Kultur und Weindas beschauliche MagazinClaudia Marold, Jörg Stelling, Christopher Korkisch © Fabian Steppan ES WAR DIE LERCHE Tragische Fortsetzung: R & J als Ehepaar
Man stelle sich vor: Die größte Liebetragödie der Weltliteratur hätte ein Happy End. Julia erwacht just in dem Moment, als sich Romeo aus Verzweiflung umbringen will. Jubel, Kuss und allgemeine Freude! Nachdem die beiden bereits verheiratet sind, müssen sich auch die verfeindeten Familien zähneknirschend versöhnen und dem jungen Paar Glück wünschen. Aus der anfänglichen Begeisterung über die glückliche Fügung wird jedoch bald der öde Alltag einer Ehe wie in jeder anderen. Es fehlt an Geld, die Tochter pubertiert und im Schlafzimmer tut sich nichts. Julia schnarcht gottserbärmlich und Romeo schenkt den letzten Rest sinnlicher Zuneigung einer Wärmeflasche namens Rosalinde. Die Tragödie wird quasi unter anderen Vorzeichen weitergeschrieben und nur dank des unvergleichlichen Witzes von Ephraim Kishon zu einer grandiosen Komödie.
Nicole Fendesack erfüllte sich mit „Es war die Lerche“ einen persönlichen Wunsch. 25 Jahre lang hat sie für „Shakespeare in Mödling“ dessen Werke durch pointierte Überschreibung für ihr Publikum gut verdaulich gemacht und so gemeinsam mit einer engagierten Truppe erfolgreiches Sommertheater geschaffen. Nun ist die Prinzipalin der Meinung, dass es „Time to Say Goodbye“ sei. Bevor sie sich aber zurückzieht, hat sie noch mit dem größten aller Theaterdichter ein Hühnchen zu rupfen. Gelegenheit dazu bietet sich in diesem humorigen Stück, in dem nach 29 Ehejahren einige der bekannten Gestalten aus Jugendtagen bei Familie Montague vorbeischauen. Für Fendesack sind Jörg Stelling und Claudia Marold die Idealbesetzung für das in die Jahre gekommenen Pärchen.
Romeo & Julia, Ensemble © Fabian Steppan ROMEO & JULIA Historisch, aktuell und witzig pointiert
Wer die mutig humorvollen Produktionen von „Shakespeare in Mödling“ kennt und schätzt, darf diesmal ganz besonders neugierig sein. Auf dem Programm steht die Tragödie der Tragödien, die beste Reklame für Papiertaschentücher, weil üblicherweise Tränen fließen, wenn sich die beiden verliebten Sprosse zweier verfeindeter Familien aufgrund eines blöden Missverständnisses ihres jungen Lebens berauben. Nicole Fendesack, Mastermind der Truppe „Shakespeare in Mödling“, hatte auch dazu ein ganzes Paket von Ideen, um die von Shakespeare vorgegebene Handlung von ihrer süßlichen Traurigkeit zu erlösen und trotzdem gehörigen Respekt vor dem Original zu bewahren. Gemeinsam mit Helena Scheuba wurde zum alten Titel ein neues Stück getextet, eine Überschreibung, die sich nicht mit hergebrachten Klischees abfindet, sondern mit neuen, durchaus frechen Gedanken aufhorchen lässt.
Fendesack nimmt die Verantwortung insoweit auf sich, als sie den neutralen Fürsten in ihre Rolle als Prinzipalin umdeutet und das Geschehen per Megaphon kommentiert. Die übrige Besetzung der Hauptfiguren nimmt sich radikal historisch aus. Frauen- und Männerrollen sind wie zu Shakespeares Zeit mit Herren besetzt. Den weiblichen Anteil stellt ein aufsässiges Trio, das im Publikum platziert ist und von dort aus lautstark auf das Bühnengeschehen Einfluss nimmt. Es wird dabei vieles infrage gestellt, das tatsächlich eine neue Sichtweise unserer Zeit erfordert.
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