Phantastische Entdeckungen am rechten Ufer der Wachau
Römerstraßen
Raubritter
Rupertiwinzer
Spätestens seit dem Mariandl ist die Wachau weltberühmt. Die Anerkennung als Weltkulturerbe war die schuldige Verbeugung vor einer der schönsten Landschaften nicht nur Österreichs, sondern ganz Europas. Steil aufsteigende Weinterrassen, uralte, teils noch ungestört erhaltene Bausubstanz, freundliche Menschen in Feierlaune, das alles trägt zum unvergleichlichen Charme dieses Donauabschnitts bei. Und man denkt an Dürnstein, Spitz oder Weißenkirchen und an die Scharen von Besuchern, die sich in den malerischen Ortschaften drängen.
Dabei vergisst man ganz, dass es auch eine Wachau gibt, wo man in Ruhe alle diese Reize genießen kann: Das rechte Donauufer. Es bietet ebenso ausgezeichneten Wein und süße Marillen, aber es lädt vor allem zum Entdecken ein, zum Auffinden versteckter Attraktionen, die das Erlebnis Wachau erst perfekt machen. Wer diese Seite bisher übersehen hat, sollte diesen Mangel schleunigst beheben, sein Fahrrad auf die nächste Fähre schieben und die Donau Richtung Süden überqueren.
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Panorama: prächtige Smaragdeidechse, entdeckt bei Rossatz
l.g.o.: Ruine Aggstein, ein Wahrzeichen der Wachau l.o.: Marillenblüte unterhalb der Ruine Aggstein
l.u.: Reste eines römischen Wachturmes bei Rossatz
r.o.: Kirche St. Lorenz bei Rossatz, erbaut an einer römischen Mauer
Obwohl den Römern nachgesagt wird, sie hätten den Weinbau in unsere Breiten gebracht, dürfte damals noch keine Rede von Weingärten in der Wachau gewesen sein. Die steilen Hänge des Tales wurden erst um einiges später mit Weinstöcken bepflanzt. Kein Geringerer als Karl der Große und der berühmt berüchtigte Arno, Abt und Erzbischof von Salzburg, sollen dafür verantwortlich sein. Die vier Arnsdörfer – Hofarnsdorf, Mitterarnsdorf und Bacharnsdorf – erinnern noch an den ursprünglichen Besitzer. 860 wird Salzburger Besitz bereits urkundlich erwähnt und 890 erstmals ein Arnesdorf genannt.
l.o.: Die Pfarrkirche in Hofarnsdorf ist dem hl. Rupert geweiht
l.u: Wunderschöne alte Bausubstanz in den Arnsdöfern: Pyramidenkamin
r.o.: Die Rupertiwinzer im Stadtsaal Melk
r.u.: Feine Wildpastete als Heurigenjause
r.g.u.: Stimmungsvolle Kellergasse in Mitterarnsdorf
Einem Weinfreund braucht man das segensreiche Wirken der Vinea Wachau nicht näher vorzustellen, nur soviel: Um den Wein mit einer der genannten Bezeichnungen anbieten zu können, darf beispielsweise nicht die geringste Nachbesserung durch Aufzuckerung oder Mostkonzentration erfolgen, und die Trauben dürfen ausschließlich innerhalb der dafür festgelegten Grenzen geerntet werden. Die Steinfeder ist leicht wie das Gras, das in manchen Jahren an bestimmten Stellen der Wachau wächst und dessen flaumige Halme die Hüte der Trachten zieren. Der Smaragd, dessen Wappentier die hübsche Smaragdeidechse ist, wird sogar erst Ende November, fallweise auch Anfang Dezember geerntet und ergibt dennoch einen großen trockenen Weißwein.
Den alten Witz der linksseitigen Wachauer, der da lautet, dass es drüben ja auch schön sei, weil man herüber schauen könne, überhört man geflissentlich, oder man macht sich zum Abschied kurz unbeliebt, wenn man feststellt, dass schließlich einst die Römer bis zur Donau gekommen waren, während auf der anderen Seite noch Barbaren hausten.
Eine gute Gelegenheit für die Urfahr, die Überfuhr, bietet sich in Weißenkirchen. Man landet bei der kleinen Kirche St. Lorenz und findet die Geschichte mit den Römern umgehend bestätigt. Das gedrungen wirkende romanische Gotteshaus scheint aus einem einzigen Stein herausgehauen zu sein und kann doch auf etliche Bauphasen zurückblicken, die immerhin vor 1700 Jahren eingesetzt haben. Im 4. Jh. ließ Kaiser Valentinian Wachtürme entlang des Donaulimes errichten. Die Nordwand der Kirche, in sich der übrigens Reste von Wandmalereien aus dem 13. Jh. erhalten haben, ist die Mauer eines solchen Turmes (Burgus).
Wer die rechte Wachauseite bisher übersehen hat, sollte diesen Mangel schleunigst beheben
Der Limes selbst verlief bekanntlich südlich des Dunkelsteinerwaldes, der hier schroff zur Donau hin abfällt und seinen Namen dem dunkeln Urgestein verdankt, das die Donau mit ihrem engen Tal vom Granit des Waldviertels auf der anderen Seite abgetrennt hat. Da das südliche Ufer bis ins 19. Jahrhundert nicht durchgehend befahrbar war, hatten schon die Römer Stichstraßen angelegt, um ihre Wachmannschaften zu den Posten zu bringen. Einfach waren diese Verkehrswege sicher nicht zu befahren. Ein kurzes Stück flussaufwärts, in Mitterarnsdorf, und flussabwärts in Mauterndorf, finden sich noch deutlich sichtbare Spuren von Römerstraßen.
