I Sodi (Azienda Agricola) e Le Trappoline (Agriturismo) in Gaiole in Chianti
Das Weingut an der Wiege des Chianti Classico
1874 schrieb Bettino Ricasoli den „Governo Vino“, ein Regelwerk für die Weinherstellung in der Toskana, speziell für die Erzeugung des Chianti, also von welchen Weinen wie viel dazu verschnitten werden durften – eine Rezeptur, die sich allerdings im Laufe der Zeit entscheidend verändert hat, abgesehen von der Dominanz des Sangiovese, dem der Wein „seine Hauptdosis an Duft und eine gewisse Gefühlsstärke“ verdankt.
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Panorama: Toskanablick vom Dach des I Sodi
r.o.: Azienda Agricola I Sodi
r.u.: Aufrühren des Depots im Eichenfass
l.o.: Franco, Andrea und Danilo Casini
l.u.: Das "Allerheiligste", Caratelli mit Vin Santo
Die Forschungen, die diesen Vorschriften zugrunde liegen, wurden im Gebiet zwischen dem kleinen Ort Monti bei Gaiole in Chinati und Schloss Broilo, Wohnsitz und Weingut der Familie Ricasoli, durchgeführt, da sich dort Boden und Klima als ideal erwiesen haben.
So erzählt es Andrea Casini, dessen Großvater Ivo bereits in Monti zur Welt gekommen war. Ivo war Weinhändler in Siena, wollte aber wieder zurück aufs Land und überlegte sich den Kauf eines Weingutes. Mit I Sodi wurde er fündig. Das Haus stammte aus 1893. Das Anwesen stand im Besitz der Erzdiözese Arezzo und war zuletzt als gemischte Landwirtschaft und in früheren Zeiten als Mezzadria, also in der in der Toskana üblichen Halbpacht, betrieben worden. Nach dem Ankauf 1973 wurde auf zwölf der im Ganzen 40 Hektar Grund Wein ausgesetzt, der Rest sind Olivenhaine und Wald.
Inzwischen bestellen Ivos Söhne, die Zwillinge Danilo und Franco und Francos Sohn Andrea das Weingut. Der Spaß an der Arbeit mit dem Wein ist bei diesen drei Herren nicht zu übersehen. Zu tun gibt es genug. In den Weingärten gibt es ausschließlich Handarbeit, genauso wie im Keller, wo es trotz neuester Technik noch genug Gelegenheit zum Handanlegen gibt, zum Beispiel das regelmäßige Aufrühren des Depots während der Reifung im Eichenfass. Andrea, er spricht Englisch, übernimmt die Kundenbetreuung, zu der auch Führungen durch den Keller und schließlich das Verkosten gehören.
Auf dem Weg dorthin betritt man das „Allerheiligste“, eine Kammer mit Fässchen verschiedenster Größe. Jedes dieser kleinen Gebinde besitzt seine eigene Persönlichkeit, weiß Andrea, und dieses gibt dem Vin Santo seinen jeweils ganz speziellen Charakter mit. Fünf Jahre hat der Most hier Zeit, um auf dem Geläger, der Madre, zu gären und zu reifen. Wichtig ist die frühe Ernte, die dem Wein die Säure erhält. Die Trauben, zumeist Malvasia und Trebbiano, werden in diesem Raum getrocknet, gepresst und der Saft in die Caratelli, so heißen die kleinen Fässer, gefüllt. Genossen wird Vin Santo auch heute noch mit Andacht, jedoch recht profan als Dessertwein. In früheren Tagen war der Vin Santo der Messwein und damit dem Priester während der heiligen Handlung vorbehalten.
„Le Trappoline“, Agriturismo della Famiglia Casini
Urlaub mit der Natur des Chianti
Daniele, der Urgroßvater von Franco und Danilo erbte einstens einen kleinen Wald nahe dem Dorf Monti. Dessen Name „Le Trappoline“ lässt darauf schließen, dass hier mit Fallen gejagt wurde. Daniele rodete einen Teil des Gehölzes und errichtete ein Bauernhaus, das bis heute den ursprünglichen Namen behalten hat.
