Kultur und Wein

das beschauliche Magazin


Karl Hodina, Tini Kainrath und Peter Havlicek im Herrenseetheater

Ein Stimmungsbericht vom 10. SCHRAMMEL.KLANG.FESTIVAL

Die Schrammelknödel auf dem Schrammelfloß

Schrammel-Wunderland am Herrensee von Litschau

Wie kommt die Schrammelmusik ins Waldviertel? Eine durchaus berechtigte Frage. Seit zehn Jahren wird an einem Wochenende Anfang Juli auf beeindruckende Weise darauf die Antwort gegeben. Litschau, die kleine Stadt hoch oben im Nordwesten von Niederösterreich war die Heimat von Kaspar Schrammel, dem Vater der beiden genialen Musiker Johann und Josef Schrammel. Kaspar war selbst Musikant und hatte die Begabung seiner Söhne erkannt und gefördert. Sie waren die Schöpfer einer neuen Wiener Musik, mit eigenen Kompositionen, deren Sound den Nerv des Publikums traf. Die Brüder Schrammel, zuerst nur mit dem Kontragitarristen Anton Strohmayer und später als Quartett mit Georg Dänzer, dem unbestrittenen Meister des „picksüßen Hölzls“, der kleinen G-Klarinette, wurden zu Stars in der Vorstadt. Die Wiener pilgerten in Massen hinaus zum Wein und zu den Konzerten der Schrammeln, die beim Heurigen oder bei Bällen ihre „Alten Wiener Tanz“ aufspielten.

Kurt Girk, der ältrste Teilnehmer am SCHRAMMEL.KLANG.FESTIVAL

Der Begriff „Schrammeln“ wurde so populär, dass er bis heute für den Heurigenmusikanten steht, der von Tisch zu Tisch geht und Wiener Lieder oder, besser gesagt, Wienerische Lieder, auf besonderem Wunsch auch „aus der untersten Lad´“ zum Besten gibt. Er kann als Alleinunterhalter auftreten, bewaffnet mit einer Quetschen (Ziehharmonika), oder im Duo mit einem Kontragitarristen.

Trio Lepschi in Aktion auf der neuen Glühwürmchenwiese

Wenn´s ganz fein hergehen soll, dann wird mit einem oder zwei Geiger verstärkt. Damit erklärt sich auch die Bandbreite der Besetzungen, die nun schon zum zehnten Mal nach Litschau pilgern, um dort mitten in der Natur rund um den Herrensee ein Wochenende lang zu musizieren. Das organisatorische Herz des SCHRAMMEL.KLANG.FESTIVALS ist Zeno Stanek, der damit dem Waldviertel einen kulturellen und touristischen Schwerpunkt verschafft hat.

Zum 10 Jahres Jubiläum ist übrigens auch ein Buch erschienen, mit einem Rückblick auf die Erfolgsgeschichte dieses Festivals, mit wunderschönen und wichtigen Gedanken von regelmäßigen Teilnehmern wie dem Extremschrammler Roland Neuwirth oder Karl Hodina, dem Schöpfer des „Herrgott aus Stan“. Hodina war auch heuer mit Tini Kainrath und Peter Havlicek vertreten. Seine „Schrammelmusik“ bewegt sich auf genial harmonischem Pfad zwischen traditionell und schräg, was wieder einmal deutlich hörbar beweist, dass gute Musik kein Mascherl braucht und schon gar nicht in einer bestimmten Schublade zu verstauen ist. Mit Kainrath lebt der Dudler weiter, der Jodler der Wiener, der aus ihrer Kehle seine Verwandtschaft mit Jazzgesang nicht verleugnen kann.

SCHRAMMEL.KLANG.FESTIVAL, das Buch Cover 600

Der Nachmittag gehört dem Wandern rund um den See. An abenteuerlichsten Plätzen sind am Ufer und im anschließenden Wald Bühnen aufgebaut. Auf ihnen wechseln sich die Gruppen ab und verschaffen damit dem Publikum die Qual der Wahl, entweder im Gras liegen zu bleiben und beispielsweise bei der Kaspar Schrammel Bühne zuerst „Die Schrammelknödel“, gefolgt vom Theaterstück HERZFLEISCH und danach die Mondscheinbrüdern zu sehen und zu hören, oder so wie die Musiker mit ihren Instrumenten zu wandern.

Kollegium Kalksburg durfte die Jubiläumsbühne auf der Glühwürmchenwiese und die Rausch Hüttn eröffnen. Abgelöst wurden sie vom Trio Lepschi, das seine Zuhörer für einen noch unbekannten Schüttelreim mit einer CD belohnte. Wem dann doch die Ameisen zu viel und der Mageninhalt zu wenig wurde, spazierte man eben weiter zur Birkenbühne bei der Fischer Hütten und verzehrte zum noblen Klang der Neuen Wiener Concert Schrammeln gegrillten Karpfen mit Erdäpfelsalat.

Die neuen Wiener Concert Schrammeln bei der Fischer Hüttn

Wiener Musik in ihren vielen Facetten macht den Herrensee für diese drei Tage zu einem Schrammel-Wunderland, zum Woodstock des Waldviertels.

Schön, dass es jedes Jahr stattfindet, allerdings sollte man sich, so man nicht als Tagesausflügler mit dem Auto anreist, rechtzeitig nach einem Zimmer umsehen. Angeblich sind die Häuser im Umkreis von 20 Kilometern schon zwei Jahre im Voraus ausgebucht. Eine entspannte Möglichkeit ist die Busreise per Elite Tours, die aber ebenfalls zeitgerecht bestellt werden sollte. Der Bus von Wien nach Litschau war bis auf den letzten Platz besetzt. Wiener Musik hat eben Anziehungskraft, eine Beliebtheit, die man in Wien selbst gar nicht so merkt. Aber wenn sich deren Freaks und Freunde auswärts treffen, macht es schon was her. Vor allem wird einem wieder bewusst, wie hübsch Instrumente und Singstimmen ganz ohne Verstärker klingen können. Das fröhliche, aber disziplinierte Publikum hockt ruhig davor auf dem Boden, verscheucht eventuell einen aufdringlichen Käfer, während es Melodie um Melodie aufsaugt, vom alkoholseligen „Waschtag für die Gurgel“ bis zum Kaiserwalzer, der von der Gruppe Square Waltz erstmals bei diesem Festival präsentiert wurde.

Die nahrhaften Damen von Ernis Greißlerei sorgen für das leibliche Wohl
Square Waltz mit dem Kaiserwalzer auf der Zetschenwiese
wiener frauen schrammeln bei der Fischer Hüttn

und noch zwei Impressionen vom Festival

Traumstimmung am Herrensee
Waldviertler Karpfen frisch gegrillt zur Schrammelmusik
SCHRAMMEL.KLANG.FESTIVAL Sujet 600

Statistik