Von heiligen, erfundenen, teuflischen, jedenfalls aber gequälten Frauen
Wie die Jungfrau zur Kirche kam
Zugrunde liegt dem Buch „Jungfrauen quälen“ die Legenda sanctorum, bekannter als Legenda aurea, die Goldene Legende, verfasst vom Dominikaner Jacobus de Voragine (um 1230-1298). Gerhard Habarta, Kurator des Phantastenmuseums Wien, hat sich dieser Heiligenlegenden angenommen und sie mit kritischem Blick auf die Rolle der Frau untersucht, vor allem hat er in erfrischender Weise zwischen den Zeilen der frommen Erzählungen gelesen. Sein ernüchterndes Fazit: Eine Kulturgeschichte der bizarren Qualen von heiligen Frauen.
Gerhard Habarta: JUNGFRAUEN QUÄLEN.
Eine Kulturgeschichte der bizarren Qualen der heiligen Frauen,
Speziell die Geschichten der Märtyrer, so Habarta, sind Storys voll Sex and Crime. Wenn es sich dazu noch um eine Frau handelt, dann wird die Sache um einiges pikanter und im Fall einer drangsalierten Jungfrau noch mit einer gründlichen Portion Sadismus gewürzt. Im Habit der Erbaulichkeit wird dem Leser damit der Weg in den Himmel auf recht fragwürdig unterhaltsame Art gewiesen.
Habarta formuliert es sehr drastisch: „Es war eine destruktive Mischung von Schmerz, Tod und Erotik…“, die Jacobus de Voragine in so anschaulicher und erregender Weise geschrieben hätte, „dass manches Mönchlein im Skriptorium sich vergaß und das in der Erregung ausgestoßene körpereigene Eiweiß anstelle von kostbarem Hühnereiweiß für die farbige Illumination der Geschichten verwendete.“
In „Jungfrauen quälen“ wird man allerdings vergeblich nach derlei Erregung suchen. Habarta ergreift ganz einfach Partei für die heiligen Frauen. Die Kapitel seines Buches sind betitelt mit „Falsche Jungfrauen“, „Erfundene Jungfrauen“ oder „Versteckte Jungfrauen“. Von Fall zu Fall zeigt er auf, wie sehr speziell auf diesem Gebiet getrickst wurde, und er erklärt, warum einer männlich dominierten Kirche denn gar so viel an sexueller Unberührtheit bzw. Enthaltsamkeit seitens ihrer weiblichen Mitglieder gelegen ist.
Es ist ein schmales Buch, handlich im Format, knapp 170 Seiten, die es aber in sich haben. Florian Klenk, stellvertretender Chefredakteur der Stadtzeitung Falter, führt den Leser darin zu Schauplätzen, die man eigentlich gar nicht sehen will, und er stößt einen mit der Nase auf Vorgänge, von denen man wirklich nichts wissen will. Was soll man schon an einem Ort, von dem man sagt: „Früher war hier das Ende der Welt“?!
Schon in der ersten dieser bedrückenden Reportagen, einer Reise an die Schengengrenze, wird man in den Dreck eines Flüchtlingslagers in der Ukraine getreten; neben und mit dort gestrandeten Indern und Pakistani wird von verschiedenen Seiten darüber nachgedacht, was Blasmusik und Feuerwerk zu Neujahr 2007 gebracht haben. Gefeiert wurde damals das Durchsägen von Grenzbalken. Liest man weiter, erfährt man, dass Balken und Grenzen einfach nach Osten gewandert sind und dort für alle (dazu erklärten) „Nichteuropäer“ einen neuen Eisernen Vorhang bilden.
An der Stelle wiederum, wo vor gut 20 Jahren Stacheldraht, Wachposten und Selbstschussanlagen mit großem Tamtam entfernt worden sind, hat sich die Situation ebenfalls nur marginal verbessert. Abgesehen von Klenks Recherche, die keinen Beteiligten verschont, kann man eigene Erfahrungen von einer Reise in den ehemaligen Ostblock beisteuern. Wo früher das Ende der Welt war, endet für viele noch heute die Reise in den ersehnten Westen: Illegale Grenzgänger, die gefasst und eingesperrt werden, beim Durchschwimmen eines Flusses umkommen, oder die Lebendware der florierenden Branche Menschenhandel mit den Frauen, die in den unzähligen grenznahen Puffs und Casinos anlanden – und was weiter mit all denen geschieht, bleibt offen.