In der Zwischenzeit wurden in den Gebäuden von „Le Trappoline“ Apartments eingerichtet, in denen auf günstige Weise auf Toskanisch zwischen Weingärten und Wald geurlaubt werden kann, ohne auf Annehmlichkeiten wie TV, WLAN und einen Swimmingpool mit großartigem Toskanablick verzichten zu müssen.
Die einzelnen Wohnungen erinnern mit ihren Bezeichnungen an die Geschichte des Hauses, wie beispielsweise „Malvasia al Forno“, das Haus mit dem Backofen, in dem 1937 Franco und Danilo geboren wurden. Oder „Cannaiolo del Nonno“ (Großvater) und „Sangiovese all´ Aia“. Wer Aia war und was hinter „Trebbiano al Bosco“ steckt, dazu sollte man sich persönlich erkundigen. Andrea Casini wird alle diese Fragen bei einem Glas Chianti Classico von I Sodi gerne beantworten.
Marco Bernabei, Consulenza Viticolo Enologica e Poeta di Vini
„Wein ist emotional, ohne Emotion kein Wein!“
Der Önologe, also der Berater des Weingutes I Sodi ist Marco Bernabei. In Padua hat Marco Vitikultur und in Florenz Önologie studiert. Sein Job ist es, Wissen und Knowhow an möglichst viele Winzer Italiens weiter zu geben. Marco ist dazu an die 100.000 Kilometer pro Jahr unterwegs, von Umbrien nach Sardinien, vom Veneto nach Apulien und eben in die Toskana zum Chianti Classico, wo ebenfalls einige der Weingüter zur Gruppe Bernabei zählen.
Mit Andrea von I Sodi ist der junge Mann seit etwa 2000 sowohl in seiner Tätigkeit als auch freundschaftlich verbunden. Bei einem Glas Chianti Classico zu Pici, einer selbstgemachten Pasta, erzählt er über seine Philosophie. Für ihn ist Wein ein Kind, das nach neun Monaten Schwangerschaft im Weingarten mit der Lese geboren wird. Dabei ist mit Behutsamkeit auf jeden einzelnen Stock Bedacht zu nehmen, denn jede Pflanze, so sagt er, ist eine neue Entscheidung, braucht Zuwendung und Schutz, angefangen vom Schneiden im Winter, dem Ausgeizen und der Düngung, wobei er in diesem Fall chemischen Dünger ablehnt. Maschinen werden von ihm nach Möglichkeit nicht empfohlen und Rotwein soll nicht gefiltert werden.
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Panorama: Der weitläufige Kreuzgang der Carthusia Pontiniani
l.o.: Anna Merciai mit Marco Bernabei und Andrea Casini
l.u.: Garten der Carthusia Poniniani
r.o.: Idylle im Klostergarten
Die schwere Arbeit findet im Weingarten statt. Der Keller ist dagegen ein Spiel, sagt Marco Bernabei und bringt seine Einstellung auf den Punkt: „Die Ingredienzien für guten Wein sind die Leidenschaft, die Arbeit in Weingarten und Keller, genügend Zeit für die Stabilisierung des Weins und Natürlichkeit.“
Und wieder heißt es für Marco Bernabei aufbrechen, dieses Mal aber ganz in die Nähe, nach Certosa di Pontignano. Das ehemalige Kartäuserkloster, die Carthusia Pontiniani, wird von der Universität Siena (Università degli Studi di Siena) als Außenstelle benutzt. Im wunderbar erhaltenen mittelalterlichen Ambiente mit Kreuzgang und prächtigem Klostergarten wird Marco seine ehemalige Professorin Anna Merciai treffen. Angesagt ist ein Konvent zu biologischem Weinbau, bei dem beide vor einer Gruppe engagierter Chianti-Winzer Vorträge halten werden.