Kultur und Wein

das beschauliche Magazin


Engel symbolisieren li. Afrika und re. Amerika

STIFT DÜRNSTEIN Eine Entdeckungsreise zum wahren Wertvollen

Die DAchlandschaft von Dürnstein mit dem markanten blauen Kirchturm

Das ehemalige Kloster im malerischen Wachaustädtchen lädt ein zur Besinnlichkeit

Kirchturm und Himmel eifern in ihrem Blau um die Wette. Zusammen sind sie wohl das beliebteste Fotomotiv der Besucher, die im heurigen Sommer im sonst von Touristen überlaufenen Dürnstein in den engen Gassen ungewohnt viel Platz zum Spazieren und Schauen vorfinden. Ein Pflichtbesuch ist das 1788 von Kaiser Joseph II. aufgehobene Stift der Augustiner Chorherren, in dem seit dem vorigen Jahr Führungen mit einem ganz speziellen spirituellen Hintergrund angeboten werden. Es geht um die Entdeckung des Wertvollen. Die Definition dieses doch weit gefassten Begriffes hat Propst Petrus von Stift Herzogenburg, dem seinerzeit Stift Dürnstein zugeschlagen wurde, auf drei Punkte reduziert. Tu das Gute, finde das Schöne und suche das Wahre lautet das Motto, mit dem die Menschen zum Nachdenken über das wahre Wertvolle zwischen Erde und Himmel bzw. Leben und Tod angeregt werden sollen. Am Eingangsportal wird der Besucher noch mit dem reichen Symbolschmuck allein gelassen. Nicht zu übersehen ist aber das Herz, aus dem eine Flamme schlägt.

Das heilige Grab im barocken Kreuzgang des Stiftes von Galli da Bibiena

Es ist das im weiteren Rundgang immer wieder erscheinenden Zeichen des heiligen Augustinus, dessen Herz für Gott brannte. Über den Kassenbereich gelangt man in eine gotische Säulenhalle. In diesem einst der Wirtschaft des Stiftes dienenden Gewölbe gibt es neben einem Modell der Stadt Dürnstein und einem Film zu dessen abwechslungsreicher Geschichte eine Einführung in das Thema „Das Gute tun“. Angeboten werden entweder Audioguide oder eine Führung, um den Geheimnissen auch entsprechend auf die Spur zu kommen. Die wohltuende Ruhe dieses Raumes schafft umgehend ein Abschalten alltäglicher Gedanken und öffnet das Interesse für höhere Dinge, die schon im Stiftshof für einen ausgedehnten Aufenthalt sorgen.

Drei Sphären, eine f+r die Erde, eine für den Himmel und die dritte für das Heilsgeschehen

Die Farben der Wände allein sind schon Programm. Mitten im Kloster ist mit Ocker und Grau das Diesseits, die Erde, angedeutet und deutlich macht, dass die Herren des Stiftes keineswegs jenseits gewandte Mönche waren. Ausgewählt wurden die Farben von Hieronymus Übelbacher, dem in Theologie und Philosophie gebildeten Propst, der das herabgekommene Stift in seiner Wirkungszeit von 1710 bis 1740 zu einem barocken Schmuckstück der Klosterarchitektur umgestaltet hat.

In den Ecken stehen vier Quartette von Putti, die der Reihe nach die vier Tages- und Jahreszeiten, die (damals bekannten) vier Kontinente und die vier Elemente darstellen. Zentral ist das Eingangsportal in die Kirche, das mit seiner bildlichen Ausstattung den Übergang vom Irdischen zum Himmlischen deutlich macht. Die Runde führt vorerst jedoch in andere Räumlichkeiten des Klosters.

Die Stuckdecke der Stiftskriche, geschaffen von S. Bussi

Die Besucher werden eingeladen, ihre Ideen zu „das Schöne bewahren“ aufzuschreiben und an einer Wand für Nachkommende zu hinterlassen. Die Frage, was an der dort gezeigten spätgotischen Madonna das Wertvollste sei, wird erst mit Hilfe der Führerin, besser der Kulturvermittlerin beantwortet. Es sind weder die Krone noch das üppige Gold, mit dem das Textil gefasst wurde. Es ist das bescheiden wirkende Blau auf der Innenseite des Mantels, das damals nahezu unerschwinglich war.

Heute wird mit über 300 verschiedenen Blautönen geprunkt und damit zur Farbe des Kirchturms übergeleitet. Als es 1986 an dessen Renovierung ging, entdeckte man blaue Farbpartikel und veranlasste mit dem Himmelblau eine heftige Diskussion unter Denkmalschützern, die sich allerdings längst gelegt hat und Dürnstein ohne diesen Turm undenkbar gemacht hat.

