Kultur und Wein

das beschauliche Magazin


Melina Rössler, Paul Graf, Sophia Plätzer, Grazia Patricia © Barbara Pálffy

Melina Rössler, Paul Graf, Sophia Plätzer, Grazia Patricia © Barbara Pálffy

DAS MÄDL AUS DER VORSTADT „Life Ball“ bei den queeren Nähterinnen

Masengu Kanyinda, Paul Graf © Barbara Pálffy

Masengu Kanyinda, Paul Graf © Barbara Pálffy

Eine Posse, aufgeladen mit hehren Anliegen, aber man darf trotzdem lachen.

Regisseur Christian Graf hat gemeinsam mit Bürgermeisterin Karin Baier vor der Rothmühle Schwechat die Regenbogenfahne gehisst. Die Pride Flag ist einerseits das mächtig wehende Zeichen für eine Welt, in der neben vielem anderen Guten sexuelle Orientierung und Identität keinen Unterschied mehr zeitigen sollen, andererseits ist sie eine Warnung an alle Normalos, die noch kein tiefenentspanntes Verhältnis dazu haben: Hier ist der Ort, wo sie ihr Fett abbekommen, diese Rassisten und unverbesserlichen Heteros! Naja, so schlimm ist es dann doch nicht. Auf dem Programm steht „Das Mädl aus der Vorstadt“, eine Posse mit Gesang von Johann Nestroy. Die im Titel erwähnte junge Frau ist die Tochter des zu unrecht eines Diebstahls verdächtigten Geschäftsleiters Stimmer und hat sich aus Scham in eine kleine Bleibe außerhalb der City zurückgezogen. Dummerweise liegt ihre Wohnung neben dem Salon von Madam Storch, die im Original eine Näherei betreibt. Wie damals üblich besserten sich ihre schlecht bezahlten Arbeiterinnen das Einkommen durch Liebesdienste auf. In Schwechat arbeiten ihre „Nähterinnen“ in einer Bar, in der erotische Dienste aller Art und für jeden Gusto angeboten werden, von der Drag Queen (Grazia Patrizia) über Thai (Sophie Plätzer als Pe Phi) und Domina (Melina Rössler als Sabine in Latzhose) bis zum Stricher Knöpfl (San Trohar). Warum nicht? Könnte es in ähnlicher Form durchaus auch schon 1841 gegeben haben, als dieses Stück seine Uraufführung erlebte.

Bella Rössler, Otmar Binder © Barbara Pálffy

Bella Rössler, Otmar Binder © Barbara Pálffy

Clemens Matzka, Bruno Reichert

Clemens Matzka, Bruno Reichert

Zugrunde liegt dieser Handlung ein französisches Vaudeville, das Nestroy mit wienerischen Elementen und seinem unvergleichlichen Wortwitz angereichert und dadurch zu einem seiner Erfolgsstücke gemacht hat. Es geht um ein gebrochenes Heiratsversprechen und den Versuch, den abtrünnigen jungen Mann durch zweifelhafte Verlockungen von seiner wahren Liebe zu heilen. Dieser Bursch heißt Gigl (Paul Graf), ist nicht unbetucht, aber auch nicht mehr gewillt, die in die Jahre gekommene Witwe Frau von Erbsenstein (eine elegante und doch komische Dame: Bella Rössler) zu ehelichen. Ihm ist die liebreizende Thecla über den Weg gelaufen und hat ihm den Kopf verdreht. Masengu Kanyinda gibt sie als schüchterne Person, die leise spricht und einer solchen Liaison eher skeptisch gegenübersteht. Ein anderes Kaliber ist Herr Kauz, ein windiger Spekulant, den Bruno Reichert jede Schlechtigkeit wie Unterschlagung und versuchten Betrug ausführen lässt.

Als er Madam Storch (hinreißend: Franz Steiner als ältliche Puffmutter) nachsteigt, nimmt sein Untergang den gerechten Lauf. Schnoferl (Clemens Matzka) ist ein „ausgebreiteter Geschäftsmann“, versehen mit List und einigen recht bissigen Couplets, bei denen er von „Kapellmeister“ Otmar Binder am Klavier begleitet wird. Er überführt den Malefizbuben seiner üblen Machenschaften und erhält dafür als heiß ersehnten Lohn die Hand der Erbsensteinischen.

Grazia Patricia, Franz Steiner © Barbara Pálffy

Grazia Patricia, Franz Steiner © Barbara Pálffy

Nestroy-Spiele Schwechat Logo 300

Statistik