Es mag verwirrend klingen, aber die Wahrheit ist recht einfach:
Chianti gibt es viele, aber es gibt nur einen Classico
Über die Weingüter des Chianti wacht der Schwarze Hahn, der Gallo Nero. Er ziert den Flaschenhals des Chianti Classico, eines großen Rotweines mit dem Kürzel D.O.C.G als Zeichen garantierter Herkunft und der Einhaltung eines ausnehmend strengen Regelwerks. Seinen Namen hat er vom Chiantigebirge, einer Hügellandschaft zwischen Florenz und Siena. Acht Gemeinden teilen sich diesen Landstrich, unter anderem Greve, Castellina, Radda, Gaiole oder Castelnuovo Berardenga, und diese acht teilen sich das Recht, den „Ersten“, den „Ursprünglichen“, kurz den Classico des Chianti herstellen zu dürfen.
Bereits im 7. Jahrhundert spricht man offiziell von einem Chianti. Das Wort selbst könnte vom lateinischen Clangor kommen, dem Geschrei, dem Lärm und dem Klang der Jagdhörner, wenn herrschaftliche Jagdgesellschaften in den dichten Wäldern dieser Gegend Wildschweinen und Hasen nachgesetzt haben. Kann durchaus aber sein, dass der Chianti von den ersten Kulturbringern, den Etruskern stammt. Dann allerdings kennen wir die Bedeutung von Chianti genauso wenig, wie wir die in griechischer Schrift festgehaltene Sprache der Etrusker verstehen.
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Die Hauptsorte, also die Sangiovese-Traube, zeichnet rubinrote Farbe aus, und es wird ihr hoher Säuregehalt nachgesagt. Sie schafft dadurch eine erstaunlich fruchtige Frische und Lebendigkeit, die bis 2006 noch durch Zugabe von Weißwein (Malvasia, Trebbiano) verstärkt werden durfte – und die nicht wenig dazu beigetragen hat, dass dieser Rotwein weltweit zum Botschafter italienischer Lebensfreude geworden ist. Wer hat beim Wort Chianti nicht spontan einen heißblütigen Italiener vor Augen, einen die Korbflasche (Fiasco) schwingenden Tenor, der mit umwerfendem Schmelz das Chianti-Lied in die Abendsonne schmettert – aber neben aller Sentimentalität bitte immer darauf achten: am Flaschenhals sollte der Schwarze Hahn krähen, nur dann ist es ein Classico!
Die jüngere Geschichte des Chianti beginnt im 19. Jahrhundert mit Bettino Ricasoli, in der Toskana voller Hochachtung als „Vater“ der heutigen Önologie bezeichnet. Er hat 1874 mit dem „Governo del Vino“ das traditionelle System der Weinherstellung in der Toskana niedergeschrieben. Im 20. Jahrhunderts erhielt der Chianti für die Herkunftsbezeichnung die Kürzel D.O.C (1967) und D.O.C.G (1984), musste sich als Classico diese aber mit anderen Gebieten wie den Colli Aretini, den Colli Senesi, Colli Fiorentini oder Rufina teilen. Erst 1996 wurde der Classico zum autonomen Wein.
Die Traube, die im Chianti Classico mit mindestens 80% vertreten sein muss, ist die autochthone Sangiovese, laut Consorzio Vino Chianti Classico „ l’anima del Chianti Classico“ (die Seele des CC). Der Rest darf Cannaiolo oder Colorino sein, sogar einige internationale Sorten sind gestattet, aber maximal 20%. Rigide Ertragsreduktion ist vorgeschrieben sowie entsprechende Reifung durch Lagerung. Der Classico giovane darf erst nach dem 1. Oktober des auf die Lese folgenden Jahres auf den Markt gebracht werden. Dem Chianti Classico la Riserva sind sogar 24 Monate Lagerung vorgeschrieben, die zumeist in einer feinen Abstimmung aus neuen und gebrauchten Barriques und größeren (slawonischen) Fässern eine Art Geheimrezept des jeweiligen Winzers darstellt.