Kultur und Wein

das beschauliche Magazin


DIE GENÜSSE DES WALDVIERTELS Erdäpfel, Mohn, Karpfen und Bier

Die Genüsse des Waldviertels Erdäpfel Cover

Das perfekte Quartett als kulinarischer Reisebegleiter durch eine wahrlich zauberhafte Landschaft

Man nehme einen Kulturhistoriker, einen Journalisten und einen Kulturmanager, schicke sie ins Waldviertel und setze sie an auf Geschichten, wie sie sich noch in zünftigen Wirtshausküchen, gemütlichen Bauernstuben oder uralten Brauhäusern finden. Sie werden reich beladen mit Schätzen zurückkehren und diese allein von Berufswegen gerne weitergeben. In diesem Fall waren die drei Expeditionsteilnehmer Hannes Etzlstorfer, Reinhard Linke und Christoph Mayer. Gegenstand ihrer Mission war die Erforschung der großen Vier einer kulinarisch bisher eher unterschätzten Gegend: Erdäpfel, Mohn, Karpfen und Bier; mit dem Ergebnis, dass so manches Vorurteil dem Waldviertel gegenüber möglichst flott revidiert werden muss.

Nach der Lektüre der dazu erschienen vier Büchlein wird mancheiner unverzüglich aufbrechen, um sich in kühler Abendluft bei einem Glas Schremser Bier gebratenen Karpfen mit Erdäpfelsalat und als Dessert eine Mohnzelte am Ort ihrer Herstellung schmecken zu lassen.

Nach Lektüre dieser appetitlichen Literatur mit dem Titel „Die Genüsse des Waldviertels“, die übrigens im Kral Verlag erschienen ist, kann man dortselbst am Stammtisch getrost mitreden. Man ist ausgewiesener Waldviertelkenner. Zum Beispiel bei den Erdäpfeln: Wie nix kann man Sorten über Ditta oder Hermes parlieren, kennt die bewegende Geschichte der Erdäpfel und überzeugt eventuell sogar noch ungläubige Tischgenossen von der Tatsache, dass es sich um Früchte aus dem Jenseits, also der keltischen Anderswelt handelt, wie Lotte Ingrisch in ihrem Artikel ernsthaft feststellt. Die Gefahr ist jedoch gering. Es genügt, die beeindruckenden Gesteinsformationen anzusprechen und schon findet sich eine Schar von Druidenverehrern. Mystische anmutende Zeichnungen der Künstlerin Linde Waber schaffen die entsprechende Stimmung, die vor allem beim Mohn Wirklichkeit und Traum zu vermischen vermögen. Schließlich geht es dabei um eine Pflanze, die durchaus in der Lage wäre, hätte man es ihr nicht weggezüchtet, unsere geistigen und seelischen Zustände in übersinnlicher Weise zu transformieren.

Genüsse des Waldviertels Karpfen Cover

Was den Karpfen betrifft, so ist eine Teilnahme am Abfischen unverzichtbar. Teiche, voll besetzt mit dem Teichschweindl, gibt es ja genug und es genügt, ein bisschen herumzufragen, um zu einem solchen nach wie vor urtümlichen Event eingeladen zu werden. Der ortskundige Schriftsteller Thomas Sautner, der ebenfalls zum Mitschreiben eingeladen war, erhebt diesen eher temperamentlosen Fisch gar zum Wappentier des Viertels ober dem Manhartsberg und weiß diese Wahl kurzweilig zu begründen. Der Kunstexperte Carl Aigner hingegen referiert unter „So a Kapf“ launig über seine ersten Erfahrungen mit dem mystischen Waldviertel, die im geheimnisvollen Verlust des fischigen Festtagsbratens gipfelt. Wie übrigens in jedem der Bändchen steuert auch hier Klaus Hölzl, junger und ambitionierte Chef des Restaurants Auszeit in Gastern, Rezepte bei, wie ein Karpfen gekonnt in Hanfpanier oder als Gulasch mit Eierschwammerln zubereitet wird.

Genüsse des Waldviertels Mohn Cover

In aller dichterischen Freiheit spürt er als selbsternannter Bierbauchologe den Ursachen des Ventum Cervizia in persona nach. Ernsthaftere Überlegungen steuern diesfalls der Redakteur Robert Morawec und die Pflanzenwissenschaftlerin Eunike Grahofer bei. Morawec sinniert über das Ablaufdatum von Bier und Grahofer ist von der heilsamen Wirkung der Kräuterbiere überzeugt. Damit sind natürlich nicht alle Autoren aufgezählt, die das Herausgebertrio mit Texten verwöhnt haben und gemeinsam Mütter und Väter dieses kulinarischen Reisebegleiters durch eine wahrlich zauberhafte Landschaft geworden sind.

Beim Bier haben Brauer wie Karl Schwarz von Zwettl und Weitra oder Karl Trojan aus Schrems das Sagen. Sie erklären mit Überzeugung, warum sie noch so schön altmodisch arbeiten, immerhin beruft man sich auf eine Tradition, die mit der sagenhaften Jahreszahl 1321 beginnt, als Friedrich der Schöne der Stadt Weitra das Privileg zum Bierbrauen erteilt hat. Man schmeckt´s an dem Bier, dass hier noch sehr viel Herz mitverbraut wurde und den Historiker Martin Haidinger in seinem Beitrag von einem Bierhimmel im Waldviertel schwärmen lässt. Die Angst vor dem Bierbauch versteht einem Franzobel auszureden.

Genüsse des Waldviertel Bier Cover

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