Bei Spielfeld-Straß muss man runter von der Autobahn, nicht wegen der Maut, die könnte man sich noch leisten. Es das Erlebnis, an dem man vorbeibrausen würde. Auch im gemächlichen Tempo schmaler Landstraßen lässt sich das Ziel erreichen, und dieses Ziel heißt Štajerska, die ehemalige Untersteiermark, heute nördliches Slowenien. Eigentlich ist man bereits angekommen, wenn man über die Grenze gefahren ist, und braucht sich nur umzuschauen, um mit jedem Blick neue Kultur- & Weingenüsse zu entdecken.
Fotos zum Vergrößern anklicken
Panorama: Weinterrassen bei Jeruzalem
Leiste: Die Türme von Maribor/Marburg
r.g.o.: Frisch aus der Adria, gebratener Fisch bei Gregor Vračko, Sloweniens Koch des Jahres 2006
l.o. Maribor - Kulturhauptstat als Turning Point
l.u.: Junge Kunst in Ptuj
Die Ortschaft um die kleine Wallfahrtskirche von Jeruzalem sei, so hört man, durch die Kreuzritter zu ihrem Namen gekommen. Sie hätten hier Station gemacht und sich am wunderbaren Wein dieser Gegend für ihre kriegerische Mission im Heiligen Land gestärkt. Wie auch immer, Jeruzalem ist ein paar Tage Aufenthalt wert, zu Tageswanderungen, ob zu Fuß durch die sanft geschwungenen Reihen der Weinstöcke entlang der Hügel oder mit dem Rad auf wenig befahrenen Straßen, und nach all dem Sport zum abendlichen Weingenuss.
Die Vinothek Vinovativ in Svetinje ist eine der Stationen, an denen man sich in den Wein vertiefen kann, sowohl mit dem Geschmackssinn als auch mit dem Wissen. Ihr Betreiber Samo Simonič erzählt, dass zu Kaisers Zeiten der Südsteirische Wein von hier gekommen ist. Der „Luttenberger“ genoss am Hof zu Wien Beliebtheit und Ansehen. Heute sind es noch ca. 200 Hektar, die mit Wein bewirtschaftet werden, in der Hauptsache weiß. Šipon ist eine der, sagen wir, autochthonen Sorten, eigentlich die Furminttraube, im Wein aber vollkommen anders ausgebaut als in ihrer zweiten Heimat, im ungarischen Tokaj.
Den Weinbau, so sagt Simonič, betrieben hier schon die Kelten und Illyrer, lange vor den Römern. So soll die Stadt Ormož/Friedau in der Frühgeschichte eine Metropole mit vielen Tausend Einwohnern gewesen sein. Im Mittelalter kamen Ordensgemeinschaften wie der Deutsche Ritterorden und Klöster wie Stift Admont, die das Aussehen der Gegend mit dem Weinbau prägten. Die typischen Terrassen, so Simonič, sind zwar ein Markenzeichen der Region und als wesentliches Merkmal des Naturparks geschützt, wurden aber mit der Erfindung von geeigneten Maschinen unnötig. Moderne Traktoren schaffen auch die extrem steilen Hänge in der Vertikale.
|
Zu einem ersten Stopp lädt nach wenigen Fahrminuten das Weingut Dveri-Pax in Jarenina ein. Das österreichische Benediktinerstift Admont ist seit 1139 Besitzer (mit einer Unterbrechung im 20. Jh.). Aus den besten Lagen der Štajerska wird hier hochklassiger Wein erzeugt. Im Weingut, einem modernen Bau auf Jahrhunderte alten Fundamenten des Rossstalles, kann verkostet werden. In die Geschichte eingeführt wird der Besucher gegenüber im Schloss, von dem aus einst die Weinproduktion auf den klösterlichen Gütern verwaltet wurde (mehr dazu auf der Seite Dveri-Pax).
Ein Tipp: Schalten Sie für die Weiterfahrt das Navy ab. Scheuen Sie nicht Seitenstraßen, und seien diese noch so eng. Nur so gelangt man aus den Tälern hinauf zu den Weinbergen, zu den alten Bauernhäusern und zum Klapotec, der ab dem Jakobitag mit seinem Klappern gefräßige Vogelschwärme aus den Weingärten verscheuchen soll, in Wirklichkeit damit aber nur die Touristen anlockt. Von dort oben reihen sich wie Kulissen einer Bühne Hügelketten hintereinander auf, immer wieder dasselbe Bild, und man bekommt trotzdem nicht genug davon.
Wieder zurück im Tal sind Kirchtürme die beste Orientierungshilfe. Einfach darauf zufahren, sich anziehen lassen, zum Beispiel von Sveta Trojica, der Heiligen Dreifaltigkeit. Eine Wallfahrtskirche mit drei Türmen fällt auf und sollte mit einem kurzen Besuch bedacht werden, bevor man sich weiter nach Osten bewegt, zu einer der schönsten Weingegenden der Welt. Weinfreunden ist das Gebiet unter der Bezeichnung Jeruzalem ein Begriff. Offiziell heißt es Ljutomerske-Ormoške gorice, die Region zwischen den Städten Ljutomer und Ormož, die aufgrund ihrer Einmaligkeit zum Naturpark erklärt wurde.
o.: Klapotec bei Jeruzalem
u.: Sanfte Schwünge der Wein-Terrassen
l.u.: Draubrück in Maribor
Panorama unten: Ptuj - Drauufer
Über die gesamte Breite der Fassade seiner Vinothek hat sich ein Weinstock ausgebreitet. Simonič weist stolz darauf hin, dass es sich um einen Ableger vom ältesten Weinstock der Welt in Maribor handelt und gibt damit die Richtung der Weiterreise an: Auf zur Kultur in die beiden Drava/Drau-Städte Ptuj/Pettau und Maribor/Marburg, das 2012 sogar zur europäischen Kulturhauptstadt ausgerufen wurde. Mit vielen Ideen versucht man dort, dieser Ehre gerecht zu werden. Beide Städte sind einander sehr ähnlich, von den Sehenswürdigkeiten bis zu den Problemen vor allem in der Bausubstanz, die sich da wie dort auch nicht durch junge Kunst unsichtbar machen lassen.
Mit touristischen Annehmlichkeiten abseits des Weines sind Maribor und Ptuj, oder besser, ist die gesamte Štajerska durchaus gesegnet. So gibt es eine ganze Reihe von neuen Thermen und Hotels, die längst dem internationalen Standard entsprechen. Um sie zu finden, braucht es allerdings noch die Lust am Entdecken. Man wird damit nicht überfallen, man muss von selber darauf zugehen. Ein solcher Fall ist das Gostišče Denk/Restaurant Denk in Zgornja Kungota. Sein Äußeres würde nie vermuten lassen, dass sich in seiner Küche Kochkunst zwischen Genie und Wahnsinn verbirgt. Gregor Vračko, Sloweniens Koch des Jahres 2006, beglückt seine Gäste mit den besten und frischesten Produkten, die Slowenien zwischen Alpen und Adria bieten kann.
|