Kultur und Weindas beschauliche MagazinLOGISCHE LEIDEN Wenn Regie das Libretto „verbessert“
Es muss was Neues her im sommerlichen Freiluft-Musiktheater! Aber wo ansetzen? Am besten beim Inhalt. Was die Herren Librettisten einst als Handlung verfasst haben, ist doch längst nicht mehr zu ertragen. Die Zeiten haben sich gewandelt, und mit ihnen die Gesellschaft. Da es in den meisten Fällen um die Liebe geht, haben speziell dabei die Menschen mittlerweile ganz andere Vorstellungen, wie man dieses wunderbare Fühlen für sich persönlich in vielfältigster Weise ausleben kann. Man könnte die einst dazu verfassten Stücke vergessen, wäre da nicht diese wunderbare Musik. Es sind große Komponisten, die Opern, Operetten und Musicals komponiert haben, und genau damit lassen sich Fußballstadion große Zuschauerränge über Wochen verlässlich füllen. Sie sind alles andere als neu, besser gesagt, sie sind populär und erscheinen mit verlässlicher Regelmäßigkeit in den Spielplänen; also passend für ein Festivalpublikum, das diesbezüglich ohnehin dankbar bescheiden ist. Nur was man kennt, will man sich auch zum 100. Mal geben und dabei mit einem Glas Festivalwein und einer Brezen die einzigartige Atmosphäre eines Sommerabends feiern.
Ob hoch aufspritzende Fontänen im alten Ägypten überhaupt möglich waren, diese Frage stellt sich kaum wer, und wenn, dann verdammt man den Zweifler auf der Stelle als humorlosen Knicker. Ein Elefant, dessen Rüssel lichterloh brennt, wird staunend als Naturwunder akzeptiert, der alten Hochkultur unterschiebt man ein archaisches Menschenopfer mit Eingeweideorakel und ein Seiltänzer stört Aida und Radames im gemeinsamen Sterben. Im Pianissimo dieses ergreifenden Duetts wird ihm Szenenapplaus gespendet. Was hätte Giuseppe Verdi zu diesem Affront gegenüber seiner Musik gesagt?
Ännchen outet sich als moderne Vertreterin der Frauen des 17. Jh., die mit Agathe abpaschen will.
Probleme gibt es hin und wieder auch mit Ort und Zeit. Die Mörbischer Eliza ist ein sehr natürliches Mädchen, das im tiefsten Wiener Dialekt seine Meinung unmissverständlich kundtut. Ihr Running Gag „Oida!“ vor Big Ben und in einer Station der Underground von London wirkt allerdings gehörig deplaziert und wäre am Meidlinger Markt besser aufgehoben. Damit verblasst auch das Wortspiel im Zusammenhang mit dem Londoner Stadtteil „Mayfair“, in dem die spätere „Lady“ in reinstem Cockney ihre Blumen anpreist. Noch befremdlicher sind die Herrschaften, die anno 1934 in einem Wiener Palais um die „Csárdásfürstin“ scharwenzeln. Als hätte es das Adelsaufhebungsgesetz von 1919 nie gegeben, feiern in der Sommerarena Baden Grafen, Fürsten und Comtesserln fröhliche Urständ in einem Jahr, in dem die Heimwehr auf Sozialisten geschossen hat.
Notizen eines wohlmeinenden Kritikers zum Theater unter freiem Himmel…dann haben erstens die großen Theater in Wien geschlossen, zweitens ist Sommer. Man will im Freien essen, man will im Freien trinken und man will Kultur im Freien konsumieren. Was leider sehr oft beim frommen Wunsch bleibt, ganz einfach, weil es regnet. Sonst aber, vom Angebot her, fehlt es an nichts. Von der Shakespeare´schen Tragödie bis zur selbstgestrickten Posse mit Musik, für jede Laune ist etwas dabei, das sich von Plastiksesseln aus, eingehüllt in Decken und Gelsenschwärme, als Theater genießen lässt.
