Kultur und Wein

das beschauliche Magazin


Kasperl. Mephisto © Barbara Palffy

Kasperl (Soffi Povo). Mephisto (Christoph Bochdansky) © Barbara Palffy

FAUST „Der Tragödie Allerlei“ als Puppenspiel

Stubenfliegen und Dr. Faustus © Julie Dadsetan, Schubert Theater Wien

Stubenfliegen und Dr. Faustus © Julie Dadsetan, Schubert Theater Wien

Wenn der Kasperl das verspottet, was die Welt im Innersten zusammenhält.

Man vergisst ganz, dass es den Faust schon lange vor Johann Wolfgang von Goethe gegeben hat. Christoph Bochdansky hat bei den Recherchen für seine Bearbeitung dieses Stoffes herausgefunden (oder hat es schon vorher gewusst), dass ein gewisser Georg Faust ein Gelehrter der seinerzeitigen Modewissenschaften Medizin, Astrologie und Alchemie war und diese bis zur Scharlatanerie betrieben hat. Er war seinen Zeitgenossen damit zweifellos unheimlich. Kurz nach seinem Tod erschien bereits die „Historia von Dr. Fausten“ als Volksbuch und Grusellektüre. Es war ein Bestseller und gelangte sogar nach England und dort in die Hände von Christopher Marlow, dem Zeitgenossen von William Shakespeare. Dessen Drama kehrte als Puppenspiel auf den Kontinent zurück, wo das Gerangel von Gott und Teufel um Faustens Seele Goethe offenbar so faszinierte, dass er sein Leben lang an dieser Geschichte arbeitete und eine ganze Reihe Versionen für die Bühne schuf. Das Meisterwerk ist zweifellos „Faust. Der Tragödie erster Teil“, die Fundgrube für Zitate schlechthin und gleichzeitig Anregung zu einer Unzahl an Bearbeitungen.

Soffi Povo, Christoph Bochdansky © Julie Dadsetan, Schubert Theater Wien

Soffi Povo, Christoph Bochdansky © Julie Dadsetan, Schubert Theater

Prolog im Himmel. Gott und Mephisto © Barbara Palffy

Prolog im Himmel. Gott und Mephisto © Barbara Palffy

Die jüngste dieser Art stammt von Christoph Bochdansky, der damit wieder zum Puppentheater zurückgekehrt ist. Mit dem Titel „Faust. Der Tragödie Allerlei“ hat er sich dabei etliche Türen geöffnet, um dem Klassiker der Klassiker zu entkommen und leutseliges Puppenspiel samt edlem Marlow in sein Stück zu holen. Man begegnet beispielsweise einem Kasperl, der sich böse grinsend über den Teufel lustig macht und mit treffenden Kommentaren die bierernste Handlung auflockert. Freche Fliegen treiben fröhlich plaudernd ihr Unwesen in der verstaubten Studierstube und der sprechende Pudel nimmt respektlos bekannte Sätze in seine Schnauze und damit vorweg.

Als Draufgabe gibt es Faust II, zumindest den Schluss, in dem sich der blinde Heinrich gerade noch vor der Verdammnis retten kann. Dazu braucht es eine Menge an Puppen, die Bochdansky allesamt selbst gebaut hat. Sie werden in virtuoser Führung zu lebendigen Mitspielern, bei denen man gerne vergisst, dass hinter ihnen ein Mensch steht; wie Soffi Povo mit einer ungemein wandelbaren Stimme, die von der Zartheit eines Engelchens über den grellen Dialog der Hexen bis zum zynischen Tonfall eines seines Sieges gewissen Mephisto reicht. Regie führt Simon Meusburger, der neben Licht- und Musikmanagement ebenfalls dazu beigetragen hat, u. a. einen Zaubertrick mit scharfem Messer ganz ohne Blut gelingen zu lassen, dass sich Faust und Mephisto schwerelos zu einem Flug erheben oder die Walpurgisnacht zu einer höllischen Party ausartet. Es ist also ein Vergnügen, auf diese Weise einen weitbeschreyten Zauberer und Schwarzkünstler einmal von einer ganz neuen Seite, besser gesagt, von vielen Seiten her persönlich kennenzulernen.

Faust und Mephisto auf dem Fluge © Barbara Palffy

Faust und Mephisto auf dem Fluge © Barbara Palffy

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