Kultur und Wein

das beschauliche Magazin


Paul Wiborny (Richard) © Karin VOGT

Paul Wiborny (Richard) © Karin VOGT

WIR DREI Gefangen in einer Dreiecksbeziehung

Lisa-Marie Bachlechner, Veronika Zellner, Paul Wiborny © Karin VOGT

Lisa-Marie Bachlechner , Veronika Zellner, Paul Wiborny © Karin VOGT

Die faszinierende Offenheit einer Schriftstellerin vor mehr als 100 Jahren

Drei höchst unterschiedliche Menschen sehen sich als eingeschworenes Trio, verbunden in stets neu erklärter Freundschaft. Zwei Frauen und ein Mann, allein diese Konstellation lässt bereits Probleme anklingen. Keine Ménage à trois, nicht die Spur, meint man, wenn die erfolgreiche Theaterautorin Sascha Korff beim Ehepaar Richard und Agnes Ebner erscheint und sich bei den beiden Eheleuten ausnehmend wohlfühlt. Sie scheint nicht zu merken, dass der bemühte Dichter, im übrigen aber wenig schillernde Richard ein stiller Verehrer ihrer freien Lebensweise ist und diese Gefühle in vermeintliche Liebe zu ihr umsetzt. Sascha wiederum hegt durchaus zärtliche Empfindungen für die bescheidene Agnes, die ihrerseits alles unternimmt, sogar die Lektüre von Schopenhauer, um ihrem Mann auch geistig nahe zu kommen. Erdacht hat sich diese Komplikationen eine Frau. Mit der Veröffentlichung des dazu geschriebenen Theaterstücks löste sie einen literarischen Skandal aus. Die Rede ist von Elsa Bernstein (1866*), die nicht zuletzt deswegen zu Lebzeiten als eine der bedeutendsten Dramatikerinnen Deutschlands gegolten hat. 1891 war es alles andere als selbstverständlich, dass eine Frau Themen wie Sexualität und Erotik den Männern nahebrachte und damit in deren ureigenstem „Fachgebiet“ wilderte.

Paul Wiborny (Richard), Lisa-Marie Bachlechner (Sascha) © Karin VOGT

Paul Wiborny (Richard), Lisa-Marie Bachlechner (Sascha) © Karin VOGT

Lisa-Marie Bachlechner (Sascha), Veronika Zellner (Agnes) © Karin VOGT

Lisa-Marie Bachlechner (Sascha), Veronika Zellner (Agnes) © Karin VOGT

Zur Umsetzung auf einer Bühne musste das Stück „Wir Drei“ bis 2003 in Köln warten. Unter der Regie von Stefanie Elias gab es nun spät aber doch im experiment theater am liechtenwerd die österreichische Erstaufführung. Man ist geneigt zu sagen, Frauen unter sich, die den einzigen Mann recht ungeschickt dastehen lassen. Dargestellt wird Richard von Paul Wiborny.

Er verdient weder Agnes noch die ihm weit überlegene Sascha. Sein Start als Dichter verläuft holprig und die finanzielle Situation ist alles andere als rosig. Veronika Zellner als stille Ehefrau beherrscht das Spiel mit ihren Mandelaugen. Sie lächeln indifferent, wenn Agnes von Richard in den Arm genommen oder von einer subtil zudringlichen Sascha umworben wird. Zu kalten Schlitzen verengt zeigen sie Unnahbarkeit und Trauer. Die junge Frau will sich von ihrem kindisch untreuen Gatten scheiden lassen und muss später sogar ihr neugeborenes Kind begraben. Lisa-Marie Bachlechner strahlt dagegen als Sascha die Erscheinung einer in jeder Beziehung offenen Person aus. Sie glaubt, sich über alles hinwegsetzen zu können – bis ihr die Freunde abhanden kommen, nicht zuletzt aus dem Irrtum heraus, dass auch die anderen wie sie zu denken und zu fühlen hätten. Als geerdete Hausangestellte Betty Hofstetter steht Helga Grausam der sich anbahnenden Tragödie hilflos gegenüber und kann am Ende nur die unbenützte Kinderwäsche aus den von Erwin Bail als Bühnenbild eingesetzten Regalen räumen.

Lisa-Marie Bachlechner (Sascha), Helga Grausam (Betty Hofstetter) © Karin VOGT

Lisa-Marie Bachlechner (Sascha), Helga Grausam (Betty Hofstetter) © Karin VOGT

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