Landauf, landab wird mit Begeisterung Theatersommer gefeiert. Beinahe schon jede Ortschaft konnte eine namhafte Persönlichkeit aus der Bühnenbranche für sich gewinnen. Sei es, dass diese gern und regelmäßig beim Heurigen einkehrt oder ihr Zweit-Domizil in ländlicher Idylle aufgeschlagen hat, oder beides. Was liegt also näher, als sie zu fragen, ob sie nicht…? Und ob sie will, die Persönlichkeit. Einmal selbst ein Stück aussuchen, Regie führen, die Besetzung bestimmen und damit genau das tun, was sonst übers Jahr der Direktor oder der Intendant einem vorschreibt. Und schon sind die Festspiele von Woauchimmer geboren. Die passende Location findet sich, natürlich ausnehmend stimmungsvoll, zum Beispiel in einem alten Stadl, am Kirchenplatz oder im Schlosspark; sogar Kellergassen haben sich darin bestens bewährt. Auf gut Weinviertlerisch gesagt: die Tribüne in der Kellertrift und vor den Presshäusern die Bühne. Kulisse ist dann ein Sonnenuntergang über wohlbestellten Weingärten; ein beeindruckendes Naturschauspiel, das es einem Ensemble nicht gerade leicht macht, die Aufmerksamkeit der Zuschauer auf sich zu ziehen.
Das geringste Problem ist auf dem Lande die leibliche Versorgung des Publikums. Dank einer meist bäuerlichen Struktur sind Speis und Trank im Überfluss vorhanden. Selbstverständlich gibt es einen Festival-Wein. Die besten Winzer des Ortes rittern um die Ehre, diesen liefern zu dürfen – und verlangen für ein Glas aus der Flasche mit dem begehrten Etikett gleich doppelt so viel wie für gleichen Wein ohne Festspieladel. Aber die Geldbörse sitzt bei solchen Gelegenheiten ohnehin locker. Man ist zum Feiern aufgelegt, schließlich ist man Festspielbesucher, der mit Freunden anstoßen will, und vor der stattlichen Schar anwesender Prominenter nicht als Zwutschkerl dastehen möchte. Apropos Prominente: Die Stunde vor der Aufführung, die Pause und die Premierenfeier ist deren Bühne. Fotografen blitzen gnadenlos in ihre Gesichter und scharfe Scheinwerfer auf TV-Kameras schneiden sie aus dem einbrechenden Dunkel der Nacht. Die Redakteure erheischen ein Bonmot, das am nächsten Abend den Beitrag in Bundesland Heute aufpeppt. Angesichts der Zeitungsmeldungen am Morgen danach kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass diejenigen, die nicht dabei sein konnten, vom Stück nichts wissen wollen, aber drauf begierig sind, zu erfahren, wer aller dabei zugesehen hat.
Eine Eigentümlichkeit von Premieren im weiten Land ist das Vorspiel, ein dramaturgisch bestens erprobtes Ritual, um die Finanzierung der Produktion zu gewährleisten. Dessen Akteure sind Politiker verschiedenster Ränge, alle natürlich in Vertretung des Landeshauptmanns, dessen herzlichste Grüße übermittelt werden, bevor eine endlose Liste an Namen verlesen wird. Deren Träger erheben sich von ihren Sitzen, um sich zum kurzen Applaus zu verbeugen. So viel geklatscht wie in dieser halben Stunde wird manches Mal im ganzen Stück nicht mehr.
Irgendwann kommt der Moment, in dem es heißt, „das Festival ist eröffnet!“ Im letzten Moment wird noch die Antschi-Tant verständigt, dass es jetzt losgeht, bevor das Handy auf das kräftige Brummen der Lautlosfunktion geschaltet wird. Abdrehen? Das gibt´s schon lang´ nicht mehr. Im Sommertheater gibt es keine Zwänge, schon gar nicht denjenigen, die persönliche Unterhaltung einzustellen. Wozu auch? Darsteller und Musiker sind ohnehin elektronisch verstärkt, um sich gegen Gemurmel im Publikum, Flugzeuge am Himmel und Einsatzfahrzeuge auf der nahen Bundesstraße durchsetzen zu können. Aber irgendwann ist dann doch die Aufmerksamkeit einigermaßen auf das Stück gerichtet. Wenn Zuschauer in Begeisterung geraten, dann müssen sie den Augenblick doch festhalten. Wer könnte da etwas dagegen haben!? Die Situation auf der Bühne wird dramatisch und das Licht stimmungsvoll eingezogen; wenn´s also richtig spannend wird, dann zeigt das Handy, was es kann. Diese Dinger haben einen tollen Blitz. Der ist imstande, den ganzen Innenhof eines Schlosses in grelles Licht zu tauchen, und das Großartige, man kann die Fotos gleich verschicken. Da wird die Antschi-Tant, die daheim auf die Kinder aufpasst, aber schauen, wenn sie diesen beeindruckenden Moment live miterleben darf.
