Historisches Gipfeltreffen: Ein König zu Besuch beim Prinzen
Die Osmanen waren drauf und dran, den „Goldenen Apfel“ zu pflücken, gemeint ist damit Wien, das sie im Jahr 1783 massiv belagerten. Vor dem entscheidenden Zugriff kam ihnen jedoch ein Entsatzheer in die Quere, besser gesagt, es vertrieb die Osmanen in einem Angriff, der in seiner Art bis heute Legenden schafft. Die Befreier unter dem Oberbefehl des polnischen Königs Jan III. Sobieski rückten von der nordwestlichen Hügelkette, poetischer gesagt, vom Wienerwald Richtung Wien vor. Der osmanische Führer Kara Mustafa Pascha dürfte auf diese Flanke zu wenig geachtet haben, anders ist es nicht zu erklären, dass sie und vor allem das Donauufer von ihm nicht entsprechend befestigt worden waren. Der 12. September war der entscheidende Tag. Es kam zur Schlacht am Kahlenberg (heute Leopoldsberg). Das Heer überrannte die Belagerer, die überstürzt flüchteten, nicht zuletzt aufgrund der Attacke durch die Kavallerie, bestehend aus polnischen Husaren, die unter der Führung von Jan Sobieski vom Berg herab wie Racheengel, sie hatten Flügel an der Rüstung, die türkischen Elitetruppen bezwangen.
Am 13. September betrat König Sobieski unter dem verständlichen Jubel der Wiener die Stadt und blieb vorläufig. Er zog es vor, sein Pferd zu schonen und das in Auflösung begriffene türkische Heer nicht zu verfolgen. Er tat sich an deren Hinterlassenschaften gütlich und ließ seine Männer das verwaiste Lager der Osmanen plündern. Das weitere Zurückdrängen der Türken sollte Prinz Eugen überlassen bleiben, dem Hausherren im Winterpalais, in dem nun JAN III. SOBIESKI bis 1. November 2017 eine informative Ausstellung gewidmet ist.
Die barocken Prunkräume sind der ideale stimmungsvolle Rahmen, sich anhand von Bildern, Statuen und Kriegsgerät in diese dramatischen Tage zurück zu versetzen und den Befreier Wiens näher kennen zu lernen. Man wird dabei überraschende Facetten dieser Persönlichkeit entdecken. Sobieski war nicht nur Kriegsherr, sondern auch Mäzen der Künste. Er beauftragte zum Teil noch unbekannte Künstler, die später an verschiedenen Fürstenhöfen reüssierten. Der vielleicht bekannteste unter ihnen ist Martino Altomonte, der als Schlachtenmaler und Porträtist von Sobieski nach Wien kam, um später für Prinz Eugen das Untere Belvedere mit Freskenmalereien auszustatten. Sobieski war weiters hoch interessiert an Wissenschaft und Forschung. Er unterstützte Gelehrte wie den Danziger Astronomen Johannes Hevelius, dessen Arbeit in der Ausstellung näher vorgestellt wird.
Ein weiterer erwähnenswerter Aspekt, der bei dieser Gelegenheit beleuchtet wird, ist die tiefe Gläubigkeit des Königs. Nach seiner Rückkehr aus Wien stiftete er erbeutete wertvolle Textilien als Votivgaben an Kirchen und Klöster in Polen. Zu liturgischen Gewändern umgearbeitet erhielt damit osmanisches Stoffdesign eine vollkommen neue spirituelle Bedeutung.
Paweł Jaskanis, Direktor des Museum Schloss Wilanów, hält es nicht für ausgeschlossen, dass Prinz Eugen König Sobieski während der Entsatzschlacht kennengelernt hat.
Jaskanis hat es in Kooperation mit dem Belvedere Wien auch ermöglicht, dass die als Monumentum Sobiescianum bezeichneten zentralen Werke zur Person des Königs von Polen nach Wien transferiert wurden. Als Begleitliteratur zur Ausstellung wurden eine praktische Broschüre und ein umfangreicher Katalog herausgegeben. Über den Link zum Museum Wilanów gelangt man überdies in eine Datenbank, in der sich auch auf Deutsch wissenschaftliche und populärwissenschaftliche Artikel über die Ausstellung hinausgehend mit der zentralen Person der abendländischen Geschichte, eben mit Jan III. Sobieski, beschäftigen.