Beredtes Eingansportal der Stiftskirche

Das von Propst Übelbacher entworfene – und fein säuberlich mit unzähligen Aufschriften von ihm erklärte – Programm auf der Außenseite führt uns über das Leiden Jesu hinauf bis zur Erlösung durch seinen Tod am Kreuz und wieder zurück zur Erde über die vier Evangelisten, die zwölf Apostel und Heiligen, zu denen auch St. Nikolaus gehört, der von seiner Warte aus die Schiffer auf der Donau beschützt. Dominierend zum Strom hin strahlt auch das golden brennende Herz an einer Balustrade. Von hier aus genießt man eine traumhafte Aussicht auf die östliche Wachau, bevor es einen Stock höher zur „Suche nach dem Wahren“ geht. Kinder dürfen hier aus Legosteinen den Turm nachbauen und die Erwachsenen über den tiefen Sinn von drei Globen sinnieren. Der eine zeigt die Erde, der zweite eine Himmelssphäre und der dritte der Nachbau des Tabernakels in der Stiftskirche. Die Aufgabenstellung besteht darin, einzusehen, dass wir nicht alles gleichzeitig erfassen können. Nur einer kann dieses Große, Ganze tragen und das ist Gott der Allmächtige, der das alles, so heißt es hier, aus Liebe erschaffen hat.

Mit dieser Erkenntnis kratzen wir zumindest an der Wahrheit, was auf dem Deckengemälde im anschließenden Festsaal bestätigt wird. Martin Johann Schmidt, oder kurz der Kremser Schmidt, malte darauf Jesus beim Gastmahl, der einer Sünderin vergibt und diese sogar segnet.

Eine dramatische Darstellung des Kindsmords von Bethlehem

Auf dieser Ebene geht es weiter zur Empore der Kirche. Barock, wohin man schaut, und dennoch im Detail anders als sonst. Anstelle der Deckenfresken hat hier der italienische Stuckateur Santino Bussi Szenen aus dem kirchlichen Festkreis geschaffen, die thematisch zum Hochaltar nach vorne bis zu Fronleichnam führen. Wieder sind es Inschriften, die in Latein und Deutsch den Frommen die jeweiligen Inhalte offenlegen. Im Kirchenschiff unten wird der Besucher auf eine erklärende Tafel verwiesen, damit die Andacht des Raumes nicht durch lautes Erklären gestört wird. Eine kleine Pforte öffnet sich zu einem der wenigen erhaltenen barocken Kreuzgänge. Skelett und Sensenmann empfangen den Eintretenden als Memento mori, denn von hier geht es hinab in die Krypta und zur um 1400 angelegten Gruft. Auch Kaiser und König, Papst und Bischof sind sterblich verkündet ein Totentanz unter Fresken mit Szenen aus der Apokalypse, die von einer düsteren Kreuzigungsgruppe (Jesus und die beiden Schächer) vor einem Hintergrund aus Lavagestein und Schlacke abgeschlossen werden.

Dem Mitteilungsbedürfnis von Propst Übelbacher wurde auch auf seiner Grabplatte Rechung getragen, die verkündet, dass niemand anderer als er für den prächtigen Zustand des Stiftes verantwortlich ist.

 

Wieder zurück im Kreuzgang entkommt man nicht der Herrschaft des Todes. Sogar bei der zentralen Geburt Christi zeigt die linke Szene ungeheuer dramatisch den Kindesmord von Bethlehem, während rechts die heilige Familie auf der Flucht nach Ägypten ist. Als Künstler zeichnet hier Johann Schmidt, der Vater des Kremser Schmidt. Nicht zu verkennen ist die barocke Lust an theatralischer Inszenierung. Während der Karwoche werden die Fenster mit Bildtafeln abgedunkelt. Umso besser kommt das mit bunten Lampen, ursprünglich Öllämpchen, beleuchtete heilige Grab zur Geltung.

Am Werk war hier der italienische Architekt und Bühnenbildner Giuseppe Galli da Bibiena, der hier ungewöhnliche Raumtiefe geschaffen hat. Durch die Schmerzensmadonna hindurch sieht man im Hintergrund das Herz Jesu. Der Leichnam selbst liegt bescheiden vorne in einer Grotte. Wie alles in Stift Dürnstein ist auch dieser Raum eine kunstvoll umgesetzte Predigt, deren Botschaft auch bei einer Kraxlerei durch steile Weinterrassen oder einem Glas Federspiel beim Heurigen besinnlich nachklingen darf.

Das Brennende Herz auf der Balustrade des Stiftes
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