Mit der Säkularisation 1803 verloren nicht nur das Fürsterzbistum Salzburg, sondern auch die anderen Stifte und Klöster ihre Besitzungen in der Wachau und damit auch Weingärten und Lesehöfe. Kleine bis mittlere Familienbetriebe sind seither für das Weinmachen und den Ausschank in einem der netten Heurigen entlang der Straße am rechten Donauufer zuständig. 200 Jahre nach diesen einschneidenden Ereignissen vereinigten sich zehn Arnsdorfer Weinbauern zu den Rupertiwinzern, benannt nach St. Rupert, dem Patron von Salzburg im Andenken an das 1000 Jahre währende Leben unter dem Krummstab und gleichzeitig Kirchenpatron von Hofarnsdorf.
Der Rupertiwein liegt als Federspiel in der Mitte. Das Federspiel gilt gemeinhin als der beliebteste Wachauer Wein, elegant und fruchtig, aber nicht allzu hoch in Alkohol und Preis. Genau das war auch der Grund, weshalb sich die Arnsdorfer für diese Kategorie entschieden haben. Aus dem jeweiligen Jahrgang wird das beste Federspiel der Sorte Grüner Veltliner als Rupertiwein abgefüllt. Selbstverständlich haben alle diese Winzer auch die anderen Sorten, die den Wachauer in der Welt berühmt gemacht haben, wie Riesling, Gelber Muskateller oder den Neuburger, einem Ur-Wachauer, dem sogar ein Denkmal an der Straße in Oberarnsdorf gewidmet ist.
Fritz Frühwirt mit einem Bild von Schloss Schönbühel
Mit großer Wahrscheinlich trifft man bei einer der Wanderungen auf einen der zahlreichen Künstler, die stets von der Wachau angezogen waren. Zu ihnen zählt auch Fritz Frühwirth, ein erklärter Fan des rechten Donauufers. In seiner Mappe finden sich Aquarelle und Zeichnungen mit Motiven aus der gesamten Wachau. Am Herzen liegen ihm aber die Attraktionen der Südseite wie Stift Melk, Schloss Schönbühel oder die wildromantische Ruine Aggstein, deren einstigen Besitzern üble Geschichten nachgesagt werden.
Raubritter wären sie gewesen, die Herren Kuenringer und ganz nach ihrem Vorbild der böse Jörg Scheck vom Wald. Im Volksmund hieß er nur der „Schreck vom Walde“ oder „Schreckenwald“. Historiker haben zumindest die Kuenringer einigermaßen rehabilitiert. Anlass für ihren üblen Ruf war nicht das Raubrittertum, sondern der Machtkampf dieser mächtigen Ministerialen mit den jeweiligen Landesfürsten, die seinerzeit offenbar schon bestens Propaganda in eigener Sache betrieben und damit ihre Rivalen für etliche Jahrhunderte gehörig desavouiert haben.
Die vielen anderen Geschichten, die es entlang des rechten Wachau-Ufers noch zu erzählen gäbe, können nachgelesen werden. Erschienen ist dazu Falters Feine Reiseführer Die Wachau mit Strudengau und Nibelungengau.
Märchenerzählerin Dena Seidl als Bettlerin beim
Mittelalterfest auf Ruine Aggstein
Der echte Schurke, dieser Jörg Scheck, war ursprünglich 1429 von Herzog Albrecht V. mit der Burg, zu dieser Zeit ein „ödes Haus“, belehnt worden. Die Burg wurde unter Verwendung der alten Fundamente wieder aufgebaut. Ihr Herr entpuppte sich aber als Sadist. Er presste das Volk aus und beraubte vorbeifahrende Schiffe der Kaufleute. Die offizielle Maut, die er seit 1438 kassieren hätte dürfen, reichte anscheinend nicht. Die Gefangenen ließ er, um Lösegeld zu erpressen, über die Felsen hinaus hängen oder setzte sie, die er als Todesrosen verhöhnte, auf einen Felsvorsprung, dem Rosengärtlein. Sie hatten die Wahl, zu verhungern oder sich in den Abgrund zu stürzen, wobei die Überlebenschance bei ca. 320 m senkrechtem Fall recht gering war. 1463 wurde es dem Landesfürsten doch zu bunt. Er nahm Scheck die Besitzungen ab und gab sie weiter an Georg von Stain.
Die Mär vom Rosengärtlein wird bis heute genüsslich in allen Details weitergegeben. Wer einmal schaudernd über den Felsenrand geblickt hat, kann nachfühlen, wie es den Gefangenen seinerzeit ergangen sein mag. Die Ruine Aggstein selbst, die sich als solche wieder in einem durchaus guten Zustand präsentiert, kann für Hochzeitsfeiern im ritterlichen Ambiente oder für urige Ritteressen in der Burgtaverne gebucht werden. Ein besonderes Highlight ist der Mittelaltermarkt, der möglichst realistisch von Laiendarstellern inszeniert wird. Ritter, Handwerker, Bettler, Vaganten, Spielleut´ und anderes Gelichter hat an diesem Wochenende seinen großen Auftritt. So auch die Märchenerzählerin Dena Seidl, die in alter Tradition auf Burg Aggstein Kinder und Erwachsene in die Zauberwelt von großen Königen, Prinzessinnen und frechen Kobolden entführt.