Auch Florian Klenk gibt darauf keine Antwort, aber er schreibt darüber, schonungslos, mit Hingabe an eine, wie er selbst sagt, aufgeklärt offene und von Rechtsstaatlichkeit geprägte Gesellschaft – von der wir allerdings noch weit entfernt sind, in unserer unmittelbaren Nähe oder an einer uns weit weg erscheinenden Ostgrenze. Das ist die erschreckend aktuelle Botschaft dieses Buches, wichtiger als die meisten anderen News, mit denen wir täglich überschüttet werden, weil es eine der wenigen Möglichkeiten ist, einen Blick hinter die schönen Kulissen unserer Traumwelt zu werfen.
„Wenn ich komme, werden Sie das lästige Mieder nicht haben. Wissen Sie was“, fuhr er fort, „wenn Sie mich lieb haben, erwarten Sie mich im Bett.“ Man könnte ein Preisausschreiben veranstalten, mit der Frage, von wem diese eindeutige Aufforderung an eine Dame stammt. Kaum jemand würde auf den als trocken verschrienen Kaiser Franz Joseph tippen. Und doch hat er es ausrichten lassen. Frage zwei: an wen? Nein, nein, nicht an seine geliebte Elisabeth. Adressatin war die junge, von einem verschuldeten Seidenfabrikanten geschiedene Anna Nahowski, die Franz Joseph bei einem Spaziergang im Schönbrunner Schlosspark als fünfzehnjähriges Mädel kennengelernt hatte.
Diese posthume „Aufdeckung“ einer eher unbekannten Seite eines unserer Habsburger ist nur eine von vielen Geschichten, die auch lang gediente Habsburg-Fans in Erstaunen versetzen dürften. Katrin Unterreiner, u.a. als langjährige wissenschaftliche Leiterin der Kaiserappartments (bis 2007) absolut eine Insiderin, hat sich für ein neues Habsburg-Buch diesbezüglich auf die Suche gemacht – und wurde reichlich fündig.
Genüsslich erzählt Katrin Unterreiner bald 100 Jahre nach Ende der Monarchie prickelnde Neuigkeiten vom Kaiserhof. Ihre Enthüllungen können es locker mit dem Tratsch der Gegenwart aufnehmen. Vor allem eins; sie sind bei Weitem besser recherchiert als so manche Skandalstory in der Regenbogenpresse, und sie haben alle bis zu einem gewissen Grad den Lauf unserer Geschichte bestimmt.
Eine dieser Fundgruben ist Erzherzogin Sophie, Mutter von Franz Joseph. Ihrem Ehrgeiz haben wir zu verdanken, dass möglicherweise der Spross eines – allerdings von der Staatraison erforderlichen – Seitensprunges über viele Jahrzehnte das Geschick Österreichs geleitet hat. Im Klartext: Sophie hatte jahrelang keine Kinder bekommen können. Zudem war sie nicht gerade vernarrt in ihren Gatten Erzherzog Franz Karl. Folgt man nun den von Unterreiner fein aufgearbeiteten Details, kann nur mehr schwer bezweifelt werden, dass … naja … die Solebäder in Bad Ischl zu gesundem Nachwuchse geführt hätten. Im Volk zerriss man sich das Maul und nannte die Kinder ganz einfach „Salzprinzen“.
Katrin Unterreiner: Die Habsburger. Mythos & Wahrheit.
Ein amüsant satirischer Seitenblick von Thomas Chorherr
Wie aus der Gesellschaft die Society wurde
Dass sich der ehemalige Chefredakteur der Presse der Klatschspalten annimmt, ist im ersten Moment verwunderlich. Aber gerade diese Distanz zur täglichen Oberflächlichkeit der Unterhaltung macht Thomas Chorherr unverdächtig. Unverdächtig, dass er auf irgendwen aus den betroffenen Kreisen Rücksicht nehmen müsste, unverdächtig, dass im tiefen Keller seines Wissens diesbezüglich Leichen liegen könnten, und unverdächtig, dass alles, was er schreibt, nicht überaus gründlich recherchiert und bedacht wäre.
