Es bietet uns zu den zahlreichen kommenden Konzerten und Inszenierungen seiner einzigen Oper, des Fdelio, nicht nur Wissen, sondern einen ungemein emotionalen Zugang. Gedruckt ist der Text zweisprachig. Die linken Seiten sind jeweils deutsch, die rechten in Englisch.
In erster Linie sind es aber die Fotos, mit denen uns Andreas J. Hirsch in Beethovens Zeit zurückführt. Dabei spielen nicht nur die großteils original erhaltenen Wohnhäuser, sondern auch das Theater an der Wien eine entscheidende Rolle. Unter dem Titel „Vorspiel“ wird erzählt, wie dort 1805 am Abend des Palmsonntags Ludwig van Beethoven am Dirigentenpult gestanden ist und im Rahmen einer „musikalischen Akademie“ nach der Pause „Eine neue große Simphonie in Dis“, der Eroica (in Es-Dur), zur Aufführung brachte. Es folgt eine kurze Geschichte des Theaters, das zu dieser Zeit als die innovativste Bühne Wiens gegolten hat. In einer Fotostrecke mit faszinierenden Aufnahmen wird bewiesen, wie treu sich dieses Haus über mehr als 200 Jahre geblieben ist. Zu Wort kommt auch der jetzige Intendant Roland Geyer, wenn er den Wunsch ausspricht, in die Zeit Beethovens reisen zu können und Direktor des Theaters an der Wien zu sein, um Beethoven trotz seiner Ertaubung dort zu halten.
Damit ist nicht nur die verheerende Krankheit angesprochen, sondern auch die wirtschaftliche Situation. Nach Wolfgang Amadé Mozart war er einer der ersten Komponisten, der als freischaffender Musiker das Überleben versuchte. Es mag verwundern, dass dies auch einem Titanen wie Beethoven alles andere als leicht gefallen ist, dessen Werke damals wie heute Konzertsäle füllten. Erst ab 1800 zahlte Fürst Karl Lichnowsky an ihn ein jährliches Gehalt ohne nähere Verpflichtungen.
Das „Heiligenstätter Testament“ wurde 1802 geschrieben, als Folge der Verzweiflung Beethovens, der auch in dem damals gut besuchten Heilbad keine Linderung fand.
Nach einem von Fotos geleiteten Spaziergang durch das Beethovenmuseum wandert der Leser weiter zum Palais Lobkowitz in den „Eroica-Saal“, in dem die Voraufführung der 3. Symphonie vor einem kleinen Kreis adeliger Musikliebhaber stattfand. Nachdem zu erfahren ist, dass Beethoven den Namen „Bonaparte“ aus der Widmung entfernt hat, geht es wieder zurück ins Theater an der Wien. Dort fand am 20. November 1805 die Uraufführung der Oper Leonore statt, der ersten Fassung des späteren Fidelio. Sie ist der auskomponierte Ruf nach Freiheit und ein Manifest der Aufklärung, die Beethoven auch in der Ballettmusik „Die Geschöpfe des Prometheus“ anklingen ließ. Gewohnt hat der Meister auch im Theater an der Wien und im Pasqualatihaus auf der Mölkerbastei.
Die freie Aussicht auf die Hügel des Wienerwaldes lockte ihn hinaus zu Spaziergängen, auf denen er seine Ideen notierte, die ihn aber auch durch die Weinberge und zu den Buschenschänken der Vororte führten.
„Späte Jahre und Finale“ erzählt schließlich über nie gehörte Neuerungen, mit denen Beethoven seine Zuhörer konfrontierte, mit denen er aber persönliche Kreise schloss. Sie entstanden zum Teil in seiner letzten Wohnung im Schwarzspanierhaus unweit des Schottentores. Am 24. März 1827 empfing Ludwig van Beethoven die Sterbesakramente. Er hatte dabei noch die Kraft für den Kommentar „Plaudite amici, comedia finita est!“. Zwei Tage später starb er, begleitet von einem Donnerschlag und einem Blitz, der ihn noch einmal die Augen öffnen und die zur Faust geballte rechte Hand erheben ließ. Seinem Begräbnis am 29. März 1827 folgten nicht weniger als 20.000 Menschen.
Entlassen wird der Leser mit melancholischen Fotos und der Totenmaske eines der größten Komponisten, die je in Wien gewirkt hatten.
Die Spanische Hofreitschule: 450 Jahre Reitkunst in Vollendung
Lipizzaner, Pferde mit majestätischem Auftreten und erhabenen Gängen
Als gelernter Österreicher weiß man, dass Lipizzaner weiße Pferde sind, die exzellent Walzer tanzen können. Trotz des Retrolooks ihrer Reiter (mittlerweile auch Reiterinnen) und ihrer Performance, die an das steife Zeremoniell versunkener Kaiserzeiten gemahnt, oder vielleicht gerade deswegen, sind sie unverzichtbarer Ausdruck unseres Nationalbewusstseins. 450 Jahre hinterlassen eben ihre Spuren in einem Volk, das anfangs ehrfürchtig zum Hofe aufschaute, während es bestenfalls die Morgenarbeit der Hofreitschule beobachten konnte, und mit der Wandlung seiner Heimat in eine Republik mit entsprechendem Kleingeld ohne Klassenschranken auch den Galavorführungen beiwohnen durfte. Es hätte genauso gut passieren können, dass man dieses noble Institut im Zuge des Zusammenbruchs der Donaumonarchie als unnötigen Rest eines überwundenen Standesdünkels in der Geschichte entsorgt. Aber Gott sei Dank, nein! Man hat die Hofreitschule ebenso wie den Titel Hofrat, Hofball usw. beibehalten und als wesentlichen Teil in unserer nostalgiebeschwerten Identität verankert.
