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LEIB-VICTORIA! Ausstellungsansicht © KHM-Museumsverband

LEIB-VICTORIA! Ausstellungsansicht © KHM-Museumsverband

LEIB-VICTORIA! Des Kaisers Lieblingswagen ist zurück

Sommerwagen von Kaiser Franz Joseph, sogenannte Leib-Victoria Nr. 10 © KHM-Museumsverband

Leib-Victoria Nr. 10 © KHM-Museumsverband

Zu seiner Wiederauferstehung waren hartnäckige Detektivarbeit und höchste restauratorische Kunst vonnöten.

Wir kennen den alten Kaiser noch aus kurzen Filmausschnitten, in denen er sich seinen Untertanen gezeigt hat. Ein kleiner alter Mann in pompöser Uniform sitzt in einem offenen Wagen. Seine rechte Hand ist mit beinahe zwanghaftem Salutieren beschäftigt. Franz Joseph war ein höflicher Monarch, aber auch einer, der den gewaltigen Neuerungen der Technik zu Ende seiner langen Regierungszeit mehr als skeptisch gegenüber stand. So soll angeblich auch der Spruch „Es war sehr schön, es hat mich sehr gefreut“ als unverbindlicher Kommentar zu derlei Erfahrungen entstanden sein, mit dem alleinigen Zweck, niemanden zu beleidigen. Dass manche Kutschen zu dieser Zeit unter der Motorhaube bereits mehr Pferdestärken vereinigten als sechs Pferde zusammen, war dem alten Herrn ebenfalls nicht geheuer. Bis zu seinem Ende zog er das Gespann mit braven Rössern, gelenkt von einem verlässlichen Kutscher, dem unheimlichen Automobil vor. Wenn es das Wetter einigermaßen zuließ, benützte er seine „Leib-Victoria Nr. 10“, einen zweisitzigen Wagen (im Gegensatz zu den Galawägen), der ihn unter anderem von Schloss Schönbrunn in die Hofburg oder zum Bahnhof brachte, wo der Hofzug nach Bad Ischl auf ihn wartete.

Leib-Victoria Nr. 10, Fahrgestell vor der Restaurierung © KHM-Museumsverband

Leib-Victoria Nr. 10, Fahrgestell vor der Restaurierung © KHM-Museumsverband

Kaiser Franz Joseph und König Alexander von Serbien in einer Leib-Victoria in Bad Ischl © KHM

Kaiser Franz Joseph und König Alexander von Serbien in einer Leib-Victoria in Bad Ischl, Berthold Dominik Lippay, 1891 © KHM-Museumsverband

Mit dem Ende der Monarchie wurde der Fuhrpark im Hofstallgebäude, heute MuseumsQuartier, aufgelöst. Die Prunkwägen kamen in die heutige Wagenburg nach Schönbrunn, die kleinen offenen und damit weniger attraktiven Exemplare wurden versteigert oder gelangten in das „Hengstendepot Stadl-Paura“, wo sie zum Einfahren junger Pferde verwendet wurden. Im Lauf der Zeit hat man diese ehemaligen Sommerwägen mehrfach überstrichen und teilweise bis zur Unkenntlichkeit verändert. Sie wurden als solche wieder entdeckt, als diese Bundesanstalt in den 1990er-Jahren privatisiert wurde. Es war die jetzige Direktorin der Kaiserlichen Wagenburg, Monica Kurzel-Runtscheiner, die als junge Kuratorin den historischen Wert dieser Fahrzeuge feststellte.

Details wie Borten mit aufgestickten Kronen, ein Fußabtreter mit Doppeladler, die Rudolfskrone an den Spreizstangen oder Feuervergoldung einzelner Teiler ließen keine Zweifel an deren Echtheit zu. Dass damit auf dem Markt der Preis dafür in die Höhe schnellte, machte es Kurzel-Runtscheiner nicht leichter, an dieses einmalige Kulturgut zu gelangen. Dank eines Machtwortes seitens des Landwirtschaftsministeriums blieben die Wägen im Bundesbesitz. Aus mehr als unzulänglichen Eintragungen in diversen Inventaren ging nach mühsamer Recherchearbeit hervor, dass es sich bei einer dieser Kutschen um des Kaisers Leib-Victoria handelt. Sie war 1896 vom Fabrikanten Kölber in Pest um stattliche 1.000 Gulden angekauft und von einem Wagenmeister mit L F (für Leib Phaeton) mit Kreide gekennzeichnet worden. Es sollte aber noch einige Jahrzehnte dauern, bis die umfangreiche Restaurierung des arg mitgenommenen Fahrzeuges abgeschlossen war. Nun ist die Leib-Victoria in der Kaiserlichen Wagenburg wieder zu bewundern, gerade so nobel wie seinerzeit, als der Kaiser selbst in den gepolsterten Sitzen Platz genommen hatte, um sich von seinen Völkern in der Öffentlichkeit huldigen zu lassen.

Sommerwagen von Kaiser Franz Joseph, sogenannte Leib-Victoria Nr. 10, rekonstruiertes Originalwappen

Sommerwagen von Kaiser Franz Joseph, sogenannte Leib-Victoria Nr. 10, rekonstruiertes Originalwappen © KHM-Museumsverband

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