Zwischen Prolog und Epilog, beide selbstverständlich von ihm selbst verfasst, denkt Thomas Chorherr über „die Gesellschaft“ in ihren mannigfaltigen Erscheinungen nach. Wodurch unterscheiden sich in diesem Theater Society, Gesellschaft per se und Elite voneinander, welche Rolle spielen darin Adel und Großbürger? Ohne, wie er betont, pseudowissenschaftlich sein zu wollen, findet er zu launigen, bisweilen sogar satirischen Definitionen für wahre Prominenz, für den einfacher erreichbaren Titel „Promi“ und für die landläufigen Adabeis.
Thomas Chorherr: Prominente Promis Adabeis. Wie aus der Gesellschaft die Society wurde. Molden Verlag 2011, ISBN: 978-3-85485-273-5, Preis € 16,95.
Ein guter Teil der Leser wird sich freilich selber in diesem Buch suchen – und finden, wie Macher vom Schlage eines Alexander Hofer. Als Verantwortlicher der Sendung Seitenblicke spielt er auf der einst mächtigsten Medienorgel des Landes das Hohe Lied der Society. Damen vom Format einer Lotte Tobisch-Labotýn werden vorgestellt. Sie beklagt den Abstieg der Gesellschaft. Die langjährige Organisatorin des Opernballs weiß, wovon sie spricht. Es finden sich Gesellschaftsreporter, also im weitesten Sinne Kollegen des Autors. Michael Jannée, er war einer von ihnen, neigt ebenfalls zum Pessimismus, wenn er feststellt: „Heute haben die Proleten das Sagen“.
Und wer ist schuld daran? Wer wohl? Ganz bestimmt nicht nur der Lugner. Ihm, dem selbsternannten Kasperl der Nation, hat Thomas Chorherr das letzte Porträt seines Büchleins gewidmet. Dabei wird überhaupt nicht auf den Putz, pardon Mörtel, hin-gehauen. Richard Lugner wird einfach vorgestellt, als – man ist beinahe versucht, zu sagen – unverzichtbarer Teil der Society, die brav die Zeitungsspalten füllt, täglich den Fernsehabend einleitet oder bei einem der zahllosen Events des nächtlichen Wien, die er selbstverständlich mit seiner Anwesenheit ehren muss, persönlich angetroffen werden kann.
„Es war einmal…“ Nein, so dürfe keine Biographie von Karl Schranz beginnen. „Es ist, und zwar immer noch...“ trotz seines Rücktritts als Schifahrer 1972, meint Autor Florian Madl. Karl Schranz war nie im Ruhestand, weder als bewundertes Schi-Idol, das auch Spätgeborenen wie Hermann Meier oder Benjamin Raich Bewunderung abringt, als geduldiges Fotomodell in seinem Hotel für Gäste, die sich stolz mit ihm ablichten lassen, oder als internationaler Netzwerker, der durch seinen Einsatz – quer durch die Einflusssphären höchster Kreisen von Sport und Politik – am Gedeihen des Schisports arbeitet.
Mit der Beschreibung seines Lebens, das in ärmlichsten Verhältnissen begann, über eine Hochschaubahn von Siegen und Niederlagen schließlich zu einer selbst gewählten, für ein Idol vom Format eines Karl Schranz nahezu vorbildhaften Bescheidenheit führte, wird zwangsläufig auch die Geschichte des österreichischen Alpinrennsports erzählt. Mit Toni Sailer war die Nation aufgewacht. Das kleine Österreich konnte auch siegen. Mit Karl Schranz wurde das noch junge Selbstbewusstsein weiter gestärkt. Nur damit lassen sich die Emotionen erklären, die damals den Schisport beherrscht haben. Eine Niederlage, also kein Sieg, war für die Seele eines ganzen Landes niederschmetternd. Karl Schranz sorgte für beides im vollen Maß, für bejubelte Siege genauso wie für jahrelang diskutierte Niederlagen.
In seinen Erinnerungen werden diese Hochs und Tiefs ausnehmend sachlich aufgearbeitet. Besonders die Szenen, die sich 1972 rund um die Sperre bei den Olympischen Winterspielen in Sapporo abgespielt haben, werden detailliert beschrieben und kritisch beleuchtet. Allein, sie sind Vergangenheit; nüchtern betrachtete österreichische (Sport)Geschichte.
