Kultur und Wein

das beschauliche Magazin


Plan für Hofmannsthals Salon Entwurf: Oskar Strnad, 1917/20 © Freies Deutsches Hochstift

Plan für Hofmannsthals Salon Entwurf: Oskar Strnad, 1917/20 © Freies Deutsches Hochstift, Frankfurt a. M., Nachlass Hofmannsthal

STAGING HOFMANNSTHAL Prolog und drei Akte zum 150. Geburtstag

Der Rosenkavalier, „Ein Saal im Palais Herrn von Faninals“ © KHM-Museumsverband, Theatermuseum

Der Rosenkavalier © KHM-Museumsverb., Theatermuseum

Als die Bühne noch ein Traumbild sein sollte...

Man taucht ein in längst vergangene Zeiten. Die Bühne, egal ob für die Oper oder das Sprechtheater, sollte den Inhalt des auf ihr Dargebotenen ergänzen, das Publikum mit Kulissen und Kostümen verzaubern und es aus seiner banalen Wirklichkeit abholen, um es für die Dauer des jeweiligen Stücks wie ein magischer Magnet in der gespielten Einheit von Zeit, Ort und Handlung festzuhalten. Hugo von Hofmannsthal (1874-1929) war nicht nur ein vielseitiger Schriftsteller, Dramatiker, Lyriker und Librettist. Als anspruchsvoller Gestalter des Bühnenbildes war er auch Schöpfer des wunderbar poetischen Begriffs einer „Bühne als Traumbild“. In seinen Manuskripten finden sich Skizzen, die als „Szenische Vorschriften“ bereits wesentliche Vorgaben enthalten. In der Umsetzung konnte er auf geniale Helfer zurückgreifen. Der prominenteste war gewiss Regisseur Max Reinhardt, dazu kamen Künstler wie Alfred Roller oder Oskar Strnad und nicht zuletzt der Komponist von Hofmannsthals Libretti, Richard Strauss.

Elektra Bühnengrundriss, Aufriss Entwurf: Alfred Roller k.k. Hofoperntheater, Wien, 1909 © KHM

Elektra Bühnengrundriss, Aufriss Entwurf: Alfred Roller k.k. Hofoperntheater, Wien, 1909 © KHM-Museumsverband, Theatermuseum

Elektra Bühnenbildentwurf: Edward Gordon Craig, 1905 © KHM-Museumsverband

Elektra Bühnenbildentwurf: Edward Gordon Craig, 1905 © KHM-Museumsverband, Theatermuseum

Wie weit die damals geschaffenen Bildwelten bis in die Gegenwart nachwirken, versucht eine Ausstellung im Theatermuseum zu ergründen. Anlass dafür ist der 150. Geburtstag des Dichters. Die beiden Kuratorinnen Christiane Mühlegger-Henhapel (Theatermuseum) und Katja Kaluga (Freies Deutsches Hochstift, Frankfurt am Main) haben sich in dieser Verbeugung aus der gewaltigen Fülle an Themen für den Aspekt Bühne entschieden; deshalb der Titel „Staging Hofmannsthal“ (bis 19. August 2024). Wie in einem großen Drama betreten die Besucher zuerst einen Prolog. Die Wohnung in der Stallburggasse 2 war 1916 vom Architekten und Bühnebildner Oskar Strnad ausgestattet worden; zu einem theatralen Raum, den Hofmannsthal für repräsentative Auftritte nutzte. Neben der Andeutung des Interieurs sind Beispiele von Strnads Arbeiten zu „Der Schwierige“ (1926, Salzburger Festspiele) oder zu „Ariadne auf Naxos“ von Richard Strauss zu bewundern.

Kostümfigurine „Feldmarschallin Wartenberg“ © KHM-Museumsverband, Theatermuseum

Kostümfigurine „Feldmarschallin Wartenberg“ zu Der Rosenkavalier Entwurf: Alfred Roller, o.D. © KHM-Museumsverband, Theatermuseum

Kostümfigurine „Octavian Rofrano“ zu Der Rosenkavalier Entwurf: Alfred Roller, o.D. © KHM

Kostümfigurine „Octavian Rofrano“ zu Der Rosenkavalier Entwurf: Alfred Roller, o.D. © KHM-Museumsverband, Theatermuseum

Es folgen drei szenische Räume. Erster Akt: Elektra. 1903 wurde es von Max Reinhardt bereits als Sprechstück in Berlin inszeniert. Nach der Vertonung von Richard Strauss besorgte Alfred Roller die kongeniale Umsetzung dieser Ideen und minutiösen Angaben seitens des Librettisten für die Opernbühne. Zweiter Akt: Der Rosenkavalier. Aus den umfangreichen Beständen des Theatermuseums konnte ein Raum inszeniert werden, der Ideen und Inhalte dieser ungemein populären Oper widerspiegelt. Es waren verbindliche Vorgaben für sämtliche Opernhäuser, die bis in die 1970er-Jahre befolgt wurden. Dritter Akt: Ein Ausschnitt aus dem rekonstruierten Stummfilm „Der Rosenkavalier“ lädt für ca. 15 Minuten zum Verweilen ein.

