In den Fußstapfen des heiligen Franziskus nach Rom pilgern
Zu sich zurückkehren auf einer Wanderung durch das „grüne Herz“ Italiens
„Dieses Buch versteht sich (aber) nicht als Pilgerführer, vielmehr möchte ich Ihnen, verehrte Leserinnen und Leser, in einer Art fotografischem Tagebuch Einrücke, Erfahrungen und Begegnungen meiner Reisen entlang des Franziskusweges präsentieren und meine Begeisterung für diese außergewöhnliche Landschaft mit Ihnen teilen“, setzt Martin Engelmann seinem Buch „ZU FUSS NACH ROM“ voran. Es wäre tatsächlich mühsam, das stattliche Werk im Rucksack mitzutragen.
Abgeschleppt hat sich schon der Autor, der freimütig erzählt, dass er allergrößten Respekt vor dem Gewicht seines Gepäcks hatte. Kameras, Wechselobjektive und Stativ, schreibt er, lassen für den notwendigen Rest auf einer langen Wanderung nur mehr wenig Platz.
In diesem Fall hat sich die Mühe aber bezahlt gemacht. Die Reisebeschreibung, die gemeinsam mit Anna Maria Stiefmüller verfasst wurde, ist tatsächlich mit kunstvoller Landschaftsfotografie zu einer Wanderung im Kopf geworden. Das Gehen wird man sich trotzdem nicht ersparen, denn dieser Lese- Bildband macht derart Lust auf eine Pilgerschaft, dass man bei nächster Gelegenheit wahrscheinlich selber dort unterwegs ist, wo im Jahre 1209 Franz von Assisi mit zwölf Gefährten nach Rom gegangen ist, um von Papst Innozenz III. die Legitimation seiner Lebensweise zu erbitten.
Heutzutage trägt man bei solchen Fernreisen bestes Schuhwerk, anders als damals, als Barfußgehen für einen Bettelmönch selbstverständlich war.
Entsprechend ausgerüstet lässt sich die Strecke von Florenz bis in die Heilige Stadt von einem geübten Weitwanderer durchaus bewältigen; man hat zumindest den Eindruck, wenn man die Beschreibungen der einzelnen Etappen liest.
Die Mühen werden durch den Blick auf wunderschöne Landschaften im „grünen Herzen“ Italiens und durch die Freundlichkeit der Menschen in diesen Gegenden belohnt. Jeder, der schon einmal eine Woche oder länger nur mit Stöcken und ein paar frischen Unterhosen im Rucksack unterwegs war, wird gern bestätigen, was Martin Engelmann seinem Buch als Denkanstoß mitgegeben hat: „Die moderne Zivilisation hat uns die Stille genommen. Wer pilgert, kann sie sich zurückerobern.“
Sagen aus Niederösterreich, neu gesagt von Folke Tegetthoff
Von wandernden Heiligen, einem gefoppten Brückenteufel, dem Spielmannshanslkreuz und dem Ruprechtsloch am Großen Otter
Der bekannte Märchenerzähler Folke Tegetthoff fragt sich mit gutem Grund, an wen sich seine „Reloaded Version“ der Sagen richten soll, eher an Kinder oder an Erwachsene? Sein Resümee: an beide! Trotz der Grausamkeit, die in vielen dieser überlieferten Geschichten ein ganz wesentlicher Teil ist, kann es nicht schaden. Die, gemeint sind die Kinder, sollen nur wissen, wie die Wirklichkeit aussieht. Wenn er, also Folke Tegetthoff, zu erzählen beginnt, darf man beruhigt sein, wenn die Kleinen mit roten Ohren lauschen, was seinerzeit so alles Finstere und Böse passiert ist.
Er hat seine Geschichten wie gesagt „neu geladen“, zuerst einmal mit neuen Wörtern, ganz so wie wir sie heute reden. Wichtiger ist aber die zweite Ebene, die er in seine Erzählungen einbaut. Sie liegt einen Stock tiefer, oder wie er es formuliert, Ich möchte versuchen… diese wunderbaren Zeugnisse vergangener Zeiten zunächst nackt und bloß vor mir stehen zu sehen, dadurch ihre „Wahrheiten“, ihre Persönlichkeiten zu ergründen.
Für die Sagen aus Niederösterreich ist der Dichter des 21. Jahrhundert, so seine Eigendefinition, in allen vier Vierteln dieses Bundeslandes Geschichten begegnet, die das Ende der mündlichen Tradition überlebt haben. So besehen ist er der Retter einer Kultur, die noch vor ein paar Jahrzehnten lustvoll an langen Abenden bei einem Glas Most oder Haustrunk gepflegt wurde. Dann eben hat der Fernseher auch in der letzten Stube das Reden miteinander unmöglich gemacht. Bis dahin wurde immer wieder von den ganz Alten den ganz Jungen erzählt, was sich so alles an Geheimnisvollem in dunkler Vorzeit abgespielt hat.
Die locker in die Sagen eingebauten Illustrationen ersparen einem nicht die Fantasie, sie sind viel mehr ein Kick, den Sagen-Film im eigenen Kopf einzulegen und genussvoll gruselnd in beschaulichen Lesemomenten abzuspielen. Die in dieser Besprechung verwendeten Arbeiten von Jakob Kirchmayr sind übrigens noch bis 22. Februar 2015 im Karikaturmuseum Krems in der Ausstellung „SAGENHAFT UND KOMISCH“ zu bewundern.
Folke Tegetthoff, Jakob Kirchmayr: Sagen aus Niederösterreich. Verlagsanstalt Tyrolia Innsbruck 2014, ISBN 978-3-7022-3334-1, Preis € 19.95