Man muss also kein Pferdenarr sein, um sich mit der Spanischen Hofreitschule über 450 Jahre Bestand zu freuen. Unter reger Anteilnahme der Bevölkerung wurde entsprechend gefeiert, und mit Sicherheit haben viele der dort Anwesenden die Pferde zum ersten Mal in ihrem Leben live in Aktion gesehen. Erwacht ist damit möglicherweise auch die Neugier, wie ein derartiges Wunder aus tierischem und menschlichem Zusammenwirken entstehen kann, oder ganz einfach, wie die gezeigten Figuren genannt werden und was die jeweiligen Schwierigkeiten daran sind. In der Edition Lammerhuber ist dazu das passende Buch, ach was! Buch, ein Prachtband erschienen. Elisabeth Gürtler präsentiert darin „ihre“ Hofreitschule mit gewaltigen Fotos von René van Bakel und einer historischen Einführung von Arnim Basche und ihr selber.
Begonnen hat es 1665 mit 100 Gulden „zur Aufrichtung des Thumblplatz im Garten an der Purkh alhie“. Man weiß nur wenig über die ersten Jahre, abgesehen davon, dass dort Mitglieder der kaiserlichen Familie und deren Entourage im ordentlichen Reiten gedrillt wurden. Unter Kaiser Leopold I. ist von einem „Spanischen Reitstall“ die Rede. Anfang Februar 1683 war der Dachstuhl auf das „zween stöckh“ hohe Gebäude gesetzt, das unten die Reitschule und oben die Hofbibliothek beherbergen sollte.
Erst 1729 befahl Karl VI. den Bau der Winterreitschule im Michaelertrakt der Hofburg. Konzipiert wurde das Gebäude von Johann Bernhard Fischer von Erlach, der gemeinsam mit seinem Sohn Joseph Emanuel ein bauliches Juwel geschaffen hatte, das als schönster Reitsaal der Welt gilt.
Die Software, also Pferde und Bereiter, waren stets auch am „Spanischen Tritt“ orientiert. Es wurde großer Wert auf eine äußert qualitätsvolle Zucht gelegt, auf Pferde „mit majestätischem Auftreten und erhabenen Gängen“, die man im Andalusier fand. Ende des 16. Jahrhunderts wird in der Nähe von Triest beim Dörfchen Lipica ein Anwesen gekauft, das über lange Zeit zum Gestüt eben für die Lipizzaner werden sollte. Die Farbe der Pferde war damals noch nicht zwingend weiß. Erst im Laufe der Zeit wurden die berühmten Schimmel daraus, deren Weiß, so erfährt man in diesem Buch, relativ einfach zu züchten ist. Als erblicher Prozess entsteht die Schimmelfarbe übrigens durch eine frühe Vergreisung des Haares, ist hier zu lesen.
Dieser scheinbare genetische Nachteil hat letztlich aber zum weltweiten Ruf der Spanischen Hofreitschule geführt, in der nach 450 Jahren noch höchste Reitkunst gezeigt wird. Dazu noch einmal ein Zitat: Andächtige Stille herrscht, wenn die weißen Hengste im schönsten Reitsaal der Welt im Zwiegespräch mit ihren Reitern die „Schulen auf der Erde“ und die „Schulen über der Erde“ zeigen. Unter anderem also Passage, Piaffe und Pirouette sowie Levade, Courbette und Kapriole vorführen, um schließlich im Ballett der Quadrille durch die Bahn zu schweben.
Glamour, die gewichtige Herrenspende des Opernballs
Kostüme machen Theater
Fotos zu diesem Artikel aus dem Buch Glamour
o.: Annette Beaufaÿs
Warum beim heurigen Opernball (2013) ausgerechnet die Herren mit einem Buch über Opernkostüme beglückt wurden, ist verwunderlich. Vielleicht, weil sie kräftig genug sind, diesen ca. zwei Kilo schweren Bildband zu Garderobe und dann nach Hause zu tragen. Mag sein, dass dadurch so mancher der Ballbesucher auch zu einem Besuch im Haus am Ring angeregt wurde, wenn dort nicht Walzer getanzt, sondern Oper gespielt wird und die abgebildeten Kostüme in ihrem ureigentlichen Umfeld, nämlich auf der Bühne zu bewundern sind.
Lois Lammerhuber, Meister der außergewöhnlichen Fotografie, hat sich in den Werkstätten umgesehen, bei ART FOR ART in Wien, dem Reich von Frau Annette Beaufaÿs. Sie leitet seit 20 Jahren diese Weerkstätten und ist geschätzt für ihr Wissen, ihre Kraft zur Innovation und ihre Kreativität. Mit den Bildern von Lammerhuber betritt man ihre Zauberwelt, in der vom Schuh über das Kleid bis zum Krönlein, vom Entwurf bis zur letzten Naht, der sichtbare Teil einer jeden großen Opernaufführung Wirklichkeit wird.