Jedes Fest hat irgendwann auch ein Ende. Die Inszenierung war sehr gut, voller neuer Ideen, die Schauspieler durchwegs ausgezeichnet und das Ambiente unvergleichlich. Der Kritiker schwänzt die Premierenfeier und macht sich auf den weiten Weg nach Hause. Die vielen positiven Eindrücke von dieser Aufführung wollen noch in selbiger Nacht festgehalten werden. In berufsbedingter Humorlosigkeit verliert er jedoch geflissentlich kein Wort über das gesellschaftliche Sommertheater, das sich rund um das ernsthafte Bühnengeschehen abgespielt hat. Eine „ernstgemeinte“ Warnung vor erfolgreichem AbnehmenRank, schlank und unglücklichSollten Sie zu dick sein und ernsthaft abnehmen wollen? Ich rate Ihnen, diesen Gedanken umgehend zu verwerfen. So lange vor dem Vorsatz noch ein Morgen steht, sind Sie zwar rund, aber – abgesehen von ein paar kalorienfreien Gewissensbissen – glücklich. Sollten Sie dennoch nicht widerstehen können, sich eine Bikinifigur anhungern zu wollen, sagen Sie nachher nicht, man hätte Sie nicht vor den äußerst unangenehmen Nebenwirkungen jedweder Gewichtsabnahme gewarnt. Die Gefahren sind tückisch und werden viel zu spät erkannt. Fragen Sie diesbezüglich auch keinen Arzt oder Apotheker. Diese Herrschaften in Weiß haben nur Ihre Gesundheit im Auge, die leider selten mit den wirklich angenehmen Dingen des Lebens im Einklang stehen.
Gefahr eins: Einigermaßen zufriedenstellend laufen die ersten Reduktionswochen ab. Man hungert zwar, kann aber mit Kaffee, Zigaretten und genügend saurem Weißwein das seelische Wohlbefinden auf gewohntem Level halten. Sündteuere Diäten sind dagegen reinste Geldverschwendung. Für neues Selbstbewusstsein sorgt der täglich xfache Blick auf die Waage, am besten einer solchen mit möglichst genauer Skala. Sie freuen sich über jeden Gramm, der dort nicht mehr aufscheint. Stolz trägt man weit. Textilien, die vorher Kurven zeichneten, flattern um verschwundene Rundungen und im Badezimmerspiegel bemerkt man an sich plötzlich Reliefs, wo sich vorher eintönige Flächen weich gepolsterter Wölbungen erstreckt haben.
Die Gefahr erahnt man erst, wenn das Werkl einmal stoppt. Dann wird es ernst. Wann es passiert, ist unerheblich. Es kann nach schon nach einem, zwei, fünf, oder erst nach zehn Kilogramm passieren. Was ist geschehen? Warum geht nichts mehr weiter? Ich habe heute doch noch gar nichts gegessen! Und das um Halb Zehn am Vormittag. Schlagartig ist jede Seligkeit aus der Seele gewischt, bohrendem Skrupel wird Platz gemacht. Verzweifeltes Ansudern der Kolleginnen hilft auch wenig. Deren kalte Augen verraten die Falschheit schlecht gespielten Mitleids. Jedem anderen ist es wurscht, was man wiegt. Viel eher begrüßt man Sie insgeheim als Mitglied im Club der Versager. Mit einem Wort, du bleibst unglücklich, trotz der geschwundenen Kilos.
Geschwunden ist eigentlich der falsche Ausdruck. Die Kilos haben sich nur Urlaub genommen, um mit neuen Freunden alsbald zu dir zurück zu kehren (Gestatten Sie das vertrauliche Du, aber in diesem Club wird jeder geduzt). Schoki macht angeblich glücklich. Also wird Schokolade angekauft und damit jeweils ein paar Sekunden Zufriedenheit. Der Zeiger auf der Waage steigt und steigt rasant, ohne sich auf der ursprünglichen Marke einzubremsen. Jo-Jo-Effekt ist nicht umsonst eines der meistgebrauchten Wörter unserer Sprache. Tonnen haben manche Dicke auf diese Weise bereits abgenommen. Noch mehr Schokolade, noch mehr Gewicht, noch mehr Unglück – bis zum nächsten missglückten Anlauf.