Trotzdem sind sie lesenswert. Schifahren ist zwar noch immer eine der Stärken Österreichs, sportlich und touristisch. Die Emotionen sind jedoch daraus verdunstet. Sogar bei einer Weltmeisterschaft kann seitens der Medien nur mehr mühsam Stimmung aufgebaut werden. Siege oder Debakel werden bestenfalls einen Tag lang kommentiert. Die Namen sind bald vergessen. Es braucht heutzutage zumindest das Charisma einer Persönlichkeit wie Hermann Meier, der übrigens für dieses Buch das Vorwort verfasst hat, um auch nur annähernd an den Schi-Fanatismus einer Ära Schranz anzuschließen.
Kulturgeschichte eines uralten Traumes der Menschheit:
Der Blick in die Zukunft
Bleigießen, Kartenlegen und Horoskope, das sind die Orakel der Kleinen Leute. Sie sind nicht allzu teuer, und wenn man fest dran glaubt, dann treffen sie auch zu, oder auch nicht. Gar nicht viel anders verhält es sich bei den Profis dieses Gewerbes, den Wahrsagern und Hellsehern. Sie haben, seit es Menschen gibt, ihren neugierigen Zeitgenossen raffiniert das Geld aus der Tasche gezogen. Die ganz schlauen unter ihnen haben dabei den Eintritt ihrer Weissagungen sicherheitshalber in eine ferne Zukunft verlegt.
Der Wissenschaftler Heinrich Doselda ist unter dem Titel „Orakel, Seher, Visionäre“ diesem Phänomen auf den Grund gegangen, zumindest in dessen historischen und prähistorischen Erscheinungen. Man darf sich von diesem Buch keine unterhaltsamen Gruselgeschichten erwarten. Es ist vielmehr eine kurz gefasste, übersichtlich gegliederte Kulturgeschichte der Zukunftsschau. Sie beginnt in der Steinzeit, in der bereits Seher- und Schamanen gewirkt haben, führt in sehr straffer Form herauf durch europäische und orientalische Kulturräume, reißt kurz das Orakelwesen in griechischer und römischer Zeit an und führt beinahe im Eilschritt durch Mittelalter und beginnende Neuzeit mit den großen Gestalten einer Hildegard von Bingen oder eines Nostradamus. Etwas ausführlicher beschäftigt sich Doselda mit den Propheten der großen Weltreligionen und kann dabei tatsächlich etliche Vorhersagen später eingetretenen Ereignissen zuordnen.
Heinrich Doselda: Orakel Seher Visonäre. Weltuntergänge von der Sintflut bis 2012.
Erfreulicherweise sind andere Prophezeiungen nicht so zuverlässig eingetroffen, vor allem dann, wenn der Weltuntergang angekündigt wurde. Hätten alle diese falschen Propheten Recht gehabt, wäre die Welt schon längst dahin, allein in jüngster Zeit etliche Male, wie zum Beispiel bei der Jahrtausendwende, die wir auch schon satte 10 Jahre überstanden haben. Der nächste Untergang steht ebenfalls schon fest: 2012. Diesen Termin haben zwar die kalenderkundigen Mayas errechnet, aber die Welt wird auch dieses Jahr überleben – wage zumindest ich vorherzusagen und bin mir dabei gewiss, dass diese – zugegebenermaßen nicht allzu kühne – Prognose am Neujahrstag 2013 in Erfüllung gegangen sein wird.
Abnehmen ist ein Vergnügen, ehrlich! Man hungert sich von Erfolgserlebnis zu Erfolgserlebnis. Irgendwann ist aber jede Hose zu weit und die Freunde machen sich Sorgen, weil man so schlecht ausschaut. Dann ist der Punkt eingetreten, dass man nur mehr Gewicht zu halten braucht. Nur mehr!!! Lächerlich! Denn jetzt beginnt das wahre Martyrium, gegen das sich die magersten Diätwochen wie hemmungslose Völlerei ausnehmen.
Der Kabarettist Bernhard Ludwig, von seiner Natur her wohl ein heiterer beleibter Mensch, hat abgenommen und sich der Tortur des Gewichthaltens ausgesetzt, genauso wie viele von uns, weil ihm offenbar ein schlankes Visavis im Spiegel besser gefällt. Er hat für sich die Lösung gefunden, wie er auch in den restlichen Jahren seines Lebens, die er schlank und rank zu verleben gedenkt, nicht auf jegliche dick machende Lust verzichten muss.
