Kultur und Wein

das beschauliche Magazin


Reklametafeln aus 1960 © Arhciv der Brauerei Schwechat

Die Wiener Brauherren im Goldenen Jahrhundert des Bieres

Die Betriebe des älteren Dreher © Arhicv der Stadtgemeinde Schwechat

Ein Bierwagen voll Erinnerungen an die einstige Braumetropole Wien

Angeblich war das Bier bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts ein mieses Gebräu. Ein Wiener, der auf sich hielt und es sich leisten konnte, trank ausschließlich Wein. Um den Gerstensaft konkurrenzfähig zu machen, bedurfte es vieler technischer Neuerungen und vor allem des entsprechenden Unternehmergeistes, um aus den vielen kleinen Brauereien ansehnliche Produktionsstätten zu machen. Dahinter stehen Namen, die uns kaum hundert Jahre später nur mehr wenig sagen, deren Wirken aber bis heute fortlebt. Man denke nur an das Schwechater oder das Ottakringer, Biere, die sich ungebrochen am Getränkemarkt behaupten und immer wieder mit neuen Ideen den Gusto der Wiener auf ein Seidl oder Krügerl anzuregen verstehen.

Bierdeckel aus dem Privatarchiv des Autors Alfred Paleczny

So wurde erst unlängst das Wiener Lager präsentiert, ein Bier, der aus Anlass 175 Jahre Schwechater Brauerei im historischen Stil kreiert wurde, oder in Ottakring ein Original Wiener, das in seiner Erscheinung ebenfalls an den damals gebrauten Typ erinnern soll.

 

Hinter jeder dieser Brauereien steht eine Familie, die Alfred Paleczny in seinem Buch „Die Wiener Brauherren Das Goldene Bierjahrhundert“ als längst fällige Schuld an die großen Pioniere des Wiener Biers und damit Namen wie Dreher oder Kuffner der Vergessenheit entrissen hat.

Manfred I. Mautner Markhof mit Bundeskanzler Julius Raab © Familienarchiv Mautner Markhof

Der Bierwagen, gezogen von schweren Rössern, beladen mit Erinnerungen anstelle der Fässer, beginnt seine Fahrt in Schwechat. Es handelt sich zwar um eine eigene Stadt, wird vom Autor aber zu Recht der Wiener Biergeschichte zugerechnet. Der berühmteste aller Bierbrauer, so Paleczny, stellt sich vor: Anton Dreher sen. (1810-1863). Ihm haben wir das untergärige Bier zu verdanken, das haltbar ist und dessen Herstellung damals noch auf die kalte Jahreszeit beschränkt war. Bald war das Dreher Bier in der gesamten Monarchie und weit darüber hinaus ein Begriff für die feine Art den Durst zu löschen, was sogar den Kaiser derohöchstselbst zu zwei Besuchen in der Brauerei bewog.

Die Fahrt geht in der Simmeringer Heide Richtung Stadt. Wir treffen auf Familie Meichl, die trotz ihrer Lage in Simmering zwischen Dreher und Mautner Markhof am anderen Ende der Simmeringer Hauptstraße erfolgreich Bier braute und an die durstigen Wiener absetzte. Nach eingehender Bekanntschaft mit der heute noch als sagenhaft reich angesehen Familie Mautner Markhof bricht man nach Westen auf, um im ehemaligen Winzerdorf Ottakring der dortigen Brauerei einen Besuch abzustatten. Moriz von Kuffner hat eben dort dem alten Sprichwort „Wo die Brauer hausen, können sich die Hauer brausen“ zwar nicht den Durchbruch verschafft, das Bier in der Gunst der aufrechten Trinker dem Wein aber zumindest gleich gestellt.

Um die Bevölkerung nicht nur mit Alkohol zu versorgen, hat er auch an die Wissenschaft gedacht und an den Hängen des Wilhelminenberges eine Sternwarte errichtet. Die Kuffner Sternwarte galt als eine der größten ihrer Zeit und war Anfang des 20. Jahrhunderts führend in der Erforschung des Weltalls.

 

Diese Geschichte ist nur eine von vielen, die von Alfred Paleczny für dieses Buch zusammengetragen wurden. Trotz der vielen Details und Fakten liest man sich recht angenehm durch die Geschichte des Wiener Bieres und nicht zuletzt der Wiener Industrie, der nicht zuletzt die modernen Brauereien einen Aufschwung verschafften. So war der Autor, wie selbst zugibt, der Meinung, dass es hoch an der Zeit ist, zumindest einige der damaligen Großindustriellen wieder der Vergessenheit zu entreißen und zu zeigen, wie sie gelebt und warum sie so große Erfolge erzielt haben. Erschienen sind „Die Wiener Brauherrren“ 2014 im Erhard Löcker Verlag Wien.

Sonderausgabe der Brauereizeitschrift Gambrinus zu Ehren der Familie Dreher

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