Kultur und Weindas beschauliche MagazinVier Aktionen, Ausstellungsansicht VIER AKTIONEN Fotografiert bis zum Nacherleben
Günter Brus, Otto Mühl, Hermann Nitsch und Rudolf Schwarzkogler waren zweifellos entscheidende Protagonisten im Wiener Aktionismus. Die Mitglieder dieser radikalen Gruppe waren Künstler, die in den 1960er-Jahren das sogenannte Tafelbild überwanden und mit Mitteln wie Schockieren und Provokation den Begriff Kunst in damals unvorstellbare Dimensionen hinausführten. Sie hatten es auf die vehemente Ablehnung seitens eines bis dahin von der zeitgenössischen Richtungen nur sanft irritierten Publikums angelegt. Zur „Leinwand“ wurde der lebende Körper, der in den von ihnen veranstalteten Aktionen nicht selten bis zur schmerzhaften Selbstverstümmelung als Medium zur Umsetzung ihrer Ideen herhalten musste.
Mit „Vier Aktionen“ hat das noch junge Wiener Aktionisten Museum, kurz WAM, eine gezielte Auswahl aus dem vielschichtigen Geschehen getroffen. Von den eingangs erwähnten Künstlern wurde jeweils eine ihrer Aktionen detailliert aufgearbeitet, erforscht und letztlich für Publikum in möglicht unmittelbarer Weise angerichtet. Verantwortlich dafür zeichnen Eva Badura-Triska (Chefkuratorin des WAM), Marcello Farabegoli (Kurator des WAM), Roman Grabner (Leiter BRUSEUM, Neue Galerie Graz), Julia Moebus-Puck (Direktorin WAM) und Pascal Zoss (Freier Kurator). Das Team war bei der Präsentation auf Fotografien angewiesen. Denn abgesehen von der 3. Aktion von Nitsch gab es keine Zuschauer. Anwesend waren in den Ateliers neben den unmittelbar eingebundenen Akteuren und Akteurinnen nur Fotografen bzw. Kameraleute.
Bei Günter Brus Silber hielten im Frühjahr 1965 Ludwig Hoffenreich und Siegfried Klein (Khasaq) fest, wie dieser im Atelier mit langen Papierbahnen alle sichtbaren Raumelemente verhüllte, im Zentrum seine Frau Anna mit Leintüchern umwickelte und sie zu einem Paket verschnürte. Nach Überschütten mit Mehl wurde sie an zwei lange Rohre gebunden, wieder von den Fesseln befreit und schließlich entkleidet. Zuletzt bemalter er sie und schmückte sie mit Silberfolie – als direkte Referenz an Gustav Klimt. Die selben beiden Fotografen waren auch bei der Malaktion Nr. 11, Mama und Papa von Otto Mühl, zu Stelle. Mehr als 300 Negative und ein avantgardistischer Film wurde von der lockeren Handlung am 4. August 1964 im Atelier in der Perinetgasse 1, 1200 Wien, vom Künstler und Ulla Mattes angefertigt, um beispielsweise den Geburtsvorgang eines aus Erde bestehenden Menschen durchzuspielen. Für Rudolf Schwarzkogler fotografierte Franziska Cibulka am 18. Dezember 1965 dessen 4. Aktion in ihrer eigenen Wohnung. Mit dabei war auch ihr Mann Heinz und Edith Adam, deren Körper an einem Tisch an Folter gemahnenden Manipulationen ausgesetzt waren. Die 3. Aktion von Hermann Nitsch am 28. Juni 1963 wurde von Ludwig Hoffenreich und Georg Mikes im Atelier Mühl im Bild festgehalten. Das „Fest des psychophysischen Naturalismus´“ nimmt sich wie eine Ouvertüre zum später verwirklichten Orgien Mysterien Theater aus, mit dem Kadaver eines Lamms, der Nitsch als Bettgefährte diente.
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