In seinem Büchlein „Anleitung zum Lustvoll Leben“ verspricht er „Schluss mit dem Diät-Wahnsinn“. Verzicht ist nicht erforderlich! Spaß an Essen und Sex wird in Aussicht gestellt. Man darf mit dem Rauchen aufhören, ohne Angst fett zu werden. Hilfe gibt es für sowohl für overworked wie underfucked, sogar Kaffee und Alkohol sind erlaubt – vorausgesetzt Sie befolgen die Formel 10in2®.
Was genau dahinter steckt, lässt sich mit diesem Büchlein auf wahrlich amüsante Weise erarbeiten, mit den pointierten Texten von Bernhard Ludwig und mit Zeichnungen, deren Lehrinhalt wie der Zuckerguss über bitterer Medizin in witzigen Cartoons verpackt wurde.
Um überhaupt eine Idee vom 10in2® Power Programm zu haben, klicken Sie bitte hier! Das fröhliche Männchen mit der hohen Denkerstirn könnte Ihnen den entscheidenden Anstoß geben, um nach bitteren Jahren des Joggens, Hungerns und Entsagens endlich wieder Lust auf Lustvoll Leben zu bekommen – und das alles ohne teure Diät, denn das Büchlein ist beim Autor direkt, bei Wein & Co oder im Buchhandel unter der ISBN 978-3-9503070-0-9 um wohlfeile € 9,90 zu erstehen.
Lese- oder Sprengstoff? Beides will das „Schwarzbuch Landwirtschaft“ von Hans Weiss sein. Es geht darin ausdrücklich um die Machenschaften der Agrarpolitik und dabei vor allem darum, wie kleine Bauern ruiniert werden.
Leseproben aus dem Schwarzbuch Landwirtschaft finden Sie durch Anklicken der Bilder
Der Autor ist geübt in brisanten Themen und man darf sich darauf verlassen, dass jedes Wort und jede Zahl bestens recherchiert sind. An der Hand von Gewährsleuten führt er den Leser, der zumeist nur das Endprodukt im Supermarkt kennt, auf Bauernhöfe und lässt sie damit Landluft schnuppern.
Es ist dabei nicht immer leicht, wirklich hin zu schauen, wenn der Viehhändler mit routinierter Brutalität die Kuh vom Hof abholt, oder wenn den Ferkeln ohne Betäubung der Schwanz abgezwickt wird. Den Käsegourmet wird es ebenso wenig freuen, wenn er liest, dass sein Bergkäse möglicherweise gar nicht vom Senner stammt und die Hochleistungskühe mit ihrem fast doppelt so hohen Gewicht wie früher gar keine Hochalm mehr sehen.
Geld wie Heu gibt es in der Landwirtschaft, aber nur für die Oberen Zehntausend. Detailliert wird von Weiss der Weg des Geldes von der Förderung seitens EU, Bund und Bundesländer bis zum Empfänger nachgegangen. Banker und Bergbauer können dabei in Personalunion auftreten. Industrie- und Handelskonzerne halten ungeniert Hand auf, wenn es ans Verteilen von Bauerngeld geht und Großgrundbesitzer aus altem Adel lassen sich allzu gern keineswegs kleine Beträge für ihren Einsatz in der Landwirtschaft zuschießen.
Hans Weiss: Schwarzbuch Landwirtschaft. Die Machenschaften der Agrarpolitik. Verlag Deuticke 2010,
ISBN: 978-3-552-06145-3, Preis € 18,40.
Abgerechnet wird auch mit Missständen seitens der Politik und deren stets aufnahmebereite Vertreter, aufnahmebreit jedoch weniger für die Sorgen ihrer Bürger als in Sachen Geldeinnahme. Schließlich sitzen sie dem Förderhahn um einiges näher als diejenigen, deren Interessen sie vertreten sollten.
Traurig sind die Aussichten in der Landwirtschaft, so Weiss. Der Konsument wird immer unverhohlener getäuscht und betrogen, die Bauern und ihre Höfe verschwinden allmählich aus der Landschaft und machen Glücksrittern Platz, die für sie die Produktion übernehmen und den Markt überschwemmen, mit billiger Milch von Kühen, die ganz legal mit Kraftfutter aus gentechnischem Anbau gefüttert werden und mit Hendln aus der Fabrik und das Ackerland längst schon für ihre neun Supermärkte umgewidmet haben.