakespeare. Als Schüler hatte man sich seine Lebensdaten auswendig zu merken und zumindest über eines der großen Dramen ein Referat zu halten.

Das falsche Gesicht Cover

Bereits damals, also vor etlichen Jahrzehnten, wurde im Unterricht gemunkelt, dass Shakespeare nicht Shakespeare, sondern ein Mann gleichen Namens gewesen sein könnte. Es war natürlich witzig gemeint, hatte aber wie jeder Witz offensichtlich einen wahren Kern. Man braucht dazu nur den Ausführungen von Gerald Szyszkowitz zu folgen. Er ist diesem Gerücht nachgegangen, hat penibel recherchiert und seine für jeden Shakespeare-Verehrer unerhörten Erkenntnisse publiziert. Das Ergebnis ist allerdings nicht, wie vielleicht erwartet, eine angreifbare wissenschaftliche Abhandlung. Vielmehr wurde es, wie es sich für einen Theatermann wie Szyszkowitz geziemt, gekonnt belletristisch geschminkt und kostümiert, bevor es unter dem Titel „Das falsche Gesicht“ als spannend zu lesender Roman auf dem Buchmarkt auftreten durfte (Edition Roesner, 2015).

 

Szyszkowitz führt seine Leser in die Zeit von Elisabeth I., der „jungfräulichen“ Königin. Sein Held ist Christopher Marlowe, ein Mann mit hellem Geist und enormem Talent zur Dichtung. Marlowe wurde 1564 in Canterbury geboren und starb laut offiziellen Angaben 1593 aufgrund bis heute umstrittener Ursachen. Ist Marlowe damals tatsächlich ums Leben gekommen? Wenn nicht, hat er, nachdem er umständehalber offiziell für tot erklärt worden war, unter dem Namen William Shakespeare weiter geschrieben? Szyszkowitz hat sich diesbezüglich auf viele Seiten hin abgesichert, wenn er mit Überzeugung und Mut die Meinung vertritt, dass William Shakespeare, oder Shakspere, wie sein Strohmann mit bürgerlichem Namen geheißen hat, in Wirklichkeit Christopher Marlowe selber war, der den „Hamlet“ und alle die anderen Werke eines der bedeutendsten Dichter der Literaturgeschichte verfasst hat.

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