SISI Eine Kaiserin, fernab von Mythen und Klischees
Sommerresidenz und Jagdschloss von Prinz Eugen als erste Station einer Wanderausstellung
Kaiserin Elisabeth war bekannt für die Rastlosigkeit, die sie vom ungeliebten Hof in Wien durch die Welt trieb. Diesem Wesenszug entspricht auch die Ausstellung, die von der Schloß Schönbrunn Kultur- und Betriebsges.m.b.H. (SKB) mit Objekten aus dem persönlichen Besitz Sisis gestaltet werden konnte. Eingerichtet ist „Sisi – Mensch & Majestät“ in Schloss Niederweiden, dort wo Prinz Eugen einst Jagden ausklingen ließ, bevor er sich wieder in das nahegelegene Schloss Hof zurück zog. Nach dieser Premiere soll auch sie auf Reisen gehen und international das von Mythen und Klischees ramponierte Bild dieser außergewöhnlichen Frau korrigieren.
Schirme, Fächer und Gesichtsschleier sind nur Äußerlichkeiten, auf die freilich nicht verzichtet wurde. Denn sie gaben Sisi die Möglichkeit, sich gegen eine nicht immer wohl gesonnene Umgebung „abzuschirmen“. Dass sie selbst damit den Ruf einer ewig jungen Schönheit aber ebenso unverstandenen Außenseiterin förderte, war nichts als die logische Folge.
Zahlreiche andere Details lassen aber eine Persönlichkeit erscheinen, die man bisher so nicht gekannt hat. Sie war gleichzeitig die beschützende, wohltätige Landesmutter und erstaunlicherweise auch liebende Gattin eines Kaisers, der mit ihrem Intellekt und der Aufgeschlossenheit dem Neuen gegenüber wenig anzufangen wusste. Alleine die Details zur Fußwaschung am Gründonnerstag lassen eine Volksnähe erkennen, die man bei Sisi nicht geahnt hätte. Zum Teil noch nie gezeigte Gegenstände erschließen neue Aspekte zu ihrem Schönheitskult oder ihrer Leidenschaft für das Reiten, ohne jedoch auf den all zu gern kolportierten Schlankheitswahn intensiv einzugehen.
Wie tief sie die Schicksalsschläge innerhalb der Familie getroffen haben, wird sowohl in Niederweiden als auch in der ergänzenden Ausstellung „Sisis Sohn Rudolf“ in Schloss Hof aufgearbeitet. Sie verlor früh ihre erste Tochter Sophie und später ihren einzigen Sohn bekanntlich durch dessen Selbstmord auf Schloss Mayerling. Die beiden war sich nie sonderlich nahegestanden, obgleich sie intellektuell und schöpferisch ungemein ähnlich waren. Für Rudolf war Sisi eine „gütige, überaus schöne Fee“, also eher eine Märchenfigur denn eine Mutter. Erzogen wurde er aber im Sinne seines Vaters Franz Joseph, der ihn für die Armee vorbereitete, auf Jagden mitschleppte und partout mit einer „passenden“ Frau, also der hochadeligen und katholischen Stephanie von Belgien, verheiraten ließ. Auch hier sind es Objekte, die in faszinierend neuer Weise einen Kronprinzen zeigen, der von den Gerüchten um sein unstetes Liebesleben und den für manche nach wie vor nicht geklärten Freitod mehr als tragische Romanfigur, denn als historische Figur ins allgemeine Andenken eingegangen ist.
Für den Rest des Tages bieten sich Spaziergänge an. Barocke Pracht ist fast untertrieben, wenn man die einzelnen Terrassen des Gartens hinab schreitet. Anfangs sind es kunstvoll geformte und bepflanzte Blumenbeete mit Bassins, in deren Mitte Springbrunnen Fontänen in den Himmel sprühen. Die Übergänge sind mit breiten plätschernden Kaskaden verbunden, in denen es nur so von antiken Flussgöttern und sagenhaften Wassergeistern wurlt. Sie führen zu penibel geschnittenen Buschreihen und in geometrischem Muster verlaufenden Alleen. Getragen ist die so heitere Anlage von strenger Symmetrie, die vom Schloss weg bis zum schmiedeeisernen Tor am untersten Ende eine klare Sichtachse schafft. Ein Labyrinth und Irrgärten laden ein, sich unbeschwert in der Zeit zu verlieren und überraschend Prinz Eugen zu einem Plausch oder eine Partie Kartenspiel zu treffen. Dazu genügt ein wenig Fantasie, denn alles wurde wieder genauso aufgebaut und gestaltet, wie es seinerzeit der große Feldherr für seine Lustbarkeit erdacht hat. Mit dem Gutshof hat er eine ideale Landwirtschaft errichtet. Allein die Tiere mussten besonders sein, beispielsweise die seltenen Zackelschafe und Ziegen mit vier Hörnern, Kamele und Barockesel mit weißem Fell.
Prinz Eugen war dazu ein begabter Rosenzüchter und kundiger Gärtner, der eine Orangerie anlegen ließ, um damals hierzulande völlig unbekannte Pflanzen gedeihen zu lassen. Glücklicherweise nicht Barock, sondern kulinarische Gegenwart ist das Restaurant „Zum weißen Pfau“. Es bietet die Möglichkeit, sich nach den ausgedehnten Rundgängen in Schloss und Park bei feinem Essen und Trinken zu erholen und nicht zuletzt auf dem Übersichtsplan eventuell noch nicht besuchte Attraktionen zu entdecken.