Uraufgeführt wurde der Streifen 1926 in der Dresdner Semperoper, begleitet mit großem Orchester unter der Leitung von Richard Strauss (Regisseur: Robert Wiene, Pan-Film). Zwei Jahre später räsonierte ein enttäuschter Hofmansthal: „Allerdings ist mir nie klar geworden, wo die Grenzlinie zwischen der Tätigkeit des Filmregisseurs liegt, und des Mannes, der das sogenannte ,Manuscript´ herstellt.“ In diesem Fall muss der Dichter dem Regisseur zweifellos den Vortritt lassen. An der Stelle, an der in einer Vorstellung Verbeugungen und Applaus stattfinden, wird hier das Publikum zu einem Epilog eingeladen. Anstelle der Bravorufe geht es um eine Spurensuche im städtischen Raum. Hilfe bietet dafür die zur Ausstellung erschienene Publikation. Auf der Innenklappe am hinteren Deckel des Buches finden sich verschiedenste Hofmannsthal-Orte verzeichnet, die, so die Autorinnen Mühlegger-Henhappel und Kaluga, nicht nur die Lebensrealität des Gefeierten betreffen, sondern auch Werkbezüge herstellen, zu denen auf den Seiten dazwischen  aufschlussreiche Texte zu finden sind.

Ariadne auf Naxos © KHM-Museumsverband, Theatermuseum

Ariadne auf Naxos (Musik: Richard Strauss, Libretto: Hugo von Hofmannsthal) Bühnenbildentwurf: Oskar Strnad Wiener Staatsoper 1935 (Übernahme von den Salzburger Festspielen 1926) © KHM-Museumsverband, Theatermuseum

Blick in die Ausstellung „Showbiz Made in Vienna. Die Marischkas“ © KHM-Museumsverband

Blick in die Ausstellung „Showbiz Made in Vienna. Die Marischkas“ © KHM-Museumsverband, Theatermuseum

WALK OF FAME Eine Intervention gegen das Vergessen

Oscar Friedmann am Aufgang zur Ausstellung

Oscar Friedmann am Aufgang zur Ausstellung

Begegnungen mit Vertretern der kosmopolitischen jüdischen (Theater)Moderne der 1930er-Jahre

Graue Silhouetten empfangen die Besucher des Theatermuseums und begleiten sie in den ersten Stock, um sie dort in das helle Licht der bunten Ausstellung „Showbiz Made in Vienna. Die Marischkas“ mit all der Nostalgie zur Film- und Unterhaltungsindustrie zu entlassen. Auf den bescheiden aus Pappe gefertigten lebensgroßen Gestalten heben sich Gesichter ab. Zum Namen dieser Personen muss man sich jedoch ehrfürchtig tief bis zu deren Sockel bücken, bequemer hat man es bei der Information, die ein Blatt mit QR-Code in deren Mitte bietet. Dort finden sich (sofern vorhanden) auch Audio- und Videoaufnahmen zur jeweiligen Gestalt. Um das Geheimnis zu lüften: Es handelt sich um 14 Vertreter der kosmopolitischen Theatermoderne aus der Zeit zwischen 1900 und 1938, dem Jahr, das für viele von ihnen Vertreibung oder Tod bedeutet hat. Die Erinnerung an sie wurde (beinahe) ausgelöscht, ihr Wirken verdrängt und ihnen damit ein zweites Mal das Leben genommen.

Von dDie Studierenden, von denen der Walk of Fame erarbeitet wurde

Von dDie Studierenden, von denen der Walk of Fame erarbeitet wurde

Siegrfired Geyer in der Sonderausstellung Richard Teschners Figurenspiegel

Siegfried Geyer in der Ausstellung Richard Teschners Figurenspiegel

Entstanden ist diese Intervention in einer Kooperation des Theatermuseums mit Studierenden und dem Archiv des Instituts der Theater-, Film- und Medienwissenschaft der Universität Wien. Unter dem Titel „Walk of Fame. Die Gleichzeitigkeit von Erfolg und Verfolgung“ (bis 1. April 2024) werden in „Wer waren...?“ in erster Linie Frauen aus dem Dunkel des Vergessens geholt.

So war Else Feldmann eine politisch-sozial engagierte Literatin und Journalistin, Maria Gutmann Wiens erste Regisseurin oder Camilla Frydan Pianistin und Komponistin. Es werden aber auch Männer vor den Vorhang gerufen. Ausgesprochene Multitalente wie Siegfried Geyer, die Erfolgsdramatiker und Journalisten Oscar und Armin Friedmann oder der Kritiker Siegfried Löwy stehen hier neben dem Theaterbesucher Bernhard Krakauer. Jede und jeder einzelne hat eine spannende Geschichte zu erzählen. Um neben der digitalen Ausstellung handfeste Unterlagen zu bieten, ist eine Zeitung erschienen. Auf den Umschlagblättern finden sich die Standorte und im Leseteil eine ausführliche Präsentation der jeweiligen Persönlichkeit. Das letzte Kapitel dieses Magazins stellt die Frage: „Was bleibt?“ Freilich konnte nur ein winziger Ausschnitt aus diesem traurigen Kapitel freigelegt werden. Ein Anfang ist jedoch gemacht, mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln wie Internetseite und gedrucktem Papier diesen Menschen wieder zum Dasein in der österreichischen Kulturgeschichte zu verhelfen.

Camilla Frydan im Stiegenaufgang zur Ausstellung

Camilla Frydan im Stiegenaufgang zur Ausstellung

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