Gefahr zwei: Schlimmer noch ergeht es dir aber, wenn es nach der ersten Stagnation mit dem Lebendgewicht weiter bergab geht. Du erreichst das dir gesteckte Ziel. Neue Kleidung wird angeschafft, um viele, viele Nummern kleiner. Komplimente wie „du schaust aber schlecht aus! Hast du was mit dem Magen? Ich mach´ mir Sorgen“ gehen runter wie das sauteure Olivenöl mit den gesunden ungesättigten Fettsäuren. Längst bist du Spezialist auf dem Gebiet richtiger Ernährung und betreibst ein ausgefeiltes sportliches Begleitprogramm. Du weißt Bescheid über die ideale Zufuhr von Eiweiß, Kohlenhydraten, Vitaminen und Mineralstoffen und hast vergessen, wann du das letzte Mal Schnitzel mit Ketchup und Pommes oder eine Leberkäsesemmel verschlungen hast.
„Was soll daran schlimm sein?“ ist eine dumme Frage, wirklich dumm, weil sie nur einer stellen kann, der noch nie in diese verhängnisvolle Mühle geraten ist. Ab dem Moment des so sauer erarbeiteten Idealgewichts ist es vorbei mit jeder Art von Lebensqualität. Du bist wieder unglücklich, denn jeder Bissen, wirklich jeder Bissen, und sei es nur ein ganz, ganz kleines Vollkornkekserl, legt sich penetrant auf deine Rippen und vergrößert sich dort auf wundersame Weise zu einem Fettpolster. So gewonnenes Gewicht lässt sich beim morgendlichen Wiegen auch durch Wippen und Leichtmachen nicht mehr übersehen. Bier und Wein oder sonstige flüssige Erfreulichkeiten treiben mit dir das gleiche Spiel. Sie pushen gnadenlos dein Gewicht zurück nach oben. Stoppen, beziehungsweise umkehren kannst du den Trend nur, indem du mit voller Härte den Asketen gibst.
Bekanntlich ist Verzweiflung die finstere Brutstätte von Hirngespinsten. Träume, in denen du wieder grässlich blad bist, zerstören deinen Schlaf, der ohnehin vom dauernden Entsagen seicht und unruhig ist. Beim Aufwachen im Schweißbad ist dein erster ängstlicher Griff an den Bauch. Gott sei Dank, er ist noch keine Wampe. Aber woher kommen dann die Blähungen? Du traust dich nicht mehr einatmen. Dicke Luft könnte Kalorien haben. Auch die angeblich so gesunden Spaziergänge werden zur Seelenpein. Bekanntlich endet jeder Weg ins Grüne vor einem Wirtshaus, das du nicht betreten darfst. Nix mit Würstchen und einem Krügerl, wie du es in runden Zeiten gehalten hast.
Deine Freizeitbeschäftigung beschränkt sich aufs daheim bleiben. Du sitzt vor dem Kühlschrank, stierst ihn mit hohlen Augen an und passt krampfhaft auf, dass er stets leer ist. Drehst du den Fernseher auf, was kommt? Eine Kochsendung. Weggezappt! Weiter zur Talkshow. Eine zaundürre, offenbar an Bulimie leidende Moderatorin speit Lebensweisheiten aus. Weiter! Eine Comedy. Das Lachen verträgst du schon lang nicht mehr, vor allem dann nicht, wenn es aus der Konserve kommt. Endlich eine Naturdoku. Worum geht´s? Ums Fressen und gefressen werden. Auch nicht ideal. Zu den Nachrichten. Katastrophen hat deine Depression gerade nötig. Also was anschauen? Einen Film? Das große Fressen? Nein, sicher nicht! Bleibt nur mehr das Fenster zum Hof. Aber ausgerechnet dort strömt aufdringlicher Duft von Schweinsbraten herein und zum Gram gesellt sich noch der Neid. Vom künstlerischen Segen, den uns das Handy beschertDie Dramen um das Drama
Da jederzeit der entscheidende Anruf erfolgen kann, der den Lotto-Sechser verkündet oder eine die Welt verändernde Entscheidung in der Sekunde verlangt, muss das Handy natürlich auch ins Theater mitgehen. Da derart bedeutende Anrufe üblicherweise ausbleiben und ein nicht benutztes Telefon im Tascherl ein unziemliches Ärgernis darstellt, wird es ersatzweise dafür benutzt, um den Lieben zu Hause oder fernen Freunden mitzuteilen, dass man soeben das Theater betreten hat, an der Garderobe mit Trinkgeld das Gewand losgeworden ist, noch schnell das Klo aufsuchen wird, dort aber warten muss, weil bereits zahlreiche telefonierende Notdürftige davor warten, und lässt niemanden überhören, dass man sich dann erleichtert zum Sitz begibt.
Ohne das Gespräch zu unterbrechen hat man beim Billeteur ein Programm gekauft. Auch die Musiker im Orchestergraben hätten diese wesentliche Info erfahren, hätten sie nicht störenderweise auf ihren Instrumenten unkoordiniert gestrichen, geblasen oder getrommelt. Man sollte es der Theaterdirektion gehörig mitteilen, dass sich die Damen und Herren Musiker gefälligst in ihrer Garderobe oder besser noch daheim einspielen sollten. Besucher, die bereits auf ihren Plätzen sitzen und telefonieren, stehen freundlicherweise auf, um dem Anrufer den Weg zu seinem Sessel frei zu machen. Wenn endlich alles sitzt, macht das vollbesetzte Haus durchaus den Eindruck eines mit Plüsch ausgeschlagenen Fernamts.
Wenn man nun derjenige ist, der das Handy an solchen Abenden nicht bei sich hat, dann wird man ohne Aufpreis mit gleich mehreren Dramen beglückt. Für das eine auf der Bühne hat man teure Karten gekauft, die anderen werden einem frei Haus und gratis geliefert. Die Geschichte vorne an der Rampe ist an sich bekannt. Viel spannender sind die Stories, die sich links, rechts, vor einem und hinter einem abspielen.
Dame auf dem Sitz dahinter: „Die Antschi-Tant liegt im Spital, eh schon eine Woche und soll morgen raus kommen, aber ob die Ärzte wirklich…“, aber kaum hat man Interesse an dieser Mitteilung gefunden, wird deren Telefonat vom Herrn daneben übertönt: „Du, Burli, gestern das Abachterln war ein Hammer! Wieviel? Siebene?!“
Kurze Pause, in der man wieder Antschi-Tantes Krankengeschichte weiterverfolgen kann: „No, großartig haben sie operiert. War ja alles schon vereitert, ganz entzunden…“
Gott sei Dank, der Herr hat wieder zu Stimme gefunden: „Was ich da tu?! Meine Frau hat g´sagt, das soll ich mir anschauen. Was? Welches Stück? Was weiß ich, irgendwas, wo dauernd g´sungen wird. Eine Oper??? Na, hoffentlich nicht, weil…“
Leider gehen die Argumente für seine Aversion gegenüber dem Musiktheater unter der schrillen Stimme einer weiteren Sitznachbarin unter: „Hallöchen!!! Wie geht´s? Ja, wie geht´s dir denn? Alles Picobello!? Also, mir geht´s gut und dem Karli auch. Aber der ist nicht mitgegangen…, äh!.. Was meinst damit? Ob er stattdessen bei der Freundin ist? Was red´st für einen Stumpfsinn. Der macht das nicht! Woher willst grad du das wissen?“
„Weil die Antschi-Tant viel zu fett ist.“
„Und das Gedudel von die Holzbischkotten! Ich halt´s net aus!“
„So was will eine Freundin sein, eine Schlangen bist!“
„Dafür haben sie gesagt, dass man wegen so viel Schlatz in der Lungen ruhig sterben kann, aber sie hat wieder g´sagt, dass…“,
„Ich bin doch nicht eifersüchtig! Auf dich, du Schlampen, schon gar nicht.“
„…entweder schlaf´ ich eh ein oder ich…“
„Was, er ist bei…“
Spannung pur, vom Regisseur Zufall in eine tolle Dramaturgie verpackt! Wo befindet sich der untreue Gatte nun wirklich auf seinen Abwegen? Wird die Antschi-Tant überleben? Übersteht der Banause den Theaterabend? Im Moment lässt sich noch nichts Schlüssiges erfahren. Das Licht im Saal geht aus. Übrig bleibt der grüne Schein von Hunderten von Displays in den Gesichtern des Publikums. Als Ouvertüre ertönen per Lautsprecher eingespielte Handysignale, gefolgt von der warmherzigen Aufforderung, die Mobiltelefone nach der Vorstellung verlässlich wieder einzuschalten. Eine wichtige Mitteilung, vor allem das mit dem wieder aufdrehen. Wie sonst soll man als nicht telefonierender Theaterbesucher die Antwort auf die wirklich großen Fragen der Menschheit bekommen!? Gäbe es nicht vor, zwischen und nach den läppischen Szenen aus der Scheinwelt des Theaters die wahren Dramen des Lebens, wie sie laut und deutlich an den Handys dargeboten werden. Interview mit einem Spucknapf bei der Weinverkostung:Jetzt rede ich!
Einmal anders gefragt:Welches Essen darf den Wein begleiten?
Eine gutgemeinte Warnung vor Ausstellungseröffnungen
Man hat´s nicht leicht als Ehrengast
Österreichisches Wein-Orakel |