FRANKENSTEIN als flottes Crossover quer durchs Gruselland
Das Monster aus der Theaterwerkstatt
Nachdem die Rahmenhandlung zu dieser Parodie auf den Roman von Mary Shelley mit dem pathetischen Titel „Frankenstein oder Der moderne Prometheus“ verschweigt, wozu sie eigentlich da ist, darf einleitend für das weitere Verständnis der Text aus dem Programmfolder zitiert werden: Wir schreiben das Jahr 1816. Nach einem Vulkanausbruch auf Indonesien hat sich über der ganzen Erde der Himmel verfinstert und das Klima verändert. Über dem Genfer See blitzt und donnert es. Der britische Dichter Lord Byron und das befreundete Schriftstellerpaar Percy Shelley und Mary Godwin verbringen hier ihren Sommerurlaub und viel Zeit vor dem Kamin. Während draußen das Unwetter tobt und eine schaurige Kulisse aufspannt, begeben sich die Dichterfreunde in einen Wettbewerb um die beste Gruselgeschichte. Mary wird ihn für sich entscheiden, denn sie erfindet die Legende von Dr. Frankenstein, dem genialen und größenwahnsinnigen Medizinstudenten, der aus Leichenteilen und elektrischen Impulsen ein schreckliches menschliches Monster schafft.
Das nun von Dominic Oley darauf gefertigte Stück beginnt zwar mit diesem trauten Beisammensein der drei Dichter, die aber statt nach großen Worten zu graben einfach zum Blödeln anfangen. Allein die endlos umständliche Ansage, wo sich in diesem Feriendomizil die Toilette befindet, lässt den armen Percy beinahe in die Hose pissen. Klarheit und „Gruseln“ stellen erst in dem Moment ein, wenn sich Mary erhebt und mit der Warnung, dass es nun unerträglich grausam zugehen werde, mit ihrer Geschichte beginnt...
Dominic Oley ist selbst Regisseur der Uraufführung, die in der Theaterwerkstatt des Landestheaters Niederösterreich am 27. April 2019 von einem großteils jungen Publikum mit sehr viel Applaus und Bravos gefeiert wurde. Im Leading Team bis zu den Darstellern war ebenfalls die Jugend vorherrschend, abgesehen von Othmar Schratt, einem Quotenalten, der in seinen Rollen aber locker mit dem rasanten Tempo seiner an Jahren doch um einiges ärmeren Mitspieler mithalten konnte.
Er ist Butler, als Professor Van Helsing ein Vampir im Kampf mit Dracula und der blinde Moro, der ganz im Sinne unserer Zeit mit einem Baum ernsthaft poetische Gespräche führt. Als solcher hat er auch das Pech, den Golemius nicht sehen zu können. Tobias Voigt wurde als wahrhaft prächtiges Monster mit dem Herz eines Priesters und dem etwas zurückgebliebenen Hirn eines deutschnationalen Burschenschafters ausgestattet, das allein durch seine muskulöse Erscheinung die hübsche, aber anlassige Lady Lucy (Josephine Bloéb) zu allerlei Begehrlichkeiten animiert. Bloéb macht auch als Bursch, nämlich als der patscherte Fritz bella figura, wird aber recht bald von Golemius per Fußtritt beseitigt. Victor Frankenstein (Tobias Artner) mag als Schöpfer eines solchen Wesens genial sein, drauf aufpassen kann er aber nicht, denn kehr um die Hand ist ihm dieses auch schon entkommen, treibt schreckliches Unwesen und wird von einem Lynchmob verfolgt.
Nicht nur dieser den Social Media entlehnte Ausdruck hat dem Autor Oley eine der vielen Möglichkeiten geboten, erfrischenden Wortwitz sprühen zu lassen. Es ist also eine Mordshetz, die wir ihm und nicht zuletzt Mary Shelley, wie sie ehelich geheißen hat, verdanken. Ihr gibt Catherine Dumont charmante Gestalt. Überragt wird sie dabei von einer mächtigen Perücke, die sie wohl auch als Elisabeth nicht abgenommen hat, wenn sie laut Roman in der Hochzeitsnacht von Golemius aus